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Feuer unterm Solardach: Vorsicht ist geboten

Tettnang / Lesedauer: 4 min

Solarmodule können wie Wurfgeschosse vom Dach knallen, warnt Feuerwehrkommandant Konrad Wolf
Veröffentlicht:17.06.2015, 07:00

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Diese Fragen dürften Solaranlagenbesitzer interessieren: Sind Solarmodule sicher? Oder stellen sie ein Risiko dar? Ins Grübeln könnten Hauseigentümer in Tettnang und Umgebung vor allem deshalb kommen, weil die „as-abwicklung“ (ehemals Aleo solar) jüngst in Zeitungsannoncen vor fehlerhaften Solarmodulen aus der Produktion der Firma „Aleo solar“ gewarnt hatte. Von der „Gefahr eines tödlichen Stromschlags“ war gar die Rede.

„Auch wir haben einige Fremdkunden, die Module der Firma ,Aleo’ auf ihren Dächern haben“, bestätigt Ralf Nickel von der Solarwerkstatt Tettnang. „Die Haushalte wurden von uns angeschrieben, und wir haben verschiedene Tauschaktionen vorgenommen“, so der Geschäftsführer.

Probleme bei Steckverbindungen

Mitarbeiterin Helga Götz ergänzt: „Der Aufruf in der Anzeige bezog sich auf zwei unterschiedliche Dinge. Zum einen wird auf abgefallene Deckel von Modul-Anschlussdosen hingewiesen, zum anderen auf Probleme bei den Steckverbindungen.“ Beides sei, wie der Pressesprecher der Firma „as-abwicklung“, Hermann Iding, mitteilt, auf fehlerhafte Zulieferprodukte zurückzuführen. Mit der Zeitungsanzeige wollte man alle Kunden der Firma erreichen, aber auch verantwortungsbewusst auf die Gefahr aufmerksam machen. „Solarzellen stellen jedoch üblicherweise keine Brandgefahren und Gefahren für Menschen dar“, ist sich Ralf Nickel sicher. „Eine Gefahr tritt, wenn überhaupt, eher durch Sekundärschäden auf“, sagt der Inhaber der Solarwerkstatt. „Wenn beispielsweise der Ableitstrom einer abgebrochenen Steckverbindung einem Menschen einen kleinen Stromschlag versetzt und er aufgrund dessen vom Dach stürzt.“ Nickel hebt jedoch hervor, dass es bei Solarmodulen einen kontinuierlichen, technischen Fortschritt gibt.

Gleichzeitig weist er auf eine Studie von TÜV Rheinland und Fraunhofer-ISE hin. Die beiden Institute haben fast vier Jahre lang Brandrisiken bei Photovoltaik-Anlagen untersucht. Herausgekommen ist ein 300-seitiger Leitfaden, der zum sicheren Umgang beitragen soll. Die Forscher betonen, dass von Photovoltaik-Anlagen nur eine geringe Brandgefahr ausgehe (laut Umfrage-Ergebnis der beiden Institute stelle prinzipiell jede Komponente und jede Verbindungsstelle bei einer Photovoltaikanlage ein potenzielles Risiko hinsichtlich möglicher Überhitzung oder Ausprägung eines Lichtbogens dar).

Brand an Solardächern

In der Studie geht es auch um Feuerwehr-Einsätze bei der Brandbekämpfung an Solardächern. „Solche Einsätze sehen wir kritisch“, teilt Tettnangs Feuerwehrkommandant, Konrad Wolf auf SZ-Anfrage mit. „Deshalb haben wir einen Arbeitskreis gebildet, der Richtlinien ausgearbeitet hat. Sie besitzt jede Einsatzkraft, um sie vor Gefahren zu warnen.“ Wobei die Gefahren vordergründig nicht darin bestehen, dass Brände durch Solarmodule entstehen. „Das hatten wir noch nie“, sagt Wolf. „Die Gefahren liegen vielmehr darin, dass Module, sobald ihre Halterungen verbrannt sind, wie scharfe Wurfgeschosse vom Dach auf den Boden knallen.“ Deshalb besteht die erste Aufgabe eines Einsatzleiters darin, die Gefahrenzone großräumig abzusperren.

Parallel muss die Stromquelle von der Feuerwehr ausgeschaltet werden. „Hier leistet uns die Wärmebildkamera gute Dienste. Mit ihr können wir heiß werdende Stromleitungen orten.“ Darüber hinaus gilt: Bei der Brandbekämpfung von Solardächern dürfen die Feuerwehrleute nicht mit Strom in Verbindung kommen, müssen beim Löschen vorsichtshalber fünf Meter Abstand halten.

Einmal jährlich erhält Wolf vom Regionalwerk (dort wird der Strom eingespeist) eine Liste mit Adressen von Hausbesitzern, auf deren Dächern Solarmodule angebracht sind. „Die Adressen werden bei uns eingepflegt. Sobald wir zu einem Brand ausrücken, überprüfen wir, ob es sich um ein Gebäude aus der Liste handelt“, sagt Konrad Wolf. „Dadurch ist es uns möglich, frühzeitig und gezielt zu reagieren.“

Dass ein Haus mit Solardach nicht gelöscht werden kann, dass es gar „kontrolliert abgebrannt werden muss“, so wie immer wieder landläufig behauptet werde, sei schlicht unwahr, sagt Wolf. „Das ist ein Gerücht, das in der Bevölkerung Panik macht.“ Bisher habe man jedes Haus gelöscht. „Das können wir und das ist unsere Aufgabe als Feuerwehr.“

Einige Hundert Hausdächer sind in Tettnang mit Solar- und Photovoltaikanlagen bestückt, gibt die Assistentin des Bürgermeisters, Judith Maier, auf Anfrage der SZ bekannt. Die Energiequellen kann jeder installieren lassen. Baurechtliche Genehmigungen müssen nicht eingeholt werden.