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Jubiläumskonzert

Ein überwältigendes Jubiläumskonzert

Tettnang / Lesedauer: 2 min

Fauré-Quartett beschert eine Sternstunde der Kammermusik
Veröffentlicht:24.09.2018, 14:27

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„Spectrum Kultur“ hätte den Tettnangern zum 60-jährigen Bestehen kein schöneres Geschenk machen können als das Konzert des Fauré-Quartetts am Samstagabend im Rittersaal. Bewusst sollte der symbolische Eintrittspreis zu einem Euro das Konzerterlebnis auch denen ermöglichen, die sonst darauf verzichten müssen. Es war direkt greifbar, wie manche Zuhörer die Musik ganz unmittelbar miterlebten und begeistert erfahren haben, wie tief Musik berühren, ja erschüttern kann.

„Wir sind froh, dass wir gratulieren dürfen“, sagte Cellist Konstantin Heidrich zur Begrüßung. Seit 23 Jahren spielen sie zusammen: Pianist Dirk Mommertz, Geigerin Erika Geldsetzer, Bratschist Sascha Frömbling und Cellist Heidrich, schon 2004 waren sie in Tettnang zu erleben, zuletzt im Januar 2017, wo sie dieselbe euphorische Begeisterung auslösten wie auch jetzt wieder.

Das Programm hat auch weniger geübte Konzertbesucher die ganze Bandbreite und Ausdruckskraft der Kammermusik erleben lassen. Wo es an Werken für Klavierquartett mangelt, schafft das Quartett es sich selber. „Rachmaninow gibt es eigentlich nicht für Klavierquartett“, sagte Heidrich, „das wollten wir ändern“. So wie Ravel und Respighi die ausgewählten Klavierwerke zuvor für Orchester eingerichtet haben, hat Pianist Dirk Mommertz für Rachmaninows „Etudes tableaux“ op. 33 & 39 sowie Modest Mussorgskys berühmte „Bilder einer Ausstellung“ eigene Fassungen erstellt, die unbedingt Eingang in die Konzertsäle finden sollten.

Stürmisch war der Auftakt zu Rachmaninows „Rotkäppchen und der Wolf“ op. 39,6. Atemlos verfolgte man das Auftreten des Wolfs und die Flucht des verängstigten Mädchens. Sanft ließ das Klavier im Opus 39,2 das Meer wogen, während die Streicher die Möwen im Wind dahintreiben ließen.

Ein tiefes Erlebnis war Johannes Brahms‘ originales Klavierquartett Nr. 3 c-Moll op. 60. Robert Schumanns Tod und die unerfüllte Liebe zu Clara Schumann haben das Stück ausgelöst, das Brahms erst 15 Jahre später vollendet hat. Wunderbar die tiefe Hingabe an das Werk, an das mit Tränen gemalte Traumbild.

Jedes einzelne Bild in Mussorgskys Zyklus „Bilder einer Ausstellung“ möchte man hier beschreiben: die verzerrte Fratze des Gnoms, das verwunschene alte Schloss mit seinen verwehten Klängen, das Treiben in den Tuilerien, das köstliche Ballett der Küchlein, den heftigen Diskurs Samuel Goldenbergs mit dem Juden Schmuyle, den gruseligen Hexenzauber um Baba Yaga und das bombastische große Tor von Kiew – herrliche Wechselbäder, in die man gänzlich eintauchte. Dann der brandende Applaus und die Bravi, die Standing Ovations. Strahlend standen die Musiker davor. „Sie sind ja süß“, kommentierte Heidrich. Beschwingt ging man schließlich hinaus in den Regen.