StartseiteRegionalBodenseeTettnangDen Hopfenpflanzern fehlen Arbeitskräfte

Hopfentrieb

Den Hopfenpflanzern fehlen Arbeitskräfte

Tettnang / Lesedauer: 4 min

Umfangreiche und anstrengende Frühjahrsarbeiten stehen an – Pflanzer hoffen auf Flugzeuge aus Rumänien
Veröffentlicht:11.04.2020, 09:44

Artikel teilen:

Für die Hopfenpflanzer beginnt nun eine besonders arbeitsintensive Phase in den Anlagen. Die Drähte müssen aufgehangen gestupft, die Hopfentriebe angeleitet werden. Normalerweise übernehmen Saisonarbeitskräfte aus Osteuropa, vornehmlich aus Polen und Rumänien , diese Tätigkeiten. Doch wie viele andere Landwirte auch bangen die Hopfenpflanzer darum, im Moment genug Arbeiter für diese körperlich anstrengenden und stundenmäßig umfangreichen Aufgaben zu bekommen. Denn der Hopfen wartet nicht mit Wachsen – jetzt muss es schnell gehen.

Für die frühen Hopfensorten, die im hiesigen Anbau etwa 30 Prozent ausmachen, haben die Frühjahrsarbeiten bereits Mitte März begonnen, die Landsorten kommen nach Ostern an die Reihe. Je nach Sorte und Anbausystem investiert ein Hopfenpflanzer zwischen 200 und 250 Stunden Arbeit pro Hektar – die oben beschriebenen Tätigkeiten machen davon einen ganz erheblichen Teil aus.

„Die vergangenen drei Wochen waren wir ständig dran, uns mit einer täglich wechselnden Nachrichtenlage in Bezug auf Einreisebeschränkungen oder geschlossene Grenzen Orientierung zu verschaffen“, erklärt der Chef des Tettnanger Hopfenpflanzerverbandes, Jürgen Weishaupt , im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Und es sei eben typische Verbandsarbeit, die Mitglieder zeitnah zu informieren und im gleichen Zug bei den politischen Vertretern auf die Gestaltung akzeptabler Rahmenbedingungen hinzuwirken. Weishaupts Fazit zu Beginn der Woche lautete : „Die Kuh ist noch nicht vom Eis, es gibt viel zu organisieren. Und dann sehen wir, wie es läuft.“

Die Bundesregierung hat für die Monate April und Mai je 40 000 Saisonarbeitskräften die Einreise gestattet, den Bedarf der Tettnanger Hopfenpflanzer schätzt Jürgen Weishaupt für das gesamte Jahr auf 800 bis 900 Arbeitskräfte, wovon der größte Teil eben für die Frühjahrsarbeiten gebraucht wird. Arbeiter aus Rumänien müssen nun per Flugzeug anreisen, für helfende Hände aus Polen gab es auch bisher keine Einreisebeschränkungen.

Der organisatorische Aufwand – und die Kosten, die von den Betrieben getragen werden müssen – für eine Einreise per Flugzeug sind erheblich. Hubert Hengge, Geschäftsführer des Tettnanger Maschinenrings ist dran: „Um die Anfragen zu bündeln und die Landwirte zu entlasten, werden wir ein bis zwei Flugzeuge chartern und die Leute dann mit einem Bus an einem der genehmigten Flughäfen abholen“, berichtet er auf Anfrage der „ Schwäbischen Zeitung “. In der Nähe sind Nürnberg und Karlsruhe, es könnte aber auch Düsseldorf oder Hannover werden. Geplant ist, in der Woche nach Ostern zu fliegen. Hinzu kämen strikte Regelungen in Sachen Gesundheitscheck und der Quarantäne- und Hygienebedinungen in den einzelnen Betrieben. Der Deutsche Bauernverband hat nach den Vorgaben der Ministerien und der Bundespolizei nun ein Anmeldeportal für die Saisonarbeitskräfte freigeschaltet.

Die Betriebe haben also enormen Aufwand zu betreiben und Kosten zu schultern. Warum behelfen sie sich nicht einfach mit inländischen Arbeitskräften? Denn viele Arbeitnehmer, die im Moment nicht oder nur verkürzt arbeiten können, haben sich bereits gemeldet und den Landwirten Hilfe angeboten. Auch Markus Bonenberger hat einen Lehrling aus dem Hotelgewerbe beschäftigt. „Das hat auch gut funktioniert“, so der Hopfenbauer. Aber dann musste der Auszubildende sich auf seine Prüfungen vorbereiten – und war wieder weg.

Immerhin: Seit zwei Wochen hat Bonenberger bereits zwei Rumänen auf dem Hof, mit denen er jetzt Drähte aufhängt. Jürgen Weishaupt beschreibt das Hauptproblem ähnlich: „Die Landwirte brauchen jetzt Planungssicherheit“, erklärt er. Kräfte, die nur stunden- oder tageweise Zeit hätten, könnten nur mit viel Aufwand eingeplant werden. Hinzu komme der bürokratische Aufwand für die An- und Abmeldung und die besonderen Bedingungen, wenn Kräfte zum Beispiel in Kurzarbeit sind. Und schließlich fürchten die Hopfenbauer auch, dass die ungewohnte und körperlich anstrengende Arbeit nach kurzer Zeit wieder aufgegeben wird.

Auch Familie Welte blickt nun wieder etwas entspannter in die Zukunft. Vier polnische Saisonarbeiter, die im Frühjahr bei ihnen helfen und als Team seit Jahren nach Kau kommen, haben ihr Kommen bereits zugesagt. Die Ankunft wird für das Wochenende nach Ostern erwartet. „Wir haben die Vier per Post mit den nötigen Papieren ausgestattet und hoffen, dass nun alles klappt“, erzählt Martin Welte.

Auch wenn laut Jürgen Weishaupt die Landwirte in diesem Jahr nicht alle jetzt vorhandenen Lücken schließen können, die er zum Zeitpunkt der Recherche auf rund 200 Kräfte schätzt, würden die Betriebe alles unternehmen, um die Auflagen zu erfüllen und Risiken so weit wie möglich zu minimieren. Die Zeit nach Ostern wird zeigen, ob die Rechnung für die Hopfenpflanzer aufgeht.