Schnauze
Angeklagter im Mordprozess hat „die Schnauze voll“
Tettnang / Lesedauer: 3 min
Mit den ersten Vernehmungen von insgesamt 13 geladenen Zeugen hat am Nittwoch vor einer Schwurgerichtskammer des Landgerichts Ravensburg der dritte Prozesstag im Tettnanger Mordfall vom 28. April begonnen. Zum Auftakt der Beweisaufnahme wollte der Hauptangeklagte nicht zu einer in der Tatnacht angeblich von ihm gemachten Äußerung Stellung nehmen. Er habe „die Schnauze voll.“ Und: „Von wegen, wir halten zusammen.“ Ob er damit auf Absprachen unter den drei Angeklagten reagiert hat, blieb offen.
Während sich der 38-jährige Mann wegen des Mordvorwurfs verantworten muss, lautet die Anklage gegen die 25-jährige Stieftochter des Opfers auf Anstiftung zum Mord und gegen dessen 45-jährige Ehefrau auf gefährliche Körperverletzung. Die beiden Frauen sollen auf den 59-jährigen Mann eingeschlagen haben, während dieser auf dem Sofa lag. Anschließend soll der Hauptangeklagte den Mann gewürgt und mit einem Kissen erstickt haben. Die Stieftochter hatte danach einen Notruf abgesetzt und die Polizei gerufen.
Ein Polizeibeamter aus Friedrichshafen berichtete, in der Nacht zum 28. April um 4.48 Uhr vom Präsidium in Konstanz von dem Notruf informiert worden zu sein, wonach in der Tettnanger Jahnstraße ein Mann tot in der Wohnung liege. Mit einer Praktikantin in der Wohnung angekommen, habe er mit zwei weiteren Kollegen den Verdächtigen rauchend auf dem Balkon sitzend vorgefunden, ihn über den Vorwurf informiert und vorläufig festgenommen. Über Funk wurden Notarzt und Rettungssanitäter angefordert. Mit der Kollegin und der Unterstützung der Stieftochter des Opfers habe man den Mann auf den Boden gelegt und mit Wiederbelebungsmaßnahmen begonnen.
Von unschönen Wortwechseln, Beschimpfungen unter den Wohnungsmietern und einer besonders aggressiven Stieftochter berichtete die Notärztin, als sie den bewusstlosen, alkoholisierten 59-Jährigen auf dem Boden fand. Mindestens so alkoholisiert wie er sei seine hysterische und aggressive Noch-Ehefrau gewesen, die geäußert haben soll: „Der säuft jeden Tag ein paar Flaschen Whisky.“ Möglicherweise habe sie damit lediglich pauschal Alkohol und nicht Whisky gemeint, räumte die Ärztin vor Gericht ein. Regelrecht ungehalten sei die Frau gewesen, dass ihr Ehemann nicht ins Krankenhaus mitgenommen wurde. Einer Rettungswagenmitarbeiterin war die Wohnung in der Jahnstraße von einem früheren Einsatz in Sachen häuslicher Gewalt in Erinnerung.
Im weiteren Verlauf der Nacht kam es zu einem zweiten Rettungseinsatz, diesmal mit einem Notarzt aus Ravensburg, nachdem die Kollegin aus Tettnang inzwischen zu einem weiteren Notruf gerufen worden war. Zusammen mit dem „sehr guten Rettungsteam aus Tettnang“ hat man Hand in Hand mit der Reanimation des mit einem Herzstillstand am Boden liegenden Patienten begonnen, ihn stabilisiert und auf die Intensivstation ins Tettnanger Krankenhaus gebracht, wo er später verstarb. Wie der Arzt betonte, habe er ein gutes Gefühl gehabt, dass der Mann überleben könnte. Dem Notarzt war allerdings nicht bekannt, wie lange dessen Herzstillstand angedauert hatte. Äußerliche Verletzungen an dem Patienten waren ihm nicht aufgefallen.
Ein Notfallassistent, in der Tatnacht zweimal in der Wohnung im Einsatz, berichtete von einer aggressiven Stimmung unter den Tatbeteiligten und einem Test des Patienten, der ansprechbar war und kurzzeitig ohne Bewusstsein, aber keinen medizinischen Anlass gab, ihn nach dem ersten Einsatz ins Krankenhaus mitzunehmen. Gleichwohl wollten die beiden Frauen unbedingt das spätere Opfer aus dem Haus haben und ins Zentrum für Psychiatrie (ZfP) eingewiesen wissen.