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Sozialwohnungsbau

Sozialwohnungsbau muss schnell und nachhaltig sein

Salem / Lesedauer: 4 min

Grünen-Fraktionsvize Kerstin Andreae und Martin Hahn diskutieren mit Vertretern der Baubranche
Veröffentlicht:08.03.2016, 15:03

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Auf Einladung des Landtagsabgeordneten der Grünen, Martin Hahn, hat die Bundestagsabgeordnete Kerstin Andreae zusammen mit Vertretern aus dem regionalen Baugewerbe über praktikable Lösungen gesprochen, günstigen Wohnraum im Bodenseekreis zu schaffen. Zwei Stunden setzten sie sich im Foyer des Gebäudes „Generation+“ an der Schlossseeallee mit bereits umgesetzten beziehungsweise geplanten Wohnprojekten auseinander.

Im Rahmen der fruchtbaren Diskussion kristallisierten sich klare Zielvorgaben heraus. Möglichst unbürokratisch müsse es gelingen, dass Kommunen Teilflächen aus dem Flächennutzungsplan zur kostengünstigen Wohnbebauung herausholen, befand Martin Hahn. Es müsse gegengesteuert werden gegen den Trend von ausschließlich hochpreisigen Wohnungen oder gegen die Investition in profitable Gewerbebetriebe an Stelle von mehrgeschossigen Wohneinheiten, gingen die grünen Abgeordneten konform mit Dietmar Kathan von der Architektenkammer Baden-Württemberg. „15 Jahre lang ist nichts in Richtung Sozialwohnungen getan worden im Kreis“, ergänzte der Landtagskandidat.

Besondere Situation im Kreis

Einigkeit herrschte über die besondere Situation im Bodenseekreis. Die hohe Zuzugsrate und hohe Kapitaleinlagen schieben laut Hahn den Wohnungsmarkt an und führen zu hohen Wohnungspreisen. Hinzu kommt der große Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge.

Bernhard Straßer mahnte an, es müssten Anreize für Investoren geschaffen werden, damit sie Geld in Sozialblocks investierten. Kerstin Andreae verwies auf die von der Bundesregierung angedachten Sonderabschreibungen. Vorerst nur für die Ballungsräume gedacht, müsse die steuerliche Entlastung für günstigen Mietbau auch am Bodensee greifen, so ihr Wunsch.

Viel Lob hatte sie übrig für ein vorgestelltes Massiv- Bauprojekt von Bernhard Straßer sowie ein Modulbauprojekt von dem Überlinger Architekten Wilfried Stotz und dessen Kollegen, dem Uhldinger Zimmermann Michael Egger. Genau so schnell umsetzbar und gleichzeitig nachhaltig müssten die Lösungen für bezahlbaren Wohnraum sein, wie dargestellt, so die einhellige Meinung. Dabei sollte auf jeden Fall von Anfang an auf Qualität gesetzt werden, statt später teure Sanierungen in Kauf nehmen zu müssen, meinten die Experten. Der Vorsitzende der Architektenkammer wusste aus Erfahrung: „ Je hochwertiger die verwendeten Materialien, desto sorgsamer werden sie behandelt.“ Außerdem gehörte die Qualität zu seiner Vorstellung von „Willkommenskultur“. Wie Martin Hahn sah er die „Flüchtlingskrise als Chance“, Neues zu entwickeln. Den Baugewerblern war schließlich noch wichtig, „zu zeigen, dass wir die Probleme lösen können ohne tschechische Baucontainer“, so ihre Vorstellung von regionaler Zusammenarbeit.

Zwei Arten flexibler Lösungen

Zwei Arten flexibler Lösungen zur Linderung der akuten Wohnungsnot im sozialen Wohnungsbau sind am Montagnachmittag präsentiert worden.

Straßers Modellplanung sieht massiv gebaute dreigeschossige Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber mit jeweils 16 Wohneinheiten vor. Acht Personen würden sich dabei 58 Quadratmeter teilen und in Stockbetten schlafen. Sollten die Unterkünfte zukünftig nicht mehr gebraucht werden, können sie laut dem Bauingenieur unkompliziert in kostengünstige Dreizimmerwohnungen umgewandelt werden.

Der zweite Lösungsvorschlag von Architekt Wilfried Stotz und Zimmermann Michael Egger arbeitet mit vorinstallierten Massivholzmodulen. Steckfertige Module aus Massivholz bieten Miniwohnungen auf rund 21 Quadratmetern und sind nach Auskunft des Projektduos flexibel stapel- und transportierbar. Eine Wohnanlage aus 60 solcher Minihäuser könnte 162 Personen Platz bieten. Sollten sie nicht mehr als Flüchtlingsunterkunft gebraucht werden, seien sie leicht zu reinigen und anderweitig verwendbar.

Wichtig war allen drei Projektentwicklern das Verwenden von massiver Bausubstanz, egal ob Beton oder Holz. „Zwar ist die hochwertige Hülle anfänglich teurer, hält aber sichtlich länger und ist im Energiebereich deutlich günstiger“, so die Drei. Außerdem müsse den ankommenden Menschen entsprechend begegnet und Verantwortung übertragen werden, fanden sie. Ebenfalls einte sie die Vorstellung, einer Ghettoentwicklung vorzubeugen. Strasser schwebte ein „Raumprogramm in verschiedenen Modulen beispielsweise in Zentrumsnähe“ vor.

Die vorgestellten Wohnbauprojekte zielen beide auf möglichst schnelle Umsetzung und lange Haltbar- und Nutzbarkeit. Straßer sprach von möglicher Fertigstellung innerhalb von vier Monaten und einer Lebensdauer von 60 bis 80 Jahren. Der Überlinger Architekt und der Uhldinger Holzbauer meinten die flexible Modulbautechnik ermögliche es sogar, innert acht Wochen bezugsfertigen Wohnraum herzustellen.