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Werken mit der Kettensäge

Oberteuringen / Lesedauer: 3 min

Archaik pur: 100ste Ausstellung in der Mühle zeigt Holzskulpturen von Jolanta Switajski-Schaefer
Veröffentlicht:07.11.2017, 11:18

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„Am liebsten mit der Motorsäge“ hat die in Polen geborene und im Kreis Ravensburg lebende Künstlerin Jolanta Switajski-Schaefer als Motto für ihre Skulpturen gewählt, die sie ab 12. November in der Mühle zeigt. Es ist die hundertste Ausstellung in der Mühlengalerie, die im Rahmen der Vernissage gleichzeitig auch ihr fünfzehnjähriges Bestehen feiert.

Vor vier Jahren war Jolanta Switajski-Schaefer schon einmal in der Mühle zu Gast, eine ganz andere Künstlerin, die abstrakte Malerei zeigte. Inzwischen hat sie ihre Liebe zur Bildhauerei entdeckt: „Ich habe den Pinsel gegen die Motorsäge getauscht“, sagt sie. Zeichnen würde sie noch, auch die Entwürfe für ihre Skulpturen. In einer privaten Bildhauerschule habe sie gleich gemerkt, dass Holz ihr nahestand.

Ihre Spezialität ist das Werken mit der Kettensäge. Erstaunlich ist, was für spannende Figuren sie damit herausarbeitet. Einzelne Köpfe, die keine Porträts sein wollen, wecken schon das Interesse. Es gelingt ihr, mit dem eigentlich groben, für ganz andere Arbeiten entwickelten Werkzeug Köpfe herauszuarbeiten, die Zeichen der Individualität tragen. Teile hat sie weiß gekalkt, das gibt den Köpfen und Figuren einen ganz eigenen Charakter. Man fühlt sich an archaische Kunstwerke von den Osterinseln erinnert, an ganz frühe griechische Skulpturen: Archaik pur, kräftig, kernig, markant.

Besondere Bewunderung gebührt Gruppen von zwei oder mehreren ganz eng beieinanderstehenden Personen, die sie aus einem einzigen Stamm herausgesägt hat. Das erfordert ein sorgfältiges Umgehen mit dem Material – eine falsche Bewegung und das Werk ist zerstört. Ihre allererste Figur, auf die sie erst so stolz gewesen sei, habe sie letztes Jahr verbrannt: „Sie war zu hässlich.“

Schlank sind ihre Figuren – wenn nicht aus einem Stamm, dann aus über dreihundert Jahre alten Balken gesägt, die sie von Landwirten bekomme. Hochaufgeschossen sind sie und doch nicht so dürr wie die Metallarbeiten eines Giacometti. Während die Köpfe schlicht „Holzköpfe“ seien, hätten ihre Figuren eine Geschichte, beispielsweise einen Bezug zu Flüchtenden, zur Armut. Dass diese Holzkunst wunderbar in den Ausstellungsraum in der Mühle mit seinen alten Balken passt, versteht sich von selbst.

Eine weitere kleine Werkgruppe ist an der Wand zu entdecken. Skizzierte Köpfe und Figuren, wie mit Kohle auf Leinwand gezeichnet und mit Aquarellfarben übermalt. Geht man nahe heran, sieht man, dass die vermeintliche Skizze eine mit der Nähmaschine gesetzte feine Naht ist. Die Künstlerin hat hier etwas ausprobiert, was zu überraschenden Ergebnissen führt. Man wünschte sich eine Fortführung, doch noch hat sie Angst davor: „Ich hoffe, dass ich mich nicht in diese Arbeit verliebt habe, ich will schon beim Holz, bei der Kettensäge bleiben.“ Eine ungewöhnliche Ausstellung, die die Technik nicht zum Selbstzweck macht, sondern neue Wege aufzeigt.

Die 100ste Ausstellung in der Mühle bleibt bis 17. Dezember. Die Vernissage ist am Sonntag, 12. November um 10.30 Uhr. Zugleich wird auch der neue Flyer für den „KunstRaum“ vorgestellt, in dem Jolanta Switajski-Schaefer mit einer Skulptur vertreten ist. Danach wird mit Musik des Duos Twicelight und einem Galeriefrühstück gefeiert.