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Jahresinterview

„Müssen die Ober- und Unterstadt besser verbinden“

Meersburg / Lesedauer: 8 min

Für Meersburgs Bürgermeister Martin Brütsch kommen viele Themen durch die Kommunalwahl auf den Tisch
Veröffentlicht:24.01.2014, 18:00

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Das Jahresinterview mit Meersburgs Bürgermeister Martin Brütsch beschließt die SZ Markdorf ihre Reihe der Jahresinterviews mit den Bürgermeistern ihres Verbreitungsgebiets. SZ-Redakteur Christian Gerards sprach mit Brütsch über Vergangenes und Zukünftiges sowie über die Kritik an seiner Amtsführung.

Bürgermeister Brütsch, wie ist das Jahr 2013 aus Ihrer Sicht für Meersburg verlaufen?

Es war ein arbeitsreiches Jahr, was vielleicht nicht in allen Punkten nach außen vermittelbar war. Wir sind relativ viele Projekte angegangen, das braucht seine Vorbereitung.

Und wie wird es in diesem Jahr aussehen?

Das erste Vierteljahr wird unter anderem im Zeichen der Kommunalwahl stehen, da die einzelnen Fraktionen ihre jeweiligen Themen forcieren werden. Daher werden die einen oder anderen Projekte noch dazu kommen. Dazu kommt natürlich die Fertigstellung des Krippenhauses mit Familientreff im zweiten Quartal. Auch beim Stadtmuseum im Mesmerhaus wollen wir im Frühjahr mit einer Bürgerinformation in die Öffentlichkeit gehen. Es wird also auch in diesem Jahr wieder einige Themen geben.

Darunter zählt sicher auch die Parkplatzsituation in der Stadt, oder?

Hierbei handelt es sich um einen größeren Planungsauftrag und ein sehr sensibles Thema, das schon lange vor sich hergeschoben wird. Da geht es um die Aufstockung des Fähre-Parkplatzes oder alternativ um die Erweiterung des Parkhauses in der Stefan-Lochnerstraße. Dies wird sicher ein wichtiges Thema im Kommunalwahlkampf.

Ein weiteres Thema wird der Lärmaktionsplan sein …

Der Planentwurf des Lärmaktionsplanes kommt Anfang diesen Jahres in den Gemeinderat. Es wird dann noch einmal eine Informationsveranstaltung zum Planentwurf geben, der nochmals ausgelegt werden muss. Mit der Umsetzung des Lärmaktionsplans ist aber erst nach der Sommerpause zu rechnen.

Wie sehen Sie die Situation um die Bundesstraße 31?

Der Planungsfall 7.5 ist vor meiner Amtszeit gegen den Willen des Meersburger Gemeinderats festgelegt worden. Jetzt geht es darum, einen Konsens mit den umliegenden Gemeinden zu finden. Wichtig ist, dass beim weiteren Ausbau der B 31 nach neuer Rechtslage alle Alternativen für eine Trassenführung erneut geprüft und gegeneinander abgewogen werden müssen.

Die Sommertalschule ist jetzt seit eineinhalb Jahren Gemeinschaftsschule. Wie sehen Sie die Entwicklung?

Kommunalpolitisch ist der Schulstandort sehr wichtig für unsere Kommune und die Bürgerschaft. Über die Schulart kann man trefflich diskutieren, der Weg dahin war nicht unumstritten. In der Vergangenheit konnten wir in der Hauptschule keine zehnte Klasse anbieten. Dann haben wir uns für die Werkrealschule ausgesprochen, die Voraussetzungen aber nicht erreicht. Daraufhin haben wir mit der Schule den Schritt in Richtung Gemeinschaftsschule gemacht.

Das war dann auch der Wunsch der Stadt?

Wir hatten den Wunsch, den Standort zu stärken und sind daher bald auf die neue Schulform eingeschwenkt. Die Sommertalschule war die erste Gemeinschaftsschule im Bodenseekreis. Die Zweizügigkeit war wichtig. Wir rekrutieren Schüler aus den umliegenden Gemeinden, so dass wir den Schulstandort stärken. Es gibt aber noch das eine oder andere, was noch angeboten werden muss.

Vor allem auch, weil in Überlingen und wohl auch in Salem weitere Gemeinschaftsschulen entstehen?

Es ist alles im Fluss und kommunalpolitisch schwierig. Die Sommertalschule hat Schüler aus Uhldingen-Mühlhofen ebenso wie aus Daisendorf. Der Gemeinderat unterstützt jedenfalls die Schularbeit, auch wenn wir die Kosten nicht verteilen können. Aber das ist es uns wert. Nicht jeder fühlt sich an einem großen Bildungszentrum wohl. Das spricht für die Sommertalschule, da mehr auf den einzelnen Schüler eingegangen werden kann und weil in unserer Schule eine gute Arbeit geleistet wird. Wir werden jedenfalls alles dafür tun, die Schule zu halten, wohl wissend, dass die Schülerzahl abnehmen wird.

Aus dem Gemeinderat kommt der Wunsch, die Leitung des Kulturamts zeitnah wieder zu besetzen.

Das kann ich nachvollziehen. Wir haben uns aber darauf geeinigt, die Stelle erst auszuschreiben, wenn der Grobentwurf für die zukünftige Nutzung des Mesmerhauses klar ist. Zudem haben wir noch laufende Bewerbungsverfahren, die vorrangig besetzt werden müssen. Jetzt nach dem Neujahrsempfang wollen wir die Stelle zeitnah ausschreiben und die Bewerbungsphase anlaufen lassen. Bei dieser Stellenbesetzung ist uns wichtig, dass die Bewerber Erfahrung mit der Leitung und Führung eines solchen Museums haben. Die Mitarbeit bei der konzeptionellen Ausrichtung des Museums steht nicht so stark im Vordergrund.

Das Hauptamt gibt es nicht mehr. Kathrin Mair leitet jetzt den Fachbereich Bürgerservice und zentrale Dienste. Warum gab es die inhaltliche Verschiebung?

Dies wurde so mit dem Gemeinderat abgesprochen. Zum einen mussten Aufgabengebiete neu zugeordnet werden und es bestand der Wunsch, Überschneidungen bei den Zuständigkeiten zu beseitigen. Denn nicht nur Hauptamtsleiter Leiss, sondern auch Stadtbaumeister Hermann sind in den Ruhestand gegangen, sondern auch Spitalverwalter Kemmer musste von Aufgabengebieten entlastet werden und ein Gebäudemanagement sollte aufgebaut werden. Mittlerweile wurde auch das Grundbuchamt aufgelöst, wodurch gewisse Kapazitäten frei wurden. Mein Wunsch war es, den Bereich Soziales zu stärken. Ute Rose kann als Leiterin der neuen Abteilung Familie, Bildung, Soziales mehr Zeit investieren. Durch verschiedene Nachbesetzungen wird sich die Verwaltungsstruktur somit kontinuierlich verändern.

Im Gemeinderat formiert sich vermehrt Kritik an Ihrer Amtsführung. Auch in der Stadt ist immer wieder zu hören, dass Sie nur schwer zu erreichen sind. Können Sie das nachvollziehen?

Es ist nicht so, dass ich das ignoriere oder mich das unberührt lässt. Ich kann das aber nur teilweise nachvollziehen, weil unter anderem der Gemeinderat weiß, welche Vielzahl an Themen und Projekten derzeit am Laufen sind. Ich bin bemüht, Dinge zu ändern. Ich habe einen vollen Terminkalender, so dass das eine oder andere geschoben werden muss. Ich habe eine Prioritätenliste von Themen. Diese ist nicht immer so einfach zu koordinieren, auch vor dem Hintergrund der Veränderungen innerhalb der Verwaltung. Wo es schwierig wird, sind berechtigte Bürgeranliegen, die ihren Ursprung aber bereits weit vor meinen Amtsantritt haben und schon viele Jahre im Raum stehen. Bei Altfällen heißt es dann, Akten zu studieren. Woran es dann scheitert, ist der Zeitaufwand, da bereits terminierte Projekte und Themen Vorrang haben.

Das Neue Schloss wurde nach der Renovierung im Jahr 2012 wieder eröffnet. Wie lief es denn in 2013?

Wir haben jetzt das erste volle Betriebsjahr durchlaufen. Es läuft gut an – auch, weil die Traube Tonbach als Caterer für private Veranstaltungen sehr begehrt ist. Die Traube Tonbach zieht mit seinem Namen, so kommen Leute nach Meersburg, die sonst nicht in das Neue Schloss gekommen wären. Allerdings ist das Tagungsgeschäft unter der Woche noch ausbaufähig. Auch die Besucherzahl ist noch nicht so optimal. Die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg überlegen, wie es strategisch besser werden kann.

In diesem Jahr steht 600 Jahre Konstanzer Konzil an. Meersburg hat ja historisch bedingt eine enge Bande über den See. Wird das Jubiläum auch in Meersburg groß gefahren?

Nein, derzeit ist nichts geplant. Zum einen läuft das Jubiläum über mehrere Jahre und zum anderen ist es sehr stark auf Konstanz fokussiert. Eine kleine Ausstellung als Hinweis auf das Jubiläum haben wir nicht angenommen, da nicht so viel Material dabei war, das für Meersburg interessant gewesen wäre.

Der Einzelhandel ist in Meersburg auch immer wieder ein Thema. Wie sehen sie ihn aktuell aufgestellt?

Auf Initiative von Aktiv für Meersburg werden wir uns im Frühjahr zusammensetzen, um zu überlegen, was mittelfristig wichtig ist, um gute Rahmenbedingungen für den Einzelhandel zu schaffen. Ein Thema werden zum einen die Belange des Einzelhandels sein, zum anderen wie wir gegen einen weiteren Leerstand von Geschäften vorgehen. Wir müssen uns fragen, wie es uns gelingt, attraktiv zu bleiben und neue Geschäfte anzuziehen. Hierbei wäre die Ansiedelung eines Drogeriemarktes besonders wichtig. Events alleine sind nicht die Lösung, aber ein wichtiger Baustein.

Mit der Seniorenresidenz Augustinum bekommt Meersburg ja viele neue Einwohner. Ist das eine Möglichkeit für den Einzelhandel?

Mir war wichtig, dass sich die Einzelhändler auf das Augustinum vorbereiten und die Kundschaft frühzeitig anzusprechen. Das ist ganz gut gelungen. Es gibt Kundschaft, die vom Augustinum in die Stadt kommt oder sogar beliefert wird. Wenn wir diese Kaufkraft halten können, dann wäre das gut. Doch wir müssen das noch weiter ausbauen und uns neue Angebotsstrukturen überlegen.

In Meersburg haben Sie ja auch das Problem der Unter- und Oberstadt. Wer einmal unten ist, hat nicht unbedingt Lust, schnell wieder nach oben zu laufen …

Wir müssen die Ober- und Unterstadt besser verbinden. Das Denkmalamt tut sich wegen des Ensemble-Schutzes damit aber etwas schwer. Die Bevölkerung wird immer älter, daher sind wir auf barrierefreie Hilfen angewiesen. Es muss somit eine Möglichkeit geben, hierzu eine für beide Seiten tragbare Lösung zu finden. Nur so gelingt es uns, einen Rundgang durch die Stadt, und das ist das A und O für die Touristenströme, zu gewährleisten. Andere Städte haben es schließlich auch geschafft.