StartseiteRegionalBodenseeMeckenbeurenZeitung „Wir mittendrin“ zeigt, was Menschen mit Handicap bewegt

Handicap

Zeitung „Wir mittendrin“ zeigt, was Menschen mit Handicap bewegt

Meckenbeuren / Lesedauer: 3 min

Drei Geschichten beschreiben beispielhaft Wünsche und Sehnsüchte aus dem Alltag und für die Zukunft
Veröffentlicht:02.12.2020, 19:30

Artikel teilen:

„Wir mittendrin“ heißt eine Zeitung, die von Menschen mit und ohne Behinderungen gemacht wird und die zweimal im Jahr unter Federführung der Stiftung Liebenau eine Fülle an verschiedensten Themen liefert. Das teilt die Stiftung mit. Die „mitten drin“ stehe dafür, dass sie dazugehören oder zumindest dazugehören sollten. Das sei Inklusion oder gesellschaftliche Teilhabe. Menschen mit Behinderungen schreiben in der Zeitung, was sie erlebt haben und erleben, wie sie ihr Leben gestalten und nach was sie sich sehnen. Fachkräfte der sozialen Arbeit berichten, wie sie Menschen unterstützen, damit Teilhabe gelingen kann. Am Donnerstag, 3. Dezember, dem Internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen, wird sie veröffentlicht. Sie liegt der „ Schwäbischen Zeitung “ bei.

Florian Jaenicke , freier Fotograf, begleitet das Leben seines schwerst mehrfach behinderten Sohnes mit der Kamera. Laut Stiftung immer mit der Frage: Wer bist du? Was der inzwischen 15-Jährige versteht und was er von seiner Umwelt wahrnimmt, bleibe rätselhaft. Aber viele Bilder des Jungen würden Momente des Glücks zeigen, heißt es weiter.

Physisch sei es für Elena Riedmayer schier unmöglich, mittendrin zu sein. Sie ist Asperger-Autistin. Das Internet aber habe ihr laut Mitteilung Möglichkeiten eröffnet, digital mit anderen in Kontakt zu treten. Auf der Plattform YouTube unter Ellabell la Flor erlebe man eine offene, humorvolle junge Frau, die sich persönlichen Themen widmet – auch fernab ihres Handicaps. Verblüffend sei dabei: Ihre Wünsche und Ansichten sind so alltäglich wie die von anderen 27-Jährigen.

Joachim Mosch hört fast nichts und unterhält sich mit Gebärden. Neuerdings auch mithilfe des Tablets. Seine Beeinträchtigung halte ihn auch nicht davon ab, mit Freunden auf Tour zu gehen. In Zeiten, in denen kein Corona-Lockdown ist, sei er dann laut Stiftung mit ihnen zum Beispiel in die Ravensburger Räuberhöhle anzutreffen. Dort werde seine Bestellung mit Gebärden längst verstanden, und manch andere Wörter ebenso.

Das seien drei Beispiele von vielen. In der „Wir mittendrin“ berichten Menschen mit Einschränkungen aus unterschiedlichen Einrichtungen. Menschen mit Handicap schildern ihre guten und schlechten Erlebnisse, aber auch ihre Sehnsüchte. Als Autoren greifen sie in der aktuellen Ausgabe wieder Themen auf, die sie selbst interessieren, sei es der Besuch einer Stadtführung oder die Recherche von historischen Themen wie der ehemaligen Heeres-Munitionsanstalt – kurz Muna – nahe Leutkirch.

In der aktuellen Ausgabe beschreibe außerdem Holger Kiesel, der Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen in Bayern, warum es einen Tag der Menschen mit Behinderungen noch immer braucht. Zwar sei schon viel erreicht auf dem Weg zu mehr Selbstbestimmung. Aber er gibt laut Mitteilung auch zu bedenken: „Von Inklusion als fest verankerter gesellschaftlicher Grundhaltung sind wir für ein reiches Industrieland teilweise noch erstaunlich weit entfernt.“ Am liebsten wäre es ihm, es bräuchte den Tag irgendwann nicht mehr, „weil die Belange von Menschen mit Behinderungen an jedem Tag, immer und überall, ganz selbstverständlich mitgedacht und berücksichtigt werden. Dann wäre der 3. Dezember ein Tag wie jeder andere.“