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Versorgungsordnung

Kritik an ärztlicher Versorgungsordnung wird laut

Meckenbeuren / Lesedauer: 3 min

Bundestagsabgeordnete Agnieszka Brugger (Grüne) stellt sich hinter Forderungen von Behindertenvertretern
Veröffentlicht:11.02.2019, 16:42

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Die Bundestagsabgeordnete Agnieszka Brugger (Grüne) hat mit Schwerbehindertenvertretern mehrerer regionaler Unternehmen über die Belange von Schwerbehinderten gesprochen. Dabei stellte sich Brugger klar hinter die Forderungen ihrer Gesprächspartner, wie das Netzwerk Snobo mitteilt. Unter anderem kritisierten die Schwerbehindertenvertreter die Änderung der ärztlichen Versorgunsverordnung.

Zu dem Gespräch mit Brugger kamen laut der Pressemitteilung Vertreter der Stiftung Liebenau, Vetter-Pharma, T-Systems, Ravensburger Spiele, Rewe, Kreissparkasse Ravensburg, Stadtverwaltung Weingarten, Andritz Hydro, der PH Weingarten und des Regierungspräsidiums Tübingen. Brugger bedankte sich bei den Schwerbehindertenvertretern für die wichtigen Hinweise, die sie mit nach Berlin nehmen und der behindertenpolitischen Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Corinna Rüffer, übergeben möchte.

„Behindert ist man nicht, behindert wird man durch die Gesellschaft gemacht“, stellte die Bundestagsabgeordnete zu Beginn des Gesprächs fest. Die Grünen wollten Barrieren abbauen, so Brugger. Aktuell sehen die Behinderten aber eher, dass sogar neue Barrieren aufgebaut würden. Betreffen würden höhere Hürden, die das Bundesarbeitsministerium von Hubert Heil (SPD) aufstellt, dabei nicht einmal so sehr die Menschen, die heute schon eine anerkannte Behinderung haben, sondern vor allem diejenigen, deren Gesundheitszustand sich in der Zukunft so verschlechtert, dass sie mit einer Behinderung leben müssen.

Zahl Behinderter würde schrumpfen

Insbesondere die geplante Änderung der ärztlichen Versorgungsverordnung sieht Agnieszka Brugger genauso kritisch wie die Schwerbehindertenvertreter. Josef Keßler vom bundesweit aktiven Netzwerk Snobo warnte beim Gespräch in den Räumen von Andritz Hydro, dass sich die Zahl der anerkannten Schwerbehinderten durch die Novellierung in Zukunft drastisch verkleinern könnte, aber nicht etwa, weil es weniger Menschen mit Handicap gibt. Die Zahl der Behinderten und Schwerbehinderten würde schrumpfen, weil Behinderungen entweder gar nicht mehr anerkannt würden oder nur noch ein geringerer Grad der Behinderung zum Beispiel nach einer Krebserkrankung festgestellt würde.

Diese Verschlechterung würde laut Snobo künftige Krebspatienten, die nur noch eingeschränkt leistungsfähig sind, bei der Arbeitsplatzsuche benachteiligen. Warum sollten Arbeitgeber Menschen einstellen, die nicht mehr zu 100 Prozent belastbar sind, wenn sie dafür keinen Ausgleich bekommen, fragten die Schwerbehindertenvertreter. Genauso betreffen würde die Änderung der ärztlichen Versorgungsverordnung ältere Menschen, deren Behinderung womöglich gar nicht mehr anerkannt würde sondern als altersbedingter Verschleiß angesehen würde. Treffen könnte dies zum Beispiel schon Menschen ab Mitte 50 mit Rückenproblemen. Gleichzeitig steige das Renteneintrittsalter, bemängelten die Behindertenvertreter.

Luft nach oben sahen die Schwerbehindertenvertreterinnen – und vertreter auch beim Bundesteilhabegesetz. Ein Ärgernis ist es aus Sicht Betroffener auch, dass der sogenannte Nachteilsausgleich, einen Pauschbetrag, den Behinderte bei der Steuererklärung geltend machen können, seit Jahrzehnten nicht mehr erhöht worden ist. Die Grünen fordern laut Pressemitteilung bereits seit längerem die Erhöhung des Behindertenpauschbetrags. Unverständlich ist aus Sicht von Brugger auch, dass Schwerbehindertenvertreter im Vergleich zu Betriebsräten benachteiligt sind, weil es weniger Freistellungen gibt. Auch Behindertenvertreter bräuchten Zeit, Flexibilität und Vertrauen, so die Grüne Wahlkreisabgeordnete.

Brugger nahm viele Anregungen und Hinweise mit nach Berlin. Sie ermunterte ihre Gesprächspartner, weiter engagiert zu kämpfen, damit die Belange Behinderter noch mehr öffentliche Aufmerksamkeit bekommen. Wichtig sei es, das Bundesteilhabegesetz zu evaluieren. Sie versprach, dass die Grünen dafür eintreten werden, dass es keine Änderung der ärztlichen Versorgungsverordnung gibt. Auch wenn es sich nur um eine Verordnung handle und der Bundestag nicht direkt beteiligt ist.