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Reichskriegsflagge

Reichskriegsflagge taucht im Siegerjubel auf

Markdorf / Lesedauer: 2 min

Reichskriegsflagge taucht im Siegerjubel auf
Veröffentlicht:29.06.2010, 11:10

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Autocorso nach dem Deutschlandspiel: Unter die vielen Flaggen in Schwarz-Rot-Gold mischt sich in Markdorf auch eine Fahne, die einige Betrachter zusammenzucken lässt. Die Polizei bestätigt, dass es sich dabei um die Reichskriegsflagge handelt, die – in dieser Version – allerdings weder eine Ordnungswidrigkeit darstelle noch strafbar sei.

Früher Sonntagabend in Markdorf. Deutschland hat England gerade 4:1 geschlagen, viele begeisterte Fans fahren hupend und lärmend durch die Innenstadt. Auch dieses Paar: Ein junger Mann sitzt am Steuer, seine Beifahrerin, eine junge Frau, hält die kaiserliche Reichskriegsflagge in den Farben Schwarz-Rot-Weiß aus dem Autofenster. In der Mitte prangt der schwarze Reichsadler, oben links das Deutschordenskreuz.

Strafbar ist in Deutschland nur die Verbreitung und Darstellung der Kriegsflagge des Dritten Reiches (in der seit 1935 verwendeten Version mit Hakenkreuz). Zur Verwendung der Versionen ohne Hakenkreuz – wie in Markdorf -- gibt der deutsche Verfassungsschutz an: „Die Führung der ,Reichskriegsflagge‘ erfüllt weder einen Tatbestand des Strafgesetzbuches noch des Ordnungswidrigkeitengesetzes.“

Die kaiserliche Reichskriegsflagge steht mit dem Nationalsozialismus grundsätzlich nicht in Verbindung. Dennoch: Die Flagge des Kaiserreichs wird gegenwärtig auch von Gruppierungen des extrem rechts stehenden Spektrums verwendet, heißt es beispielsweise in Wikipedia.

Die Polizeisprecher in Friedrichshafen schließen sich diesem Gedanken nicht an. „Ich denke nicht, dass sich die rechte Szene dieser Fahne bedient“, heißt es dort. Aus einfachem Grund: Weil sie Aufmerksamkeit errege. Die Beamten bekommen immer mal wieder Nachfragen aus der Bevölkerung, wenn die Reichskriegsflagge irgendwo auftaucht. Sei es an einem Wohnhaus, sei es in einer Gartenanlage. „Ich denke, das entspringt einem nationalen Bedürfnis heraus“, sagt ein Beamter, so, wie es aus seiner Sicht auch beim Autocorso in Markdorf geschehen ist. Vielleicht sei die Flagge schon jahrelang in Familienbesitz gewesen. Jetzt, durch die deutschen Siege bei der WM und dem dadurch entstehenden Nationalgefühl, werde sie beim Jubel geschwenkt. Strafbar sei das nicht, solange es nicht in Zusammenhang mit dieser Flagge zu strafbaren Vorfällen oder Handlungen komme.

Die Beamten aus dem Bereich Staatsschutz nähmen die Reichskriegsflagge bei solchen Anlässen immer mal wieder wahr. „Ich selber habe sie noch gar nie gesehen“, so Polizeisprecher Wolfgang Hoffmann. Hinweise, dass das Fußballfest von bestimmten rechtsgerichteten Gruppierungen benutzt werde, gebe es nicht.

Ansonsten gehe es bei den Autocorsi zwar nicht ruhig, aber insgesamt nicht schlimm zu, sagt der Markdorfer Postenleiter Uwe Schröder. Lediglich beim Ghana-Spiel habe einer seiner Kollegen einen Mann buchstäblich aus dem Verkehr ziehen müssen. Der stand mit einer Schwarz-Rot-Gold-Fahne auf der B 33. Uwe Schröder formuliert es trocken: „Da sind um diese Uhrzeit nicht nur Fußballfans unterwegs.“