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Dreikönigstreffen

„Nicht Hetzern und Lügnern das Feld überlassen“

Langenargen / Lesedauer: 4 min

SPD-Generalsekretärin Luisa Boos beim 99. Dreikönigstreffen des Ortsverbands Langenargen-Eriskirch
Veröffentlicht:09.01.2018, 15:00

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Die Generalsekretärin der Landes-SPD, Luisa Boos, hat sich beim 99. Dreikönigstreffen des SPD-Ortsvereins Langenargen-Eriskirch im Beisein von Genossen der Sozialistischen Bodensee-Internationale ( SBI ) aus der Schweiz und Österreich skeptisch über eine „Große Koalition“ in Berlin geäußert und zur Erneuerung der Partei aufgerufen. Nötig sei eine neue Debatten-Kultur, die heute oftmals von Arroganz geprägt sei und sprachlos machen könne.

Im gut gefüllten Münzhof warnte Boos davor, „Hetzern und Lügnern“ das Feld zu überlassen, die für alles „Schuldige“ kennen, „aber für nichts eine Lösung haben“. Die Probleme der Zeit seien nicht durch und in Nationalstaaten zu lösen, sondern in einem geeinten Europa, das die Welt besser machen könne, bemerkte sie mit einem Seitenhieb auf die CSU, die dieser Tage ausgerechnet Viktor Orbán eingeladen hatte. In ihrem Streifzug durch die Herausforderungen des begonnenen Jahres kritisierte sie die Märkte, die diese Demokratie verachteten und nicht mehr nur vor sich hertrieben. Gefragt sei ein Europa mit weniger Finanzmärkten und Steuervermeidung und mehr Initiativen gegen Sozialdumping. Die Vereinigten Staaten von Europa, „das ist unsere Vision seit 100 Jahren“, postulierte die Generalsekretärin eine alte Idee als aktueller denn je. Viele junge Menschen seien deshalb im vergangenen Jahr in die SPD eingetreten. Allein in Baden-Württemberg schrieb die SPD 2700 neue Mitglieder, davon viele im Alter unter 35 Jahren. „Die SPD ist jünger geworden, lasst uns mutig sein“, rief sie in den Saal.

In ihrem Partei-Erneuerungs-Appell rief Boos zu mehr Kommunikation auf. „Meldet euch, wenn ihr etwas auf dem Herzen habt. Meine Handy-Nummer habt ihr ja“, bot sie an, die Partei-Erneuerung gemeinsam in die Hand zu nehmen, denn: „Der Kontakt mit Menschen bringt uns alle weiter, ohne Austausch gibt es keine Verständigung.“ Es ist ein Privileg, in einem Rechtsstaat in Freiheit zu leben, animierte sie zum Streiten und zum Kampf gegen Armut in diesem reichen Land auf.

Teilweise schlechte Zustände im Gesundheitswesen

Luisa Boos streifte Themen des Landes, in dem es im Tarifstreit nicht um mehr Lohn sondern um kürzere Arbeitszeiten gehe, die allen zugute kommen. Dabei rief sie dazu auf, im Projekt „Zukunft der Arbeit“ der SPD mitzuarbeiten. Dort geht es unter anderem um ein bedingungsloses Grundeinkommen, die Mitbestimmung in der digitalisierten Welt oder den Acht-Stunden-Tag in Arbeit, der „völlig aus der Zeit“ falle. Nötig sei, über den Wert der Arbeit in der Gesellschaft zu sprechen. „Wir brauchen eine Erwerbstätigen-Versicherung und eine Bürgerversicherung“, forderte sie. „Bange“ ist ihr über manche Zustände im Gesundheitssystem. Weitere Themen in 2018: besser bezahlte Schulleiter nicht von den Kommunen bezahlen zu lassen, für Bildung mehr Geld in die Hand zu nehmen und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Jens-Hermann Treuner, der stellvertretende Ortsvorsitzende, hatet eingangs an die Vereinsgründung am 6. Januar 1919 in der „Krone“ erinnert, dem Bläserquartett der Jugendmusikschule Langenargen unter der Leitung von Florian Keller für die musikalische Begleitung gedankt und im Beisein von Bürgermeister Achim Krafft gemeint, die Genossen seien im Gemeinderat nicht immer „bequem“ und in der Gemeinde gut integriert. Dem Vorsitzenden Mirko Meinel und Charly Maier galten Grüße zur baldigen Genesung.

Der SPD-Kreisvorsitzende Dieter Stauber bemerkte zu den am Montag beginnenden „so nicht gewünschten“ Sondierungsgesprächen: „Alle Hoffnungen liegen auf den Schultern der SPD.“ In diesem Zusammenhang lud er zu einem „Tag der Debatte“ am Freitag, 12. Januar, um 19 Uhr in den Gasthof „Gehrenbergblick“ nach Kluftern ein, wo die Ergebnisse der Sondierungsgespräche mit den Mitgliedern diskutiert werden sollen. „Wir gehen spannenden Zeiten entgegen“, prognostizierte Stauber, der dabei den „enormen Aufwand“ erwähnte, den Neuwahlen erfordern würden. Nicht ganz ernst gemeint war sein Hinweis, dass der Mitgliederaufnahmestopp in die SPD aufgehoben sei.

Staubers Dank galt den Langenargener Sternsingern mit Bettina Häberle für ihren Sammeleinsatz gegen Kinderarbeit in der Welt. Auch beim Dreikönigstreffen gingen die Spendendosen durch die Reihen. Sein besonderer Gruß galt Bürgermeister Achim Krafft, der – obwohl seine politische Heimat nicht die SPD ist – während des Dreikönigstreffens „tapfer“ hinter der SPD-Fahne ausharrte.