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Impfmüde

Kinderärzte wollen Impfmüde aufwecken

Langenargen / Lesedauer: 3 min

Beim Kinderheilkundetag in Langenargen spricht der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (STIKO)
Veröffentlicht:19.11.2019, 12:00

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Den Internationalen Kinderheilkundetag im Schloss Montfort haben am Samstag im Vergleich zum Vorjahr 40 Prozent mehr Mediziner besucht. Dabei war der Spiegelsaal schon 2018 gut gefüllt. Schwerpunktthema war das umstrittene Thema Impfen, für das nicht nur der Facharzt für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Dr. Frank Kirchner eine Lanze brach: „Impfstoffe gehören zu den bestüberwachten und -überprüften Medikamenten. Wir haben gute Impfstoffe, aber wir müssen sie auch einsetzen.“

Gemeinsam mit seinem Kollegen Dr. Christof Metzler aus Langenargen hat Kirchner, der aus Vogt kommt, im vergangenen Jahr den Internationalen Langenargener Kinderheilkundetag aus dem Dornröschenschlaf erweckt und mit Erfolg neu aufgelegt. Da Impfen immer wieder in der Kritik steht und besonders bei der erwachsenen und älteren Bevölkerung eine gewisse Impfmüdigkeit festzustellen ist, wurde vor allem über das Thema „Tetanus-, Diphterie- und Poliomyelitisimpfung (Kinderlähmungsimpfung)“ und die Frage referiert und diskutiert: Braucht man das heute überhaupt noch?

Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut (STIKO), Professor Thomas Mertens aus Ulm, war passend zum Schwerpunktthema und vor dem Hintergrund der Bundestagsentscheidung zur Masernimpfung, nach Langenargen gekommen, um über die Frage „Pro und Contra Impfpflicht“ zu referieren. Sein Credo: Im Kampf gegen Infektionskrankheiten spielen die Verbesserung der Lebensumstände und Impfungen eine herausragende Rolle.

Sein Beispiel: Weltweit starben 2002 noch 2,5 Millionen Kinder an impfpräventablen Erkrankungen. Durch Impfungen sei die Welt in zehn Jahren von menschlichen Pocken befreit worden. Heute gebe es in Deutschland bei Säuglingen und Kindern keine Erkrankungen mehr an Diphterie und Tetanus und einen Rückgang bei Masern, Mumps und Röteln. Weshalb Appelle, zum Impfen zu gehen, oft verpufften. Dabei sei Impfen nach wie vor die effektivste prophylaktische Maßnahme, betonte Mertens. Probleme, vor die alte und neue Virusinfektionen stellen, lassen sich nur durch eine Impfung wirklich lösen, stellt der Professor aus Ulm fest.

Tragischer Todesfall

Ute Arndt, Diplom-Humanbiologin und Leiterin Medizin & Wissenschaft beim mitveranstaltenden Deutschen Grünen Kreuz in Marburg, forderte von der Bevölkerung, beim Impfen nicht nachzulassen und daran zu denken, dass die Immunität begrenzt ist und Auffrischungen nötig sind. Impflücken gebe es vor allem bei älteren Erwachsenen. Sie sprach sich trotz aller verbesserter Zahlen für alle drei Impfungen Tetanus, Diphterie und Poliomyelitis aus.

Eingangs der Tagung referierte Christof Metzler vor dem Hintergrund eines Todesfalles (die SZ berichtete ausführlich) über die Prävention durch Impfung gegen Meningokokken-B-Erreger. Bei Menigokokken handelt es sich um Bakterien, die sich im Nasen-Rachen-Raum von Menschen befinden. Einer von zehn Erwachsenen trage Meningokokken auf den Nasen-Rachen-Schleimhäuten – ohne selbst daran zu erkranken. Er könne sie aber auf andere Personen übertragen. Das höchste Risiko bestehe für Säuglinge und Kleinkinder, da sie noch kein ausgereiftes Immunsystem haben.

Christof Metzler berichtete von dem Fall des 15-Jährigen aus der Region, der kurz nach dem Erkennen, nach Flecken am Körper und Schüttelfrost, nach Herzstillstand und drei Stunden Reanimation im Krankenhaus starb. Keine 22 Stunden nach dem Erkennen der Symptome. Wäre er als Jugendlicher geimpft worden, hätte sein Leben gerettet werden können.