Die Berichterstattung der „Schwäbischen Zeitung“ zur Kündigung des Musikschulleiters Karlheinz Vetter hat offensichtlich für große Aufregung im Kressbronner Rathaus gesorgt. Bürgermeister Daniel Enzensperger hat als Reaktion auf den Artikel eine Pressemitteilung an den Presseverteiler der Region verschickt, in der er die Berichterstattung in der SZ scharf angreift. Wie berichtet geht Vetter nach knapp 20 Jahren aufgrund von Unstimmigkeiten mit dem Rathauschef im April kommenden Jahres nach Tettnang. Weitere Verwaltungsmitarbeiter klagen nach Informationen unserer Redaktion über die Arbeitsatmosphäre im Rathaus.
Neue Hintergründe zur Kündigung des Musikschulleiters enthält die Pressemitteilung aus dem Rathaus nicht. Karlheinz Vetter sei in seiner Funktion Angestellter der Gemeinde Kressbronn gewesen. Vonseiten der Gemeinde gebe es eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Angestellten, weshalb man sich nicht äußern werde. „Aber auch ein Arbeitgeber hat Anspruch auf die Loyalität seiner Angestellten, besonders dann, wenn sie in leitender Funktion und langjährig tätig sind“, schreibt Daniel Enzensperger mit Blick auf die Personalie Vetter. Und: „Ein Mitarbeiter trägt selbst die Verantwortung dafür, wie er nach seiner Kündigung agiert.“ Eine Aussage, die durchaus als Warnung an Karlheinz Vetter verstanden werden kann. Auf Nachfrage der Schwäbischen Zeitung bestätigt das Rathaus, dass man nach der Kündigung des Musikschulleiters „intern und im angemessenen vertraulichem Rahmen“ mit Führungskräften „alle denkbaren Szenarien und Handlungsmöglichkeiten“ durchgesprochen“ habe. Eine Aussage zum Inhalt der Gespräche wolle man nicht machen.
Der Bürgermeister kritisiert an der bisherigen Berichterstattung, dass „Belege und Gründe“ für Vetters Sicht der Dinge fehlten. Der Musikschulleiter hatte sein Ausscheiden aus dem Amt damit erklärt, „dass die Zusammenarbeit mit Bürgermeister Enzensperger immer schwieriger geworden“ sei. Näher wollte Vetter öffentlich nicht auf seine Beweggründe eingehen. Allerdings erreichen die Schwäbische Zeitung Stimmen, die übereinstimmend und unabhängig voneinander meinen, dass die verschiedenen Positionen der beiden – im Musikverein war der Dirigent der „Chef“, außerhalb hatte der Bürgermeister das Sagen – dem Verhältnis untereinander nicht zuträglich gewesen seien.
Nicht nur viele Kressbronner bedauerten in den vergangenen Wochen die Kündigung des beliebten Jugendmusikschulleiters und Dirigenten in Leserbriefen oder Gesprächen bei verschiedenen Anlässen. Auch ein Teil der Gemeinderäte hat seinen Unmut in der jüngsten nichtöffentlichen Gemeinderatssitzung geäußert, wie der Schwäbischen Zeitung in mehreren Gesprächen mit verschiedenen Fraktionen bestätigt wurde. Das Rathaus verweist auf Nachfrage auf die Vertraulichkeit nichtöffentlicher Sitzungen.
„Lediglich Behauptungen“
Daniel Enzensperger dementiert in seiner Mitteilung, dass es – wie von der „Schwäbischen Zeitung“ berichtet – in der Kressbronner Verwaltung zwischen dem Rathauschef und weiteren Mitarbeitern zu Unstimmigkeiten gekommen sei: Dafür gebe es keine Belege, keine Namen, es seien „lediglich Behauptungen“. Die „Schwäbische Zeitung“ sei ihrer Pflicht zur „sorgfältigen Recherche und Prüfung“ nicht nachgekommen, findet Enzensperger. Ihm lägen „keinerlei Informationen zur Richtigkeit der Behauptungen vor“.
Die umfangreichen Nachforschungen unserer Redaktion zeichnen jedoch ein anderes Bild: Gespräche mit mehreren aktuellen und ehemaligen Mitarbeitern aus verschiedenen Bereichen der Verwaltung zeigen, dass im Rathaus an etlichen Stellen eine Arbeitsatmosphäre beklagt wird, die nach übereinstimmenden Aussagen von Dienstanweisungen, Kontrolle, fehlendem Vertrauen und mangelnder Wertschätzung geprägt sei.
In einer Stellungnahme des Rathauses steht hierzu, dass öffentliche Verwaltungen einem „permanenten Anpassungsdruck“ ausgesetzt seien. „Nicht allen gefällt das“, heißt es weiter. Enzensperger habe die Kressbronner Verwaltung „weiterentwickelt und auch modernisiert“, sie sei „kein Selbstzweck“, sondern für die Bürger da. Solche Veränderungen würden „von dem einen oder anderen als Störung empfunden“. Man sei aber im Austausch mit den Mitarbeitern und stehe jetzt vor einer längeren Konsolidierungsphase.