StartseiteRegionalBodenseeKonstanzAnschlag in Straßburg: Chérif C. erhielt vor der Tat einen Anruf aus Deutschland

Anschlag

Anschlag in Straßburg: Chérif C. erhielt vor der Tat einen Anruf aus Deutschland

Konstanz / Lesedauer: 3 min

Unklar ist, wer ihn angerufen hat und warum. Der mutmaßliche islamistische Terrorist saß schon mehrmals im Gefängnis - auch in Baden-Württemberg.
Veröffentlicht:12.12.2018, 13:47

Von:
Artikel teilen:

Der mutmaßliche Attentäter von Straßburg Chérif C. wurde unmittelbar vor der Tat aus Deutschland angerufen.

Das erfuhr das rbb Inforadio aus Sicherheitskreisen. Er ging jedoch nicht ans Telefon. Unklar ist, wer ihn angerufen hat und warum. Dieser Frage gehen deutsche Ermittler nun intensiv nach.

Am Tag nach dem Anschlag in Straßburg mit drei Toten und zwölf Verletzten ist der Täter weiter auf der Flucht. Französische und deutsche Ermittler, auch in Baden-Württemberg und Bayern, fahndeten am Mittwoch unter Hochdruck nach dem mutmaßlichen Islamisten Chérif C., der nach Angaben von Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) auch in Deutschland bereits im Gefängnis war.

Der 29-Jährige habe in Konstanz und Singen ab Juni 2016 wegen Einbruchsdelikten eine Haftstrafe abgesessen. „Er wurde im Februar 2017 aus der Haft abgeschoben. Gleichzeitig wurde gegen ihn ein zehnjähriges Einreise- und Aufenthaltsverbot für die Bundesrepublik Deutschland verhängt“, sagte Strobl .

Wir müssen Stand heute von einem feigen Attentat ausgehen

Thomas Strobl, Innenminister von Baden-Württemberg

C. hat nach Angaben der Pariser Terrorstaatsanwaltschaft ein langes Vorstrafenregister: Er wurde 27-mal in Frankreich, Deutschland und der Schweiz verurteilt. Seine Tat am Mittwoch war wohl islamistisch motiviert. Der Angreifer rief nach Angaben von Zeugen „Allahu Akbar“ (Gott ist groß), wie Staatsanwalt Rémy Heitz in Straßburg erklärte. Laut Heitz eröffnete C. am Dienstagabend gegen 19.50 Uhr mit einer automatischen Pistole das Feuer nahe des Straßburger Münsters, wo der Weihnachtsmarkt stattfindet.

Er sei dann durch die Fußgängerzone gelaufen und habe Menschen beschossen und mit einem Messer angegriffen. Zwei Personen, unter ihnen ein thailändischer Tourist, wurden getötet, ein drittes Opfer wurde später für hirntot erklärt. Strobl sagte in Stuttgart: „Wir müssen Stand heute von einem feigen Attentat ausgehen.“

Die Suche nach dem Franzosen mit nordafrikanischen Wurzeln lief am Mittwoch auf Hochtouren, die Ermittler baten die Bevölkerung in einem öffentlichen Fahndungsaufruf um Mithilfe. Hunderte Beamten waren nicht nur in Straßburg und Umgebung, sondern auch im Süden Deutschlands im Einsatz.

Die Sicherheitsmaßnahmen entlang der deutsch-französischen Grenze wurden verschärft. Dass der Gesuchte über die Grenze geflohen ist, könne nicht gänzlich ausgeschlossen werden. „Seit der Nacht laufen in Baden-Württemberg bei den regionalen Polizeipräsidien und beim Landeskriminalamt Maßnahmen zur Fahndung und Überwachung. Es waren 70 Beamte der Landespolizei im Einsatz“, erklärte Innenminister Strobl. Auch in Bayern und Rheinland-Pfalz sowie im Saarland wurde gefahndet.

Polizisten kontrollieren an der Deutsch-Französischen Grenze in Kehl alle Fahrzeuge, die aus Straßburg heraus fahren.

Der Terroranschlag entfachte auch in Deutschland die Debatte über Sicherheitsrisiken auf Weihnachtsmärkten aufs Neue. „Grundsätzlich kann man sagen, dass wir eine abstrakte Gefährdungslage schon seit Jahren haben, nicht erst seit dem Attentat auf dem Berliner Breitscheidplatz und jetzt in Straßburg“, stellten unisono die Sprecher der Polizeipräsidien in Konstanz und Kempten auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“ fest. Jede Veranstaltung – vom Fußballspiel bis zum Weihnachtsmarkt – werde sehr genau in Abstimmung mit dem Veranstalter und der Kommune betrachtet.

„Wir können bislang verneinen, dass eine konkrete Gefahr auf unseren Weihnachtsmärkten besteht“, sagte Bernd Schmidt vom Polizeipräsidium Konstanz – und die Kemptener Kollegen erklärten: „Wir raten nicht ab, auf solche Veranstaltungen zu gehen.“