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Gelungenes Weltraum-Rendezvouz

Immenstaad / Lesedauer: 4 min

Alexander Gerst nimmt Airbus-Astronauten-Assistenten Cimon in Betrieb
Veröffentlicht:16.11.2018, 15:47

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Kein Science-Fiction, alles echt: ESA-Astronaut Alexander Gerst hat am Donnerstagmittag im Columbus-Modul auf der Internationalen Raumstation ISS erstmals den frei fliegenden Assistenten Cimon ausgepackt und seinen künstlichen Mitbewohner auch gleich in Betrieb genommen. Nach ein bisschen Smalltalk und Navigationstests präsentierte Cimon „Astro-Alex“ gleich mal die Anleitung für ein Experiment und spielte nebenher ein bisschen Musik ab. Nach 90 Minuten gings für Cimon zurück ins Körbchen, „Feuertaufe bestanden“ lautet das erleichterte Resümee der Airbus-Ingenieure.

„Mit Cimon haben wir eine Airbus-Vision in die Realität umgesetzt. Es ist ein sehr großer Schritt für die bemannte Raumfahrt, den wir hier gemeinsam gehen konnten“, sagt Till Eisenberg, Cimon-Projektleiter bei Airbus . „Durch Cimon haben wir den Grundstein für soziale Assistenzsysteme gelegt, die unter extremen Bedingungen zum Einsatz kommen sollen.“ Cimon steht für Crew Interactive Mobile Companion, er wurde von Airbus in Immenstaad und Bremen im Auftrag des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt und gebaut. Die medizinballgroße, fünf Kilogramm schwere, 3-D-gedruckte Kunststoffkugel ist laut Airbus der erste mit Künstlicher Intelligenz ausgestattete Astronauten-Assistent im Weltraum.

Alexander Gerst arbeitet seit dem 8. Juni auf der ISS, Cimon erreichte die Internationale Raumstation am 2. Juli mit einem Versorgungsflug und wurde erst mal sicher verstaut. Am Donnerstag startet Gerst jetzt die Versuchsreihe mit Cimon, die als Technologie-Experiment für die Mensch-Maschine-Interaktion im All angelegt ist. Gegen 11:40 Uhr wurde es laut Airbus richtig spannend beim deutsch-schweizerischen Cimon-Missionsteam im Bodenkontrollzentrum BIOTESC an der Hochschule Luzern. Zweieinhalb Jahre intensivster Vorbereitungen und unzähliger Trainingsstunden lagen hinter dem Team, das bis zu 50 Leute umfasste. Nach Software-Update, Audio-Check und einem Test der Navigations-Kamera nahm Gerst Cimon in Betrieb. Rund 90 Minuten lang war Cimon dann im Columbus-Modul unterwegs, so lange dauerte „die Weltpremiere, das erste Rendezvous zwischen dem deutschen ESA-Astronauten und dem sich autonom fortbewegenden robotischen Crew-Assistenten“, wie Airbus mitteilt.

Mit den Worten „Wach auf, Cimon!“ wurde der Astronauten-Assitent aufgeweckt, und die Antwort kam prompt: „Was kann ich für Dich tun?“ Nach diesem ersten „Small Talk“ ließ Alexander Gerst Cimon frei schweben – zunächst noch ferngesteuert vom Boden. Damit wurde laut Airbus das so genannte „Guidance, Navigation and Control“-System in Betrieb genommen. Es folgte die autonome Navigation mit mehreren Drehungen und Bewegungen in alle Richtungen, Cimon war demnach in der Lage, das Gesicht von Alexander Gerst zu suchen und Augenkontakt aufzunehmen.

Cimon zeigt Anleitung

Als Demonstration seiner Assistenzfähigkeiten zeigte Cimon auf seinem „Gesicht“, einem Display in der Mitte der Kugel, die Anleitung für ein Schüler-Experiment zur Kristallisation, ein Video mit dem Rubik-Zauberwürfel und spielte einen Musiktitel ab. Er testete seine Ultraschallsensoren, die bei ihm eine ähnliche Funktion wie die Einparkhilfe beim Auto haben, und nahm mit seinen integrierten Kameras ein Video und ein Foto von Alexander Gerst auf. Zum Abschluss brachte Alexander Gerst seinen Crew-Assistenten wieder an seinen Platz im Columbus-Modul zurück.

„Es ist ein unglaubliches Gefühl, zu erleben dass Cimon wirklich sieht, hört, versteht und spricht. Dieser erste echte Einsatz im All bedeutet für uns ein Stück Raumfahrtgeschichte und stellt den Beginn für einen hoffentlich langen Einsatz auf der ISS“, sagte Christian Karrasch, Cimon-Projektleiter in der deutschen Raumfahrtagentur im DLR. Das System Cimon sei in dieser Form weltweit einzigartig: „Wir betreten Neuland und erweitern den technologischen Horizont in Deutschland.“

Cimon kann laut Airbus im All Informationen, Anleitungen zu wissenschaftlichen Experimenten und Reparaturen darstellen und erklären. Der Astronaut habe dadurch beide Hände frei und außerdem sprachgesteuerten Zugriff auf Dokumente und Medien. Cimon dient außerdem als mobile Kamera, was „Astronauten-Crew-Zeit“ einspart. Vor allem Routineaufgaben könnten durch Cimon erledigt werden, wie etwa die Dokumentierung von Experimenten, Suche nach Objekten und Inventarisierung.

Selbstständiges Lernen von Cimon wurde laut Airbus jedoch ausgeschlossen, er muss aktiv durch einen Menschen trainiert werden. Sein Name erinnere nicht zufällig an „Professor Simon Wright“, den robotischen Assistenten – das „fliegende Gehirn“ – aus der japanischen Science-Fiction-Serie „Captain Future“ – aber eben nur der Name, ansonsten ist alles echt.