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Gedenkstätte

So kann die „Landshut“ ein Gewinn sein

Friedrichshafen / Lesedauer: 4 min

Viele Fragen rund um die Rückholaktion offen – Finanzierung muss geregelt werden – Bund ist in der Pflicht
Veröffentlicht:25.08.2017, 17:48

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An der „Landshut“ scheiden sich in Friedrichshafen die Geister. Ist es falsch/richtig/sinnvoll/gefährlich/egal, wenn das Wrack am Bodensee eine neue Heimat findet?

Martin Hennings blickt mit der lokalen Brille auf ein nationales Projekt und versucht, das Thema einzuordnen.

Bonn, denn dort im Kanzleramt sind im Deutschen Herbst die Entscheidungen gefällt worden. Berlin, die Hauptstadt. Vielleicht noch Stuttgart, das wegen des Gefängnisses in Stammheim und der Prozesse dort eine besondere Beziehung zur Roten Armee Fraktion ( RAF ) hat. Diese drei Orte kommen einem in den Sinn, wenn man über mögliche Standorte für eine „Landshut“- Gedenkstätte nachdenkt. Aber Friedrichshafen? Eher nicht. Natürlich gab es den Anschlag auf Dornier und die Ermordung des MTU-Chefs Zimmermann (nahe München), aber mit der Argumentation kämen zig andere deutsche Städte in Frage.

Es ist auch nicht die historische Verbindung, die dafür gesorgt hat, dass die Wahl des Außenministeriums auf Friedrichshafen fiel. Was waren dann die Gründe? Spätestens an der Stelle muss der unbefangener Beobachter anfangen zu spekulieren, denn viele Fragen bei diesem Thema – und das ist sicher ein Grundproblem rund um die „Landshut“ – bleiben unbeantwortet, viele Antworten schwammig, viele Motive unklar.

Zunächst mal muss man feststellen, dass es keinen offenen Wettbewerb der Standorte gab mit einem geregelten Auswahlverfahren, festen Entscheidungsmaßstäben und einer unabhängigen Jury. Es ist hinter den Kulissen besprochen und entschieden worden. Als Grund wird der Zeitdruck genannt, schließlich wollte man ursprünglich die „Landshut“ zum 40. Jahrestag der Befreiung der Geiseln präsentieren. Reicht das als Argument für eine Hoppladihopp-Entscheidung, die man auch schon vor fünf, zehn oder 15 Jahren hätte treffen können? Böse Zunge behaupten, dass Außenminister Sigmar Gabriel gern noch vor der Bundestagswahl ein Bild von sich und der heimgekehrten Maschine sehen würde.

Andererseits kann man auch sagen, dass es einfach Situationen gibt, in denen man zuschlagen muss, weil ansonsten die Chance vorüberzieht. Wenn das Dornier-Museum jetzt „Vielleicht“ oder „Ja, aber“ gesagt hätte, dann wäre Friedrichshafen vielleicht aus dem Spiel gewesen.

Noch fehlt ein Konzept

Das überzeugende Konzept habe den Ausschlag für Friedrichshafen gegeben, heißt es aus Berlin. Um das beurteilen zu können, müsste man das Konzept mal gesehen haben, wenn es denn bisher eines gibt. Vielleicht hat auch ganz banal eine Rolle gespielt, dass genug Raum vorhanden, eine Instandsetzung am Flughafen möglich und kein weiterer Transport des großen Flugzeugs nötig ist, wenn die „Landshut“-Teile in Friedrichshafen eingetroffen sind.

Zurückhaltend bis ablehnend haben viele Kommunalpolitiker auf die „Landshut“ reagiert. Um dies zu verstehen, muss man daran erinnern, dass das Dornier-Museum im Moment Verhandlungen mit der Stadt über eine finanzielle Unterstützung des privaten Hauses führen möchte – und dabei, so hört man zumindest, fordernd aufgetreten sei und durchaus mit einer Schließung des Museums gedroht habe. Wie passt ein Großprojekt in Sachen Terrorgedenken in diese Großwetterlage? Ist es glaubhaft, dass ein Haus nicht mehr zu finanzieren sein soll und man gleichzeitig eine Erweiterung vorbereitet? Mehr Museumsfläche heißt mehr laufende Kosten. Es wäre spannend, die Beweggründe für dieses Verhalten zu erfahren. Bisher aber gibt sich die Familie Dornier auch an dieser Stelle sehr zugeknöpft.

Wenn man die „Landshut“-Aktion fair bewerten will, dann muss man das Thema aber von der Finanzierung des Dornier-Museums inhaltlich trennen. Das Flugzeug ist ein nationales Symbol der Wehrhaftigkeit gegen Terror und politisch motivierte Gewalt. Der Bund muss dafür aufkommen, nicht die Stadt, nicht die Zeppelin-Stiftung. Wer Rat und Rathaus hinter sich bringen will, muss das sicherstellen, für sofortige Baumaßnamen und den dauerhaften Unterhalt. Wenn danach erheblich mehr Menschen ins Dornier-Museum kommen als jetzt, dann könnte dort der jährliche Verlust sinken. Als weiteres Druckmittel in Richtung Stadt lässt sich der Flieger eher nicht einsetzen, wenn der Bund hinter der Aktion steht und zuverlässig bezahlt.

Für Gesprächsstoff sorgen

Unter diesen Voraussetzungen kann die „Landshut“ ein Gewinn für Friedrichshafen werden. Sie wird Menschen in die Stadt locken, sie wird für Gesprächsstoff sorgen, sie wird zum Nachdenken anregen, sie wird den Namen „Friedrichshafen“ bekannter machen.

All dies setzt natürlich voraus, dass aus dem maroden Flugzeug kein bloßer Treffpunkt für Schaulustige, kein Gruselort wird, sondern eine würdige Gedenkstätte. Ein Ort, der einen Teil unserer jüngeren Geschichte erzählt, erklärt und einordnet, vielleicht sogar über die RAF hinaus das Thema Terror aufarbeitet. Und ein Ort, der das Andenken an die Opfer dieses Terrors wahrt.