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Reichsbürger: „Gelber Schein“ statt Perso

Friedrichshafen / Lesedauer: 2 min

Landratsamt verzeichnet verstärkte Nachfrage nach dem Staatsangehörigkeitsausweis
Veröffentlicht:31.08.2017, 20:19

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Das Landratsamt des Bodenseekreises registriert eine verstärkte Nachfrage nach so genannten Staatsangehörigkeitsausweisen. Dieses amtliche Papier ist bei so genannten Reichsbürgern sehr beliebt, weil es als einzig gültiger Ausweis und Nachweis deutscher Herkunft gilt.

Der Staatsangehörigkeitsausweis ist ein knallgelbes Dokument. Üblicherweise wird es dazu verwendet, die eigene Staatsangehörigkeit nachzuweisen, zum Beispiel bei Adoption von ausländischen Kindern oder bei Erbschaftsangelegenheiten. Inzwischen werden die Behörden hellhörig, wenn jemand den Staatsangehörigkeitsausweis beantragt. Denn im Spektrum von Staatsleugnern, Verschwörungstheoretikern oder Systemverweigerern ist der „Gelbe Schein“ sehr gefragt. Warum? Weil das Dokument auf das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 zurückgeht, als es die Bundesrepublik Deutschland noch nicht gab.

„Auch bei uns wird der Staatsangehörigkeitsausweis über das gewöhnliche Maß hinaus nachgefragt“, teilt Robert Schwarz , der Sprecher des Landratsamts, auf Anfrage der Schwäbischen Zeitung mit. Im Schnitt wurden von 2007 bis 2014 pro Jahr 41 dieser Dokumente ausgestellt. 2015 waren es 56, 2016 schon 89 – 19 beziehungsweise 40 davon seien mit offenkundigem Reichsbürgerhintergrund gewesen. Nach der Ermordung eines Polizisten im Oktober 2016 in Georgensgmünd sei die Zahl der Anträge mit Reichsbürgerhintergrund abgerissen – bis Jahresende sei lediglich einer noch eingegangen, verrät Schwarz. Für eine schwächere Nachfrage könnte auch der Umstand gesorgt haben, dass das Bundesverwaltungsamt im November 2016 auf dem Papier den Verweis auf das alte Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz gestrichen habe. Gerade auf den sei es den „Reichsbürgern“ aber angekommen.

Inzwischen, lässt Schwarz wissen, haben die so genannten Reichsbürger ihre Argumentationspraxis hinsichtlich dessen Wichtigkeit geändert. „Jetzt ist nicht mehr der Eintrag wichtig, sondern nur noch, dass die Nachweise über die Abstammung bis 1913 zurück zusammen mit dem Antrag vollständig bei der Staatsangehörigkeitsbehörde vorgelegt werden“, sagt der Sprecher des Landratsamts. Die Folge: Seit etwa Anfang März steigt die Zahl der Anträge auf Erteilung eines Staatsangehörigkeitsausweises wieder an – und es gehen wieder vermehrt Anträge mit offenkundigem Reichsbürgerhintergrund ein. „Wir haben bis zum 10. August insgesamt 31 Staatsangehörigkeitsausweise ausgestellt, davon entfallen fünf auf Personen, die diesem Bereich zuzuordnen sind“, erklärt Schwarz.

Der Antrag auf einen Staatsbürgerausweis muss laut Gesetz nicht begründet werden. Um unnötigen Verwaltungsaufwand zu mindern, verlangen einige Landratsämter in Baden-Württemberg dies jedoch inzwischen. Die Behörden am Bodensee verzichten darauf – hier werden die Anträge entgegengenommen und die Ausweise ausgestellt. „Wir können aber bei unseren Antragstellern schon feststellen, dass diese bereits dazu übergehen, fadenscheinige Begründungen anzugeben“, berichtet Schwarz. Aber: „Es wäre sicher mehr Aufwand, die Richtigkeit solcher Begründungen zu prüfen oder Nachweise zu fordern, als die Anträge normal zu bearbeiten.“