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Mysteriöser Gestank: Anwohner schalten Regierungspräsidium ein

Friedrichshafen / Lesedauer: 4 min

Gestank in der Kitzenwiese und Umgebung: Die Betroffenen haben Angst um ihre Gesundheit
Veröffentlicht:16.08.2018, 18:23

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Täglich landen mehrere Beschwerden beim Umweltschutzamt des Landkreises auf den Schreibtischen von Peter Lutat, dem zuständigen Sachbearbeiter, und Peter Neisecke , dem Amtsleiter. Die Menschen werden nachts durch beißenden Gestank aus den Betten geholt und haben langsam die Nase voll. Sie fürchten gesundheitliche Folgen, haben Angst um ungeborenes Leben und wenden sich hilfesuchend an das Regierungspräsidium.

Der Landkreis hatte bereits die Backstube Weber und den dortigen Holzbackofen als mögliche Quelle der Geruchsbelästigung identifiziert, geht aber von weiteren möglichen Quellen aus und will auf ein Gutachten warten, das zurzeit von einem Metereologen erstellt wird. Die Ergebnisse sollen bis Mitte September vorliegen.

Das dauert den Menschen in der Kitzenwiese und umliegenden Wohngebieten zu lang. Sie wollen wieder schlafen können und sicher sein, dass die stinkenden Substanzen keine gesundheitlichen Folgen nach sich ziehen.

Der Landkreis hat auf Anfrage der Schwäbischen Zeitung mitgeteilt, dass, „nachdem sich das Landratsamt nun schon mehrere Monate lang mit dem Fall Kitzenwiese befasst, Daten sammelt und fahndet, die ermittelnden Behörden bisher keine Hinweise haben, dass Schadstoffe in unzulässiger Menge oder Weise auf das Wohngebiet einwirken.“ Belegbare Gesundheitsbeeinträchtigungen, die direkt in den Zusammenhang mit der vorhandenen Geruchsbelästigung gebracht werden können, sind dem Amt ebenfalls nicht bekannt. Darüber hinaus könne das Gesundheitsamt zum jetzigen Zeitpunkt keine gesundheitliche Bewertung der Geruchsbelästigung in der Kitzenwiese vornehmen, teilt der Sprecher des Landkreises, Robert Schwarz mit.

„Aktuell lassen wir in einem Gutachten prüfen, ob möglicherweise die Ausbreitungsbedingungen insbesondere für den Rauch aus der Backstube zu erheblichen Belästigungen führen können. Wäre dies der nachweisbare Fall, gäbe es möglicherweise einen Ansatzpunkt für behördliche Maßnahmen, um die Anwohner zu entlasten. Auch werden weiterhin über die Backstube hinaus andere Quellen und Ansatzpunkte geprüft“, heißt es in dem Schreiben weiter.

Zufrieden ist niemand

Auch wenn das aktuelle Ergebnis weder die Anwohner noch das Umweltschutzamt des Landkreises zufrieden mache, reagiere das Landratsamt bereits seit längerer Zeit auf die vorhandene Belästigung. Juristische oder materielle Ansatzpunkte für ein behördliches Einschreiten habe man dabei aber noch nicht erarbeiten können. Mit anderen Worten ändert sich gerade effektiv nichts. Die Untersuchungen laufen jedoch und die Behörde ist aktiv. Ein Umweltschutzamt hat aber ohne handfeste Daten keinerlei Handhabe gegenüber einer Backstube, den Betrieb eines Holzbackofens zu untersagen, der nach geltendem Recht und Vorschriften installiert wurde und ebenso legal betrieben wird.

Indes wenden sich die Anwohner, die ihre Beschwerdeflut mittlerweile organisiert haben, mit einem Hilfeersuchen an das Regierungspräsidium. Dorthin ist am Mittwoch ein Schreiben auf den Weg gegangen, das nicht nur die Kopien der Berichte über dieses Gestankproblem aus der Schwäbischen Zeitung beinhaltet, sondern auch die Bitte, sich als Aufsichtsbehörde um das Problem zu kümmern.

„Seit cirka 2015 werden wir regelmäßig in der Nacht von einem unerträglichen Gestank heimgesucht. Anfangs circa dreimal pro Woche, inzwischen sechsmal pro Woche, ausgenommen Samstag auf Sonntag. Die Uhrzeit ist unter der Woche etwa 2 bis 3 Uhr – seit wenigen Tagen etwa 3 bis 3.30 Uhr. Freitag auf Samstag etwa 0 Uhr“, beginnt das Schreiben an den RP. Seit einem Gespräch mit den Vertretern des Landratsamtes sei bekannt, wie kompliziert die Suche nach den Verdächtigen ist und wie teuer es wäre, einen externen Gutachter mit der Klärung zu beauftragen. In dem Schreiben werden auch die gesundheitlichen Bedenken mitgeteilt. „Die Symptome bei uns Betroffenen sind unter anderem Hustenreiz bis zum Erbrechen, Augenreizungen, geschwollene Augen, Hautausschläge, Kratzen im Hals, Asthmaanfälle, weitere Lungenerkrankungen.“

Schlaflose Nächte

Mit massiven Schlafstörungen gehe die Liste weiter. Es gebe Betroffene, die den Wecker stellen, um rechtzeitig alle Fenster zu schließen. Aktuell habe sich noch eine Frau gemeldet, die ein Kind erwartet. Sie mache sich große Sorgen wegen ihrer Schwangerschaft.

Aus den genannten Gründen bitten die Betroffenen in der Kitzenwiese und den umgebenden Straßen das Regierungspräsidium „dringend, als zuständige Aufsichtsbehörde tätig zu werden und diese unzumutbaren Zustände endlich endgültig aufzuklären und zu beenden.“ Das Regierungspräsidium wertet das Schreiben als Fachaufsichtsbeschwerde und prüft diese.