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Mit Hakenkreuz und Judenstern ins Theater - Kritik wird laut

Friedrichshafen / Lesedauer: 3 min

Das Theater Konstanz verteidigt im Vorfeld sein Konzept von Taboris „Mein Kampf“
Veröffentlicht:17.04.2018, 18:42

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Die Pressekonferenz des Theaters Konstanz zu „Mein Kampf“ lässt sich in einem Satz zusammenfassen: „Alles Deppen außer uns.“ Die Deppen im Foyer des Theaters sind die Vertreter der Medien sowie solche jüdischer Verbände. „Uns“, also die Wissenden, sitzen auf dem Podium: Intendant Christoph Nix, Regisseur Serdar Somuncu , Dramaturg Daniel Grünauer.

Rechtfertigen in Konstanz ihre geschmacklose Idee: Intendant Christoph Nix (links) und Regisseur Serdar Somuncu.

Vor allem Nix und Somuncu bescheinigen im Laufe dieser teils emotionalen Stunde den Anwesenden unehrlich zu sein, die Dinge verfälscht wiederzugeben, der „provinziellen Dünnhäutigkeit“, „kein wirkliches Engagement“ zu zeigen und vieles mehr. Gut, dass nun das Theater Konstanz Zivilcourage zeige, was anderswo „nicht ausreichend bekämpft“ werde.

Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit sind es, die von Medien und Öffentlichkeit nicht ausreichend bekämpft würden. Bundesweit ein Thema war zuletzt allerdings, mit welchen Instrumenten das Theater Konstanz dies tun will. In der Kritik steht unter anderem der Premierentermin von „Mein Kampf“ – der 20. April, also Hitlers Geburtsdatum. Intendant Nix offenbart dazu nun etwas überraschend, dass diese Idee „von meinem Freund Tabori“ selber stamme. „Mache es an Hitlers Geburtstag, auch wenn sie kotzen werden“, habe dieser ihm schon vor Jahren geraten.

Zum Kotzen, um im Bild zu bleiben, finden Beobachter noch einen ganz anderen Umstand. Nämlich jenen, die „Schwäbische Zeitung“ berichtete, dass Besucher, die eine Karte kaufen, bei der Aufführung einen Judenstern tragen sollen (aber nicht müssen). Wer indes eine Hakenkreuzbinde über den Arm zieht, darf gratis rein. Die Idee dazu kommt von Regisseur Serdar Somuncu, der Moderator, Musiker und Kabarettist ist unter anderem mit szenischen Lesungen von „Mein Kampf“ bekannt geworden. Im Vorfeld hieß es, das Konzept sehe vor, „die vierte Wand zu durchbrechen und die Zuschauer mit zwei stark aufgeladenen Symbolen zu versehen“. Gleichfalls sieht ein Sicherheitskonzept vor, dass Neonazis keinen Zugang zu den Aufführungen erhalten.

Somuncu redet von „Hitler in uns“

Auf der Medienkonferenz erklärt Somuncu nun, wer sich für ein Hakenkreuz entscheide, offenbare „seinen Geiz“. Und überhaupt, fügt er an: „Hitler ist immer und in uns allen da.“

Geiz als Sozialdiagnose eines Theaterabends, Hitler in uns; da klingt manches dann doch vor allem angesichts Anspruchshaltung und Attacken nicht zu Ende gedacht. Auch wenn sich Intendant Nix gegen die nicht zum ersten Mal geäußerten Vorwürfe, vor allem Werbung betreiben zu wollen, wehrt: „Ich bin keine Marketingmaschine.“ Gleichfalls betont er, dass es ihm leid tue, falls das Theater Mitglieder der jüdischen Gemeinde beleidigt habe.

Genau dies steht aber im Raum. „Wir sind gekränkt“, bekräftigt der anwesende Arthur Bondarev von der Synagogengemeinschaft Konstanz. „Sie nutzen die Shoa, um Publicity zu erhalten“, so sein Vorwurf. Und Lasse Stodollick von der Deutsch-Israelische Gesellschaft Bodenseeregion zur „Schwäbischen Zeitung“:

Es ist geschmacklos, wie sich die Zuschauer verhalten sollen. Man macht das Konzentrationslager zu einem Erlebnisspektakel.“

Und nicht zuletzt, sagt Stodollick: „Die Theatermacher immunisieren sich gegen Kritik.“

Am Ende beschwert sich Regisseur Somuncu wortreich und bedeutungsschwanger, weshalb sich niemand für die Inszenierung und das Stück interessiert. Dann verschwindet er eilig zur Probe. Dabei hätte man ihn noch gerne gefragt, woran das wohl liegen kann.