Orchester

Lob, Dank und Bitte

Friedrichshafen / Lesedauer: 3 min

Chor der St. Johannes-Kirche Ailingen mit Werken von Mendelssohn
Veröffentlicht:28.10.2019, 13:10

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Auch für das 30. Konzert unter seiner Leitung hatte Chordirektor ADC Erich Hörmann seine 40 Sänger für den musikalischen Höhepunkt des Jahres bestens vorbereitet. Zusammen mit einem spielfreudigen Orchester mit Musikern aus der Region und „einheimischen“ Solisten bekamen die zahlreichen Zuhörer einen facettenreichen Einblick in das kirchenmusikalische Wirken von Felix Mendelssohn Bartholdy neben seinen bekannten, abendfüllenden Oratorien „Paulus“ und „Elias“.

Nachdem die Posaunen kraftvoll, quasi als Eröffnungsfanfare, mit dem Thema „Alles, was Odem hat, lobe den Herrn“ aus der „Lobgesang“ Sinfonie den Kirchenraum ausfüllten, wurde es in der Hymne „Hör mein Bitten“ zunächst etwas ruhiger. Mit ihrer klaren, zarten Sopranstimme gestaltete Anja Zirkel den hellen Dur Anfang. In den vier miteinander verbundenen Teilen des flehenden Gebets, in häufigem Wechsel zwischen engagiertem Solo und kultiviertem Chor, gelang es Hörmann, die wechselnde Stimmung von innig, bedrohlich oder ängstlich, zuletzt sogar heiter und friedlich plastisch darzustellen. Unterstützt vom hellwach reagierenden Orchester mit solistischen Farbtupfern wie Klarinettengirlanden oder anschwellenden Paukenwirbeln.

Das „Lauda Sion“ für Solostimmen, gemischten Chor und Orchester, nach einer Verssequenz des Thomas von Aquin, zählt zu den bedeutendsten Kirchenkompositionen Mendelssohns. Die Auftragskomposition aus dem Jahr 1845 für den 600. Jahrestag des Fronleichnam-Festes in St. Martin zu Lüttich begann, dem Anlass entsprechend, mit feierlichen Blechbläsern und sauberem vierstimmigen Chorgesang. In der achtsätzigen Komposition war der Chor dann ständig geordert und überzeugte mit klangvollen homophonen Abschnitten in stimmigen Akkorden, präzisen Themeneinsätzen, abgestufter Dynamik und einer einheitlichen Phrasierung der Choralmelodie. Die zentrale Fuge „Sub diversis speciebus“ war klar strukturiert in deutlicher Textverständlichkeit. Die eingeschobenen solistischen Passagen für Sopran lebten von strahlender Höhe in einnehmender Linieführung. Im Solisten-Quartett traten die Einzelstimmen organisch aus dem abgerundeten Gesamtklang hervor. Im letzten Satz führte Hörmann Chor, Orchester und Solisten nach Steigerungen und Schlussfuge zur langen klangvollen Schlussfermate.

Stehende Ovationen

Im Eingang der Psalmvertonung „Wie der Hirsch schreit“ trat der Chor über lyrisch schwingendem 6/8-Takt des Orchesters mit expressivem Klang hervor. Der Sopran-Arie „Meine Seele dürstet nach Gott“ gab Zirkel sehnsüchtigen Charakter. Der Zweifel im Rezitativ „Wo ist mein Gott“ ging zusammen mit dem einfühlsamen Frauenchor in die leuchtende Zuversicht ins Haus Gottes über. Sehr deutlich, bestimmend, präsentierte Hörmann die Kernaussage des Psalms „Harre auf Gott“. Deutlich zu spüren war die Verlassenheit, über instrumentalen Wasserwogen und Wellen, im Solo-Rezitativ „Mein Gott, betrübt ist eine Seele in mir“ um im Folgenden über die viersstimmigen Männerstimmen ihre Klagerufe noch zu steigern.

Nach einem kurzen homophonen Satz, tauchte das „Harre“-Motiv wieder auf und wurde zur eindrucksvollen Fuge „Preis sei dem Herrn“ im vollen Orchesterklang mit strahlenden Trompeten und festlichen Paukenwirbeln. Lang anhaltender, im Stehen gespendeter Applaus.