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"Landshut"-Co-Pilot Jürgen Vietor schildert die dramatischen Ereignisse

Friedrichshafen / Lesedauer: 3 min

"Landshut"-Co-Pilot Jürgen Vietor schildert die dramatischen Ereignisse
Veröffentlicht:22.03.2018, 12:22

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Auch mehr als 40 Jahre nach der Entführung der „ Landshut “ ist Jürgen Vietor noch immer mittendrin im Geschehen. Detailliert und emotional erzählt der damalige Co-Pilot der Lufthansa-Maschine von den fünf wohl dramatischsten Tagen seines Lebens.

Was im Herbst des Jahres 1977 mit der Entführung der Maschine auf dem Flug von Palma de Mallorca nach Frankfurt durch vier palästinensische Terroristen begann und mit der Stürmung des Flugzeugs durch die Eliteeinheit GSG 9 im somalischen Mogadischu endete, hat Vietors Leben auf den Kopf gestellt: „Unter all den Bedingungen und mit einem ermordeten Kapitän dann noch das Flugzeug zu fliegen, das war schon heftig“, so der ehemalige Pilot im Gespräch mit schwäbische.de im Rahmen eines Live-Interviews am Donnerstag auf Facebook .

Vietor nahm sich Zeit für die Fragen der Facebook-Nutzer. So wollte ein Leser von Vietor wissen, ob es denn für ihn ein mulmiges Gefühl sei, auch heute noch als Passagier in ein Flugzeug zu steigen. Die Antwort mag ob seiner Vita, Vietor war nur wenige Wochen nach der Geiselnahme bereits wieder als Pilot unterwegs, auch in der „Landshut“ selbst, wenig überraschen: „Nein, ich habe damit keinerlei Probleme.“

Der Pensionär schilderte eindrucksvoll, wie es für ihn möglich war, trotz ständiger Todesangst und fünf Tage völlig ohne Schlaf die ramponierte Maschine sicher nach Mogadischu fliegen zu können.

Auch die entscheidenden Minuten der Erstürmung durch die GSG 9 sind für Vietor nach wie vor präsent: „Plötzlich ein Radau in der Maschine ,Köpfe runter! Wo sind die Schweine?’ Und da wussten wir: Jetzt passiert was, endlich deutsche Stimmen.“

Vietor überlebte die Stürmung wie sämtliche Passagiere und Crew-Mitglieder unverletzt, drei der vier Terroristen kamen ums Leben. Ob Vietor der überlebenden Terroristin verzeihen könne, lautete eine weitere Frage der User, die Vietor damit beantworte, dass sie wie eine KZ-Aufseherin wirkte: „Sie war viel schlimmer, als es hätte sein müssen.“

Dass das Wrack der Landshut seine letzte Reise nach Friedrichshafen angetreten hatte, bezeichnete der frühere Co-Pilot als gute Entscheidung. Der Bodensee sei der beste Standort.

2019 soll die im September 2017 nach Friedrichshafen gebrachte „Landshut“ im Dornier Museum in Friedrichshafen in neuem Glanz präsentiert werden. Bis dahin muss die Maschine restauriert und ein Museumskonzept entwickelt werden. Zuvor schildern Zeitzeugen in mehreren Gesprächsreihen ihre Erlebnisse.

Den Anfang macht die Talkrunde am heutigen Freitag, 23. März, ab 19.30 Uhr. Neben Vietor werden die damalige Stewardess Gabriele von Lutzau, Passagierin Diana Müll und der ehemalige GSG 9-Mann Aribert Martin im Gespräch mit dem früheren Chefredakteur der „Schwäbischen Zeitung“, Joachim Umbach, dessen Fragen beantworten und im Dornier-Museum ihre Sicht auf die Ereignisse im Herbst 1977 schildern.