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Jubelschrei

Kevin Kühnert spricht an der Zeppelin-Uni über die Zukunft Europas

Friedrichshafen / Lesedauer: 3 min

Kevin Kühnert redet in Friedrichshafen über die Zukunft der europäischen Sozialdemokratie
Veröffentlicht:09.12.2018, 19:38

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Der erste Jubelschrei aus dem Publikum wirkt an diesem Abend noch etwas deplatziert. Kevin Kühnert, Bundesvorsitzender der Jungsozialisten der SPD , scheint zu Beginn seiner Rede noch etwas zaghaft, muss sein Selbstbewusstsein erst noch herbeireden. Der 29-Jährige ist aus Berlin nach Friedrichhafen an die Zeppelin-Universität gereist, um über die Zukunft der europäischen Sozialdemokratie zu sprechen. Keine leichte Aufgabe.

„Doch wenn nicht er, wer dann?“, sagt ein Häfler noch vor der Veranstaltung. Das denken sich wohl mehrere: Sie pflichten dem Redner mit Kopfnicken zu, unterbrechen ihn im Laufe des Abends immer öfter durch Applaus. Die Atmosphäre könnte dabei nicht passender sein: die sogenannte Blackbox der Universität – ein großer Saal mit pechschwarzen Wänden. Nur der rote Plastiksessel, auf dem Kühnert Platz nimmt, sticht heraus.

Kühnert wirkt unscheinbar: Jeans und blau-schwarzes Karohemd, Sneakers und wenig übertriebene Gesten. Für Applaus lässt er kaum Pausen, will lieber seine Vision von einer erfolgreichen europäischen Sozialdemokratie vermitteln. „Wir müssen genau definieren, was Europa leisten soll. Da ist die Sozialdemokratie vor einer schwierigen Aufgabe“, sagt er. Mit seinen Ausführungen, etwa wie eine ideale Machtverteilung in Europa für ihn aussehen müsse, gibt er den selbstbewussten Politiker. Die Bürger im Alltag abholen, das müssten seine Kollegen im Europaparlament leisten. Doch momentan fehle es hier schlichtweg an Vorbildern.

Ob Kevin Kühnert ein Vorbild für die Sozialdemokraten werden könnte? Der 29-Jährige lebt für die Politik. Seit mehr als 13 Jahren ist der Berliner Parteimitglied. Von 2012 bis 2015 war er Landesvorsitzender der Jusos , wird 2017 nach zwei Jahren vom Stellvertreter zum ersten Vorsitzenden gewählt. Er will seine Partei nach vorne bringen. Doch seine Kritiker, auch aus den eigenen Reihen, werfen ihm das genaue Gegenteil vor: Er schade der Partei mit all seinen Anschuldigungen und Hinweisen auf Fehler der Parteispitze in aller Öffentlichkeit. Diese Vorwürfe fuhr er vor allem durch seine Kampagne gegen eine erneute Große Koalition ein.

Kritik zu seinen politischen Ansätzen gibt es in Friedrichshafen an diesem Abend kaum. Von den rund 150 Zuhörern sind die meisten sind nicht viel älter als der 29-Jährige selbst. Nach mehr als zwei Stunden schließt er ab mit den Worten: „Wir müssen Europa zu unserem Projekt machen“ und ermutigt die jungen Leute im Publikum, selbst aktiv zu werden. Während die meisten Zuhörer bereits aus dem Saal verschwunden sind, wollen die Jusos Kühnert gar nicht gehen lassen: Sie verwickeln ihn in Gespräche darüber, wie man Menschen für die SPD begeistert, und wollen Fotos mit ihm machen. „Ein toller Typ, der richtig inspirieren kann“, sagt ein Student, der seit drei Jahren in der SPD aktiv ist. Er ist sich sicher: Aus Kühnert wird noch mehr als ein Hoffnungsträger.