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Starrluftschiff

Keine echte Konkurrenz für Zeppelin

Friedrichshafen / Lesedauer: 4 min

Zeppeline im Ersten Weltkrieg: Schütte-Lanz baut während des Krieges 20 Luftschiffe – Zeppelin baut 88
Veröffentlicht:01.01.2016, 15:49

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Die heutige Vorstellung von Militärluftschiffen im Ersten Weltkrieg ist vollständig von den Zeppelinen dominiert, also den Starrluftschiffen der Luftschiffbau Zeppelin GmbH. Hauptgrund ist die sehr hohe Stückzahl von 88 zwischen 1914 und 1918 gebauten Schiffen.

Dazu kommt, dass Graf Zeppelin und seine Luftschiffe im Kaiserreich schon vor 1914 in hohem Maße nationalistisch aufgeladen waren und sich Großmachtstreben und Wettrüsten mit dem völlig realitätsfremden Glauben an ein kriegsentscheidendes Waffensystem verbanden. Es gab aber durchaus auch nüchterne Überlegungen zum militärischen Sinn oder Unsinn von Luftschiffen oder deren Vor- und Nachteilen im Vergleich mit Flugzeugen. Diese Fragen waren 1914 nicht abschließend beantwortet und auch die Position der Luftschiffbau Zeppelin GmbH als unumschränkter Marktführer schien nicht unangreifbar.

Erfahrungen im Schiffbau

Am 22. April 1909 hatte der in Oldenburg geborene und in Danzig lebende Schiffbauingenieur Johann Schütte den Luftschiffbau Schütte-Lanz in Rheinau bei Mannheim geründet. Geldgeber und Mitunternehmer war der Industrielle Karl Lanz, einer der engagiertesten Förderer der deutschen Luftfahrt. Schütte hatte Erfahrungen auf den Gebieten des Schiffmaschinenbaus gesammelt, zur Hydrodynamik geforscht und die Schleppversuchsanstalt des Norddeutschen Lloyd in Bremerhaven geleitet.

Die Konzeption des 1911 fertiggestellten SL 1 war in vielerlei Hinsicht verunglückt. Erst mit SL 2 entstand 1914 ein wirklich innovatives und bis in den Ersten Weltkrieg hinein in einigen Komponenten beispielgebendes Luftschiff. Das Wachstum des Unternehmens nach Kriegsbeginn war nicht nur den guten Leistungen der Schütte-Lanz-Luftschiffe zu verdanken, sondern auch dem Wunsch der Militärbehörden, einen Konkurrenten zu Zeppelin zu fördern und ein Monopol zu verhindern.

Mit den im Krieg schnell steigenden Forderungen von Heer und Marine nach immer leistungsfähigeren Luftschiffen in großer Stückzahl zeigte sich die Überlegenheit der Luftschiffbau Zeppelin GmbH. Sehr schnell hatte man sich in Friedrichshafen und an den anderen Standorten auf Rüstungsproduktion unter Kriegsbedingungen eingestellt. Die Zeppeline wurden immer schneller gebaut, im Jahr 1915 waren es 26 Stück. Bei Schütte Lanz wurde eine großzügige Luftschiffwerft, in der die Aufträge von Heer und Marine mit wettbewerbsfähigen Lieferfristen zu erfüllen waren, durch den Aufbau des Standortes Zeesen bei Berlin zu spät in Angriff genommen. In der Gesamtbilanz stehen den 88 Luftschiffen, die die Luftschiffbau Zeppelin GmbH während des Krieges baute, 20 Schütte-Lanz-Luftschiffe gegenüber. Trotzdem waren die Konstruktionen, die unter Federführung des Ingenieurs Franz Kruckenberg entstanden, durchdacht und glänzten in den ersten Kriegsjahren durch fortschrittliche Merkmale und gute Leistungsdaten. Wegen der oft überlangen Bauzeiten finden sich in Statistiken aber auch Angaben wie „bei Inbetriebnahme bereits veraltet“ oder „kriegsunbrauchbar“.

Holzgerippe macht Probleme

Besonderes Merkmal der Schütte-Lanz-Luftschiffe waren die Holzgerippe. Gebaut wurde aus Espensperrholz, dessen Elastizität, Festigkeit und Gewicht den statischen Anforderungen bei den ersten Schiffen durchaus genügte. Allerdings waren die Gerippe in den Kontenpunkten von Anfang an mit Aluminiumbeschlägen verstärkt. Ein Hauptproblem war die Aufnahme von Feuchtigkeit bei längeren Fahrten über See. Dies führte zu Auflösungserscheinungen in den Holzkomponenten und zu einer merklichen Gewichtszunahme der Schiffe.

Trotz aufwändiger Versuche, feuchtigkeitsresistente Leime zu entwickeln und das Holz wirksam zu imprägnieren, konnte dieses Problem nie gelöst werden. Die Holzgerippe waren auch der Grund, warum die Schütte-Lanz-Luftschiffe besonders bei der Marine nie die Bedeutung der Zeppeline erreichten. Peter Strasser, der Oberkommandierende der Marine-Luftschiff-Abteilung, hegte eine regelrechte Aversion, stellte die grundsätzliche Einsatztauglichkeit der Schütte-Lanz-Luftschiffe massiv in Frage und sah in deren Beschaffung reine Verschwendung. Die längst überfällige Umstellung auf Aluminiumbauweise erfolgte zu spät. Bei Kriegsende waren SL 23 und SL 24 mit Aluminiumgerippen im Bau, konnten aber nicht mehr fertiggestellt werden. SL 24 wäre mit einer Länge von 232 Metern und einem Traggasvolumen von 78000 Kubikmetern das größte bis dahin gebaute Starrluftschiff geworden. Damit endete der Luftschiffbau bei Schütte-Lanz nach rund neun Jahren. In den 1920er Jahren machte der erbitterte Patentstreit Schlagzeilen, den Schütte-Lanz gegen die Luftschiffbau Zeppelin GmbH führte. Auch wurden ambitionierte Projekte großer Verkehrs- und Polarforschungsluftschiffe publiziert, gebaut wurde keines davon. Aber die vier Jahre des Ersten Weltkriegs hatten das Unternehmen zum zweitgrößten Produzenten in der Geschichte des Starrluftschiffbaus gemacht.