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Jugendsünde

Jugendsünden holen vier junge Männer ein

Friedrichshafen / Lesedauer: 3 min

Geläutert und auf gutem Weg: Angeklagte bekennen sich vor dem Amtsgericht zum Handel mit Drogen
Veröffentlicht:30.01.2019, 17:52

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Gemeinsam und in unterschiedlicher Besetzung haben sie Betäubungsmittel gekauft, konsumiert und weiter veräußert. Das leugnen sie gar nicht, die vier jungen Männer aus dem Bodenseekreis, die sich seit Mittwoch vor dem Amtsgericht Tettnang verantworten müssen. Sie scheinen geläutert. Und wenn man den Eindrücken vom ersten Prozesstag glaubt, sind sie auf einem guten Weg. Am Montag will das Schöffengericht die Urteile sprechen.

14 Fälle des unerlaubten Besitzes und schwunghaften Handels unter anderem mit Marihuana in größerer Menge im Raum Friedrichshafen , werden dem Quartett vorgeworfen, begangen 2017 und Monate vorher. Zu jener Zeit hat die Gruppe beispielsweise 1486,6 Gramm Marihuana im Häfler Einzugsgebiet verkauft. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Quartett vor, 11 842 Euro erwirtschaftet zu haben. Außerdem wird den Angeklagten der Besitz eines unerlaubten Butterfly-Messers zur Last gelegt.

Von Job zu Job

Die vier Männer, mittlerweile zwischen 20 und 28 Jahre alt, gaben sich nicht nur geläutert, sie machten auch bereitwillig Angaben zu ihren Biografien, die bis heute nicht ohne Brüche verliefen. Abgebrochene Lehrverhältnisse und jede Menge Überbrückungsjobs veranlassten Richter Martin Hussels-Eichhorn in einem Fall zu der Bemerkung: „In welchem Job haben Sie eigentlich noch nicht gearbeitet“? Wobei gerade solche Zeiten und die der Arbeitslosigkeit zur Suche nach Einnahmequellen führten – und zum Drogenhandel.

Beim ältesten Angeklagten haben die Drogenprobleme vor vielen Jahren mit dem Probieren von Kräutermischungen begonnen. „Weil’s halt alle gemacht haben“, sagt er, sei er auch dabei gewesen. Die Mutter hat ihn vom Rauchen wieder weggebracht. Doch sie ist gestorben, konnte ihm ihn mehr helfen.

Keine Erinnerung an den letzten Joint

Abgebrochene Ausbildungen und Kurzzeitjobs waren es auch beim Kollegen, die ihn abstürzen ließen. Mittlerweile kann er sich an seinen „letzten Joint“ nicht mehr erinnern. Auch Einzelgespräche bei der Caritas haben ihm geholfen. „Das hat gepasst“, berichtet er dem Gericht.

„Auf dem Dorf“ bei Friedrichshafen hat einer der Angeklagten unter einem gewalttätigen Vater gelitten, der auch die Mutter geschlagen hat. Der heute 27-Jährige hat verschiedene Schulen von der Grund- über die Förder- und Hauptschule bis zu Waldorfschule besucht, aber keinen Abschluss geschafft. Auch nicht nach einem Berufsvorbereitungsjahr. „Ich wollte nicht mehr in die Schule“, sagt er, arbeitete als Hilfsarbeiter. Heute lebt er wieder in „seinem Dorf“, hat mit seiner Freundin ein kleines Kind und in dessen Betreuung eine „geile Aufgabe“ gefunden, wie er begeistert berichtet. Sein Ziel: Den Führerschein und sich selbstständig machen. Was er auf keinen Fall will: „Weggesperrt werden“ – vor allem wegen seines Kindes, dessen anstehenden Untersuchungstermin er sogar vor dem Gericht präsent hat.

Arbeitsvertrag in der Tasche

Schwierigkeiten, sich in der Schule einzubringen, hatte der Vierte im Bunde. Er komme nicht zur Ruhe, sei „zu schnell , zu flüchtig und nicht zu greifen“, schreibt die Schule in einem Brief an die Eltern, er bereichere aber durch sein sonniges Gemüt das Schulleben, attestiert ihm die Lehrerin. „Ich hab‘ schon relativ viel konsumiert“, gesteht er. Heute hat sich auch das zum Positiven verändert. Er steht kurz vor dem Ausbildungsabschluss und er hat bereits einen Arbeitsvertrag für die Zeit danach in der Tasche.

Im Rückblick, meint einer der Angeklagten, der einräumt, mit seinem Kumpel gemeinsam um die zehn Gramm pro Tag konsumiert zu haben, hätte das Geschehene nicht sein müssen. Er stehe aber dazu. Wenn er in den Knast müsse, hätte er gerne mit eben diesem Kumpel ein gemeinsames Zimmer, wünscht er sich. Das wird schwierig, meinte der Richter.