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Ausweg

Falsche Fünfziger als letzter Ausweg

Friedrichshafen / Lesedauer: 3 min

Schöffengericht verurteilt 29-Jährigen zu Bewährungsstrafe
Veröffentlicht:13.03.2018, 16:51

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Weil er im Darknet 17 gefälschte 50-Euro-Scheine erworben und mit einem davon in einer Bar in Friedrichshafen ein Bier bezahlt hat, hat das Schöffengericht am Amtsgericht Tettnang einen 29-jährigen Mann aus Götzis/Vorarlberg zu einer einjährigen Haftstrafe verurteilt. Dass Richter und Schöffen die Strafe zur Bewährung aussetzten, hat der Mann seinem vollumfänglichen Geständnis zu verdanken – und der Tatsache, dass er bereits drei Monate in Untersuchungshaft saß.

Wie so oft waren es auch bei diesem Angeklagten Geldnöte, aus denen er keinen legalen Ausweg mehr sah und es deshalb auf kriminellem Weg versuchte. Weil ihm sein Strom-anbieter mit einer Forderung von rund 450 Euro im Nacken saß und damit drohte, ihm den Saft abzudrehen, bestellte der Mann im Darknet, einem schwer zugänglichen Bereich des Internets, in dem allerlei illegale Geschäfte abgewickelt werden, für 80 Euro 15 gefälschte 50-Euro-Scheine – zwei weitere gab’s gratis obendrauf.

Von seinem Wohnsitz in Götzis in Vorarlberg fuhr der gebürtige Kölner am Abend des 30. November 2017 mit der Bahn nach Friedrichshafen. Der Plan: In Bars und Kneipen mit falschen Fünfzigern bezahlen, um dann das echte Wechselgeld aufs Konto einzahlen zu können. „Ich sah darin den letzten Ausweg“, konstatierte der Angeklagte vor Gericht.

Er gab zu verstehen, dass er große Hemmungen gehabt und sich deshalb mit einer Flasche Kräuterlikör Mut angetrunken habe. „Sonst hätte ich mich nicht getraut. Es hat mich große Überwindung gekostet“, so der arbeitslose 29-Jährige. Gleich der erste Versuch in einer Pizzeria ging daneben. Der Betreiber erkannte die Fälschung und warf den Mann aus seinem Lokal. Dass er dann gleich nebenan in einer Bar einen weiteren Versuch startete, bezeichnete der Angeklagte vor Gericht selber als „ziemlich dumm“. Dort blieb sein falscher Fünfziger zwar zunächst unentdeckt, doch nachdem der Wirt der Pizzeria kurze Zeit später den Kollegen der Bar warnte, rief dieser die Polizei, die den Angeklagten in der Stadt schließlich festnahm.

Angeklagter entschuldigt sich

Nach den ausführlichen Schilderungen des Mannes war eine Vernehmung von Zeugen weitgehend überflüssig. Den Barbetreiber bat Richter Max Märkle dennoch in den Zeugenstand, nachdem der Angeklagte darauf gedrängt hatte, um sich in aller Form entschuldigen zu können. Auch dies dürfte Richter und Schöffen letztlich mit dazu bewogen haben, in ihrem Urteil nicht der Forderung der Staatsanwältin zu folgen, die für eine Haftstrafe von einem Jahr und drei Monaten ohne Bewährung plädiert hatte. Auch, weil der Angeklagte aktuell noch unter Bewährung steht. Die resultiert aus einem Urteil aus Norddeutschland, wo sich der Mann des schweren sexuellen Missbrauchs schuldig gemacht hatte. Mehrfach hatte er mit einer 13-Jährigen den Geschlechtsverkehr vollzogen.

Im Gegensatz zur Staatsanwältin sah das Gericht in der aktuell verhandelten Straftat einen minderschweren Fall als gegeben an – unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Angeklagte bereits drei Monate in Untersuchungshaft saß. „Die U-Haft hat Sie gerettet“, stellte Richter Märkle fest. Zwar äußerte er auch leise Zweifel, ob der vom Angeklagten angestrebte Neustart auch wirklich gelingt, man wolle ihm aber zumindest die Gelegenheit geben, zu beweisen, dass er die Haftzeit tatsächlich dazu genutzt hat, sich intensiv mit seinem Leben und seiner Zukunft auseinanderzusetzen.