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Requiem

Ein Requiem, das tief berührt

Friedrichshafen / Lesedauer: 3 min

Chorgemeinschaft St. Nikolaus/St. Petrus Canisius gibt Konzert zum Volkstrauertag in St. Nikolaus
Veröffentlicht:18.11.2019, 16:56

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Eine tief berührende Aufführung des Requiems von Duruflé ist der Chorgemeinschaft St. Nikolaus/St. Petrus Canisius unter der Leitung von Nikolai Gersak am Abend des Volkstrauertages. Kultivierter Chorklang breitete sich bei den vorangestellten A-cappella-Motetten vom Altarraum in das Kirchenschiff St. Nikolaus aus. Ein virtuoses Solo von Colin Walsh auf der großen Woehl-Orgel, ebenfalls mit einem Werk von Duruflé, gab dem Chorkonzert eine ganz besondere Note.

Aus der Sammlung „Geistliche-Chor-Musik 1648“ von Heinrich Schütz stand der Satz „Selig sind die Toten“ zur Eröffnung auf dem Programm. In ruhigem Fluss baute Gersak die heikle harmonische Struktur in der sechsstimmigen Motette immer wieder neu auf. Da sich die Chormitglieder in der U-förmigen Aufstellung um den Alter gegenseitig sehen konnten war das durchweg kontrapunktisch verwobene Werk auch in den bewegteren Abschnitten feinst strukturiert und von gegenseitigem Zuhören geprägt. In der mehr homophonen Vertonung „O nata lux“ von Thomas Tallis, dem Meister der englischen Chortradition des 16. Jahrhunderts, wanderten die vielen Umspielungen und melodischen Durchgänge gekonnte durch alle Stimmen. Der vierstimmige Chorsatz des gleichen Textes wurde vom US-Amerikaner Morten Lauridsen, einer Ikone des zeitgenössischen Chorgesangs, im Jahr 1997 neu komponiert. In gewohnter Choraufstellung führten die sauber austarierten, stehenden Akkorde oder Tonrepetitionen, die frei schwebenden Dissonanzen zu einem traumhaft schönen Gesamtklang.

Vertontes Totengedenken

Als vertontes Totengedenken an seinen 1940 im 2. Weltkrieg gefallenen Organistenkollegen Jehan Alain schrieb Maurice Duruflé zwei Jahr nach dessen Tod „Prélude et fugue sur le nom d’Alain“. In schnellem Laufwerk und dunkler Färbung begann Colin Walsh das Prelude mit dem Hauptthema, das durch musikalische Umdeutung den Namen „A-L-A-I-N“ symbolisieren soll. Getragene Akkordverbindungen, meditative Abschnitte im Wechsel mit schnellen Passagen und ein behutsamer Aufbau der Fuge mit einer dramatischen Steigerung zum dreifachen Forte am Schluss ließen dieses Meisterwerk französischer Orgelkunst mit allen Registern der Woehl-Orgel aufblühen.

Ein faszinierendes Hörerlebnis war die klangliche Wirkung des „Requiem“ von Maurice Duruflé in der Fassung für Orgel und Chor von der Empore in St. Nikolaus . Durch nichts abgelenkt, konnte man die Ruhe und den Frieden der Musik einfach genießen. Denn Duruflé stellt nicht das Höllenfeuer in den Mittelpunkt, sondern den Tod „als selige Befreiung“. Die einstimmigen gregorianischen Melodien erlaubten Gersak eine freie Gestaltung, die er immer zu farbigen Bildern entwickelte. Der äußerst sensibel reagierende Chor ergab zusammen mit dem stützenden oder auch hervorragend kommentierenden Orgelklang von Colin Walsh einnehmende Spiritualität. Hervorzuheben neben den vielen „Chorsolisten“ ist Andreas Glatz mit seiner warmen Baritonstimme. Auch Verena Witzig, Mezzosopran, gestaltete ihr Solo im „Pie Jesu“ mit stimmigen Registerwechseln und wurde gefühlvoll von Martina Flatscher am Cello begleitet. Nach gewaltigen Steigerungen zur Darstellung von Schrecken und Furcht des Jüngsten Gerichts führte der letzte Teil „In Paradisum“ zur beruhigenden Schlussfermate im dreifachen Piano.