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„Echt Bodensee Card“: Gemeinden warten ab

Friedrichshafen / Lesedauer: 4 min

Nach Gerichtsurteil wollen Immenstaad und Uhldingen-Mühlhofen die Gästekarte doch nicht 2018 einführen
Veröffentlicht:05.10.2017, 19:05

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Die Urlaubsgäste verabschieden sich zwar so langsam vom Bodensee, Ruhe kehrt deshalb im Bereich Tourismus aber noch lange nicht ein – dank der Querelen um die „Echt Bodensee Card“ (EBC). Wie berichtet hat der Verwaltungsgerichtshof Mannheim die Langenargener Kurtaxe-Satzung, die im Zuge der Einführung der Gästekarte geändert worden war, für unwirksam erklärt. Seitdem feiern die Gegner das Aus der EBC, während die Verantwortlichen beschwichtigen und die Karte erst am Anfang sehen. Derweil warten Gemeinden, die eigentlich 2018 mit der Karte an den Start gehen wollten, jetzt doch lieber ab. Eine Zusammenfassung.

Stand der Dinge: Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat am 18. September wie erwähnt Langenargens Kurtaxe-Satzung für unwirksam erklärt. Geklagt hatte Gastgeberin Annette Pfleiderer aus Langenargen, stellvertretend und unterstützt von weiteren Vermietern. Einer ihrer Vorwürfe: Der Datenschutz sei nicht gewährleistet.

Tatsächlich sollen die Richter unter anderem damit große Probleme gehabt haben, dass die Gäste sich vorab mit der Weitergabe ihrer Daten einverstanden erklären müssen. Und das nicht wie bisher an die Gemeinde, sondern auch an die Deutsche Tourismus GmbH (DBT), Betreibergesellschaft der EBC. Eine Urteilsbegründung liegt allerdings noch nicht vor. Bis es so weit ist, kann es laut Rüdiger Albrecht, Vorsitzender Richter am VGH und stellvertretender Pressesprecher, „nicht gerade Wochen, aber schon noch ein paar Tage dauern“.

Die Reaktionen: Da es sich bei der Satzung in Langenargen um eine Mustersatzung der DBT handelt, haben nach dem Richterspruch einige Gemeinden die geplante Einführung der elektronischen Gästekarte Anfang 2018 verschoben beziehungsweise ganz abgesagt. Nicht mehr dabei sind zum Beispiel Uhldingen-Mühlhofen und Immenstaad, wo Bürgermeister Jürgen Beisswenger am Montag betonte, dass ein Einstieg in eine EBC, die derart Probleme macht, nicht infrage komme. Solange die Sache nicht geklärt sei, werde er keine Satzungsänderung unterschreiben.

Heiligenberg und Frickingen wollen die EBC einführen, „sobald Rechtssicherheit hinsichtlich der offenen Punkte besteht“, wie es in einem Rundbrief der Bürgermeister Frank Amann und Jürgen Stukle an die Gastgeber heißt. Dem Schreiben zufolge sollte dies noch rechtzeitig zum Saisonstart am 1. April 2018 möglich sein. Die Bürgermeister kündigen an, ihre Vermieter auf dem Laufenden zu halten und sie „rechtzeitig darüber zu informieren, ob und wann Sie mit der neuen Gästekarte rechnen können“.

In Überlingen, Salem oder Hagnau sollte die EBC im Herbst einmal mehr auf den Tagesordnungen der Gemeinderäte stehen, die Beratungen sind jedoch gestrichen. „Es ist wichtig, dass erst eine rechtssichere Satzung auf den Weg gebracht wird, bevor nochmal in den politischen Gremien in der Region über die EBC gesprochen wird“, sagte Salems Bürgermeister Manfred Härle auf SZ-Anfrage. Sein Kollege aus Hagnau, Volker Frede, bedauerte, „dass die einheitliche Gästekarte einen so holprigen Start hat“, versicherte aber auch, in Hagnau nicht den zweiten Schritt vor dem ersten zu tun.

In Langenargen, Eriskirch, Bodman-Ludwigshafen und Sipplingen, den vier Gemeinden, die 2017 mit der EBC an den Start gegangen sind, ist vor allem Abwarten angesagt, welche Erkenntnisse die Urteilsbegründung bringt. Erst dann könne er reagieren, erklärte jedenfalls der Sipplinger Bürgermeister Oliver Gortat. Die EBC werde in seiner Gemeinde aktuell ausgegeben, und: „Ich stehe grundsätzlich nach wie vor hinter einer gemeinsamen Gästekarte.“

Die Gegner: „Wir haben gewonnen“, lautete Annette Pfleiderers klare Ansage nach der Urteilsverkündung. Ihr Dank galt der Internetplattform „Forum Langenargen“ und dem Gastgeberverein Uhldingen-Mühlhofen (GUM), die von Anfang an gegen die „Echt Bodensee Card“ samt Betreibergesellschaft DBT Sturm laufen und die Karte als „Bürokratie-, Datenklau- und Subventionsmonster“ bezeichnen. Der GUM forderte nach dem Urteil in einem offenen Brief die Kreisräte als Auftraggeber der EBC auf, „nicht noch weiter Gelder der Steuerzahler nutzlos auszugeben“. Die Drohung: Sollte weiterhin Geld fließen, „dann ist es unsere Bürgerpflicht, alle uns zur Verfügung stehenden juristischen Möglichkeiten auszuschöpfen, um dieser Verschwendung öffentlicher Mittel Einhalt zu gebieten“.

Die Betreiber: Vor dem Hintergrund des VGH-Urteils verstehe er, dass einige Gemeinden die EBC-Einführung zurückstellen, weil sie Klarheit haben wollten, aber: „Ich bin enttäuscht“, sagte DBT-Geschäftsführer Enrico Heß. Einen Image-Schaden kann er aber nicht erkennen, da die Mehrzahl der befragten Gäste mit der EBC mehr als zufrieden seien. Für unnötig hält er einen Neustart, der nur bedeuten würde, einen Strich unter der EBC zu machen und eine neue Karte auf den Weg zu bringen, die freie Fahrt mit Bus und Bahn sowie Vergünstigungen beim Besuch von Ausflugszielen biete. „Wir würden also die gleiche Karte noch einmal entwickeln.“