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Stehplatz

„Der Mensch wird eine der knappsten Ressourcen“

Friedrichshafen / Lesedauer: 4 min

Thesen des Trend- und Zukunftsforschers Lars Thomsen bei der 9. Innovation Night – E-Auto kommt schneller als erwartet
Veröffentlicht:29.09.2011, 11:50

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Selbst die Stehplätze waren rar, als am Dienstagabend in der 9. Innovation Night im Competenz-Park der Trend- und Zukunftsforscher Lars Thomsen einen Blick in die nächsten 520 Wochen zu den Themen Energieversorgung und Mobilität zu werfen versucht hat. Thomsen outete sich als Zukunftsoptimisten. Seine Vorhersagen basieren nicht auf Gefühlen, sondern auf Fakten, und die auf einer soliden Datengrundlage. Und: Die Kristallkugel in seinem Zürcher Büro dient nur zur Dekoration.

„Wir leben in einer Zeit einer unglaublichen Dichte von Innovationen, und die Geschwindigkeit erhöht sich“, prophezeite er. Der Wettbewerb der Ideen finde global statt, das iPad beweise, wie unheimlich schnell sich die Taktrate erhöhe. Digitalisierung und Vernetzung (Internet) seien die beiden technischen Trends, deren Beschleunigung wir unmittelbar spürten, und die zweite Dekade des Jahrzehnts werde noch mehr Veränderungen mit sich bringen. Wobei der Mensch die „super-gefährlichen“ schleichenden Veränderungen gar nicht mitbekomme.

Am Beispiel eines Froschs, der – in kochendes Wasser geworfen – sich unverletzt rette, in langsam erhitztem Wasser aber zu 70 Prozent sterbe („so verhalten sich ganze Industrien“), unterstrich er, wie gefährlich es ist, sich auf Bewährtem auszuruhen und Gefahren nicht zu sehen. Thomsen rief auf, nach vorne zu schauen und die Megatrends früh zu erkennen. Er prognostizierte „das Ende der Dummheit“ und meinte damit die Dummheit von Maschinen und Computern. Zu rechnen sei mit mitdenkenden Maschinen und einer Rechenleistung, die sich noch einmal vertausendfachen werde. Verstehen Computer heute nichts von dem, was wir tun, würden sie bald selbständig E-Mails beantworten.

In zehn Jahren, so Thomsen, werde es in zahlreichen Haushalten Haushaltshelfer „nichtmenschlicher Natur“ geben und Autopiloten in Autos, die vorausschauende Hinweise auf Regen, Schilder und Geschwindigkeiten geben.

Batterien entwickeln sich rasant

Das Elektro-Auto komme vermutlich „schneller als wir denken“, erwartet Thomsen. Der Preisverfall der Akkus liege bei neun Prozent pro Jahr, und unsere Kinder wüssten in zehn Jahren nicht mehr, was „ein Verbrenner“ war. Im E-Auto seien nur ein Zehntel der beweglichen Teile nötig, wie sie heute in Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor nötig seien. In zehn Jahren, so Thomsen, werde „das Brot- und Butter-Auto ein E-Auto“ sein – und billiger als ein heutiges. Batterien werden sich schneller entwickeln als Wasserstoff und die Brennstoffzelle, ist er überzeugt.

Diese Entwicklung werde mit dem Thema Energie zusammenhängen. Thomsen kritisierte, dass der Mensch der Erde in 50 Jahren 50 Prozent der Ressourcen abgerungen habe. „In zehn Jahren werden wir glücklich sein, die Atomkraftwerke abgeschaltet zu haben“, glaubt er, der damit rechnet, dass die regenerativen Energien den Bedarf decken können.

Aufgebaut werden müsse ein dezentrales Energiesystem. Es werde ein intelligenter Markt entstehen, und es werde ein verwerflicher Luxus sein, auch auch nur einen Quadratmeter seines Dachs nicht mit Solarkollektoren abgedeckt zu haben.

Rennen um tolle Ideen

„Das Rennen um tolle Ideen ist eröffnet“, rief Thomsen dazu auf, sich Zeit zu nehmen, über die Zukunft nachzudenken. Unsere Kinder werden mit Autos ganz anders umgehen als wir. Während wir noch über Produkte nachdenken, denken sie in Netzwerken, sieht er voraus. Das Car-Sharing werde sich verändern. Das irgendwo abgestellte Auto müsse nicht mehr gesucht werden, sondern es komme zum Menschen. Das Auto werde zum System und nur noch dazu da sein, um von A nach B zu kommen (es täglich in der Garage zu streicheln, werde vorbei sein).

Der Mensch – die Talente unter ihnen – werde eine der knappsten Ressourcen in den nächsten 20 Jahren werden. Mittlerweile bewürben sich bereits Unternehmen bei den Menschen mit Argumenten, die nichts mit Geld, sondern mit Werten zu tun haben. Nur noch das Unternehmen werde seine Mitarbeiter halten können, in dem Ethik und Kultur stimmten.