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Chorgemeinschaft

Chorgemeinschaft begeistert mit „Marienvesper“

Friedrichshafen / Lesedauer: 2 min

Glanzvolles Eintauchen in den Übergang von Renaissance zu Barock
Veröffentlicht:04.12.2016, 17:48

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Mit der grandiosen Aufführung von Claudio Monteverdis Sammlung geistlicher Werke „Vespro della Beata Vergine“, heute bekannt als „Marienvesper“, am Samstagabend in der Canisiuskirche hat die Chorgemeinschaft St. Nikolaus/St. Petrus Canisius einen neuen Meilenstein in ihrer Chorgeschichte gesetzt.

Ungewohnt klingen die Gesänge, ungewohnt klingt die Klangwelt der alten Instrumente in unsere Ohren, doch auch den Zeitgenossen erschien Monteverdis 1610 im Druck erschienenes Werk revolutionär neu, markiert es doch mit seinem Übergang vom polyphonen Stil der Renaissance zum Barockstil mit der „Monodie“, dem instrumental begleiteten Sologesang, einen Wendepunkt in der europäischen Musikgeschichte. Beide Stile verbindet Monteverdi auf kunstvolle Weise. Zwischen fünf motettisch angelegte Vesperpsalmen fügt er vier „Concerti“ für eine Solostimme mit Generalbassbegleitung ein, dazu eine „Sonata sopra“, eine Instrumentalkomposition, über die er eine litaneiartige Marienanrufung legt, die Geršak dem Jugendchor anvertraut hat, der hier mit klaren, jungen Sopranstimmen beeindruckt. Während die auf die Musik des späten 16. und 17. Jahrhunderts spezialisierten Musiker von „Mvsiche Varie“ die Psalmen nur subtil begleiten, treten sie in der Sonata mit der ursprünglichen Klarheit von Zinken (aus Holz geformte Grifflochtrompeten), Posaunen, Violine, Violone und Chitarrone (Theorbe) virtuos hervor.

Meisterlich hat Geršak den 50-köpfigen Chor auf Monteverdis Musik eingeschworen, deutlich macht er mit seinem schwungvollen Dirigat Monteverdis neuartigen Kompositionsstil erkennbar, der den Text auszudeuten sucht, sei es im Jubelgesang des „Lauda Jerusalem“ oder im siebenstrophigen mittelalterlichen Hymnus „Ave maris stella “, dessen Strophen abwechselnd Chor, Solisten oder Jugendchor singen.

Achtstimmigen, affektgeladen

Während der sehr präsente Chor in bis zu achtstimmigen, affektgeladenen Gesängen seine Transparenz beweist, teilt er sich für die doppelchörige Vertonung des 126. Psalms „Nisi Dominus“ in zwei fünfstimmige Ensembles auf, die im fliegenden Wechsel das geschäftige menschliche Tun versinnbildlichen, ein Tun, das ohne Gottes Hilfe nur nutzlose Hektik verbreitet. Wunderbare Ruhe verbreitet dagegen der Hymnus „Ave maris stella“, ehe zuletzt das „Magnificat“ als Kernstück in klanggewaltigem Stimmengeflecht zum Ende führt.

Das Werk lebt vom lebendigen Wechsel von Chorsätzen und kunstvollen Sologesängen mit virtuosen Koloraturen. Hervorragend haben die Sopranistinnen Ina Maria Weissbach und Iris-Anna Deckert und die Tenöre Julius Pfeifer und Johannes Kaleschke zum Gesamtkunstwerk beigetragen, in kleineren Partien ergänzt von Bariton Frank Pudimat und Bassist Tobias Rädle, die aus der Chorgemeinschaft heraustreten. Kunstvoll hat der Tenor im Concerto „Nigra sum“, einem Text aus dem Hohen Lied Salomons, den Gegensatz von tiefen Tönen und fröhlich bewegter Melodie ausgedeutet, bewegend schön haben die Sopranistinnen im Duett „Pulchra es“ die Schönheit besungen. Insgesamt eine Musik von bestechender Schönheit, die lange nachklingt.