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Autokrise: Betriebsrat fordert konkreten Plan vom ZF-Vorstand

Friedrichshafen / Lesedauer: 4 min

Arbeitnehmervertreter wollen wissen, wohin die Krisenreise geht – Fortschritt bei Rente
Veröffentlicht:13.12.2019, 17:07

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Rund 4000 Beschäftigte der ZF Friedrichshafen AG sind am Freitag der Einladung zur Betriebsversammlung in der Messe gefolgt. Achim Dietrich, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats, zeigte sich laut einer Pressemitteilung zuversichtlich, dass es – trotz Turbulenzen in der Automobilbranche – möglich sei, die Beschäftigung sowohl in Friedrichshafen als auch in Deutschland langfristig zu sichern.

Dietrichs Botschaft an die Belegschaft und den ZF-Vorstandsvorsitzenden Wolf-Henning Scheider: „Im Kern geht es darum, tariflich bezahlte Arbeit und die Wettbewerbsfähigkeit von ZF-Produkten zu vereinbaren.“ Schaffen soll diesen Spagat laut der Mitteilung des Betriebsrats eine Verhandlungsgruppe, die vor einigen Tagen Gespräche aufgenommen habe, um eine entsprechende Vereinbarung zu erarbeiten.

„Wir tragen alle Verantwortung für die Beschäftigten und den Erfolg des Unternehmens. Wenn dies das gemeinsame Verständnis ist, dann wird es gelingen, die Herausforderungen zu meistern“, wird der Betriebsratsvorsitzende zitiert.

Auch Vorstandschef Scheider ergriff das Wort. Er gab einen Überblick über die Lage des Unternehmens und erläuterte dem Vernehmen nach die verschiedenen Maßnahmen, mit denen der Konzern den Problemen in der Autobranche begegnen will.

Für den Gesamtbetriebsrat ist das ein Meilenstein.

Achim Dietrich, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats

Eine frohe Botschaft hatte Betriebsratsvorsitzender Dietrich, der auch Chef des Standortbetriebsrats für den Bereich N ist, in dem vor allem der Nutzfahrzeugbereich zusammengefasst ist, für rund 5000 ZF-Beschäftigte in Deutschland – hauptsächlich ehemalige TRW-Mitarbeiter sowie neu Eingestellte:

Die neue betriebliche Altersversorgung für diesen Personenkreis sei in trockenen Tüchern. Alle bislang Unversorgten werden demnach ins neue System aufgenommen, die Arbeitgeberbeiträge rückwirkend zum 1. Januar 2019 bezahlt. „Für den Gesamtbetriebsrat ist das ein Meilenstein“, erklärte Dietrich.

Betriebsrat: Nach wie vor gibt es offene Baustellen

In der neuen betrieblichen Altersversorgung werde es keine klassische, lebenslange Rente mehr geben. Stattdessen sammelt der Beschäftigte bis zum Renteneintrittsalter ein bestimmtes Kapital an, das er sich in verschiedenen Formen auszahlen lassen kann – alles auf einmal, in zehn oder 20 Jahresraten oder in Mischformen. Alle, die in der alten ZF-Rente sind, können laut Betriebsrat im nächsten Jahr wählen, ob sie bleiben oder ins neue System wechseln wollen.

Franz-Josef Müller , Betriebsratsvorsitzender des Betriebs Z (vor allem Konzernzentrale und Entwicklung), ging in seinem Bericht auf die Standortthemen ein. Er freue sich, dass Betriebsrat und Arbeitgeber mit der Einführung des Vier-Gruppen-Schichtmodells, dem Start von Industrie-4.0-Projekten oder auch der verpflichtenden Teilnahme von Führungskräften an der Schulung „Gesundes Führen“ wichtige Aufgaben erledigt hätten.

Müller erinnerte jedoch laut Pressemitteilung daran, dass es noch einige Baustellen gebe. Er forderte, das Zukunftsprojekt „Get together“ mit Nachdruck zu verfolgen, damit das Werk 1 ein effizienter Standort für die Fertigung und Montage von Kleinserien werde. „Get together“ sieht laut Betriebsrat den Neubau einer Produktionshalle mit optimierter Anbindung eines neuen Logistikzentrums vor.

Die Beschäftigten brauchen Gewissheit darüber, was sie beim Eintritt bestimmter Szenarien erwarten könnte.

Franz-Josef Müller, Betriebsratsvorsitzender des Betriebs Z

„Das Konzept ist betriebswirtschaftlich sehr sinnvoll. Dennoch sind die Investitionen in der Planung bis 2022 nicht vorgesehen. Hier muss dringend nachgebessert werden“, betonte Müller. Die grundsätzliche Richtung bei den Investitionen, die 2016 in der Beschäftigungssicherung für den Standort vereinbart wurden, stimmt aus Sicht des Betriebsrats jedoch. Mit 660 Millionen Euro liege man derzeit in der Planung sogar über den vereinbarten 600 Millionen Euro. „Aber nun“, mahnt Müller, „kommt es auf die Realisierung der geplanten Invests an“.

Der Parkdruck rund um die Werke, die angespannte Bürosituation oder auch eine verlängerte Altersteilzeitregelung: Es gibt am ZF-Standort Friedrichshafen nach Einschätzung des Betriebsrats weiterhin viele Herausforderungen. Das dominierende Thema 2020 werde aber die wirtschaftliche Entwicklung und die daraus folgenden Konsequenzen bleiben.

Müller beklagte, dass das Unternehmen bei den Sparprogrammen „bislang Flickschusterei“ betreibe. „Hier ein paar Anträge auf Schließungstage, dort die Reduzierung von 40-Stunden-Verträgen, Streichung von Qualifizierungen – immer wieder etwas anderes. Wir fordern ein Big Picture für 2020 mit allen angedachten Maßnahmen, damit wir die gemeinsam arbeitnehmerverträglich gestalten können. Die Beschäftigten brauchen Gewissheit darüber, was sie beim Eintritt bestimmter Szenarien erwarten könnte.“