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Anklagebank

Angeklagter wird in Abwesenheit verurteilt

Friedrichshafen / Lesedauer: 2 min

Gericht sieht Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung bestätigt
Veröffentlicht:29.06.2018, 18:55

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Wegen des Vorwurfs der gefährlichen Körperverletzung sollte sich am Donnerstagnachmittag ein Mann auf die Anklagebank des Amtsgerichts Tettnang begeben. Nur: Er kam nicht. Obwohl Richter Christian Pfuhl ihn zusätzlich zur schriftlichen Ladung für 14.30 Uhr kurz vor neun Uhr das erste Mal telefonisch an die Verhandlung erinnert hatte, war er auch um 15.30 Uhr noch nicht da. Dann hatten Vorsitzender und Staatsanwalt die Faxen dicke.

Um 8.41 Uhr ließ der Angeklagte das erste Mal den anrufenden Richter abblitzen. Er sei krank, habe eine Schwellung am Hals. Um ein ärztliches Attest wolle er sich kümmern, kündigte er an. Im Übrigen sei sein Auto in der Werkstatt. Das Attest kam nicht und auf eine weitere telefonische gerichtliche Nachfrage bat er um Verschiebung des Prozessbeginns auf Freitag. Dann, so meinte er, sei er auch untersucht worden. Die Bilder von seiner Krankheit könne er mittlerweile schicken. Die wollte der Richter aber nicht. Bei dessen weiterer telefonischen Nachfrage um 12.38 Uhr versprach der Angeklagte, zum Termin um 14.30 Uhr trotz Nebenhöhlenentzündung zu erscheinen.

Im Verlauf eines neuerlichen Anrufs des Richters um 13.28 Uhr teilte er dem Gericht dann aber mit, er komme nun doch nicht. Womit die telefonischen Kontakte zwischen Angeklagtem und Richter aber noch nicht beendet waren: Um 13.54 Uhr erhielt Richter Pfuhl plötzlich einen Anruf aus der Zulassungsstelle des Landratsamts Ravensburg, in dem ihm mitgeteilt wurde, das Auto des Angeklagten sei gerade entstempelt worden, dennoch komme der Angeklagte jetzt. Eine knappe Stunde später – im Gericht trudelten die ersten von fünf geladenen Zeugen ein und der Staatsanwalt arbeitete seine Akten ab – war der Angeklagte immer noch nicht da. Der Richter rief wieder an und fragt nach seiner Ankunft. Antwort: Er fahre eben aus der Werkstatt hinaus. Wo doch angeblich sein Fahrzeug gerade entstempelt wurde. Um 15.30 Uhr war der Mann jedenfalls immer noch nicht da.

Geduld der Richter erschöpft

Die Geduld von Richter und Staatsanwalt war damit erschöpft, sie kamen überein, die Hauptverhandlung zu beenden, noch ehe sie angefangen hatte. Da auch der obdachlose Hauptbelastungszeuge nicht auffindbar war (das Opfer der gefährlichen Körperverletzung) und die verbliebenen Zeugen lediglich zum Randgeschehen etwas sagen konnten, verurteilten sie den Angeklagten in Abwesenheit zu 120 Tagessätzen zu je zehn Euro.