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Thermalbad

Leiterin der Vinzenz-Therme über ihre neue Stelle:„Für mich ist das Berufung“

Westerheim / Lesedauer: 6 min

Schwester Raphaela hat die kaufmännische Leitung der Vinzenz-Klinik und -Therme
Veröffentlicht:30.11.2020, 11:00

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Seit 1. September hat Schwester Raphaela als Nachfolgerin von Michael Skorzak die kaufmännische Leitung der Vinzenz-Klinik und Vinzenz-Therme in Bad Ditzenbach sowie der Luise-von-Marillac-Klinik in Bad Überkingen (Kreis Göppingen). Sie hat den Job in einer besonders herausfordernden Zeit übernommen – und muss nun schon die zweite Schließung des Thermalbads in der Corona-Krise miterleben. „Das trifft uns hart“, sagt sie.

Was viele nicht wissen: Die Verantwortlichen in Bad Ditzenbach können zwar im Bedarfsfall für die beiden Kliniken Corona-Hilfen beantragen, aber nicht für das Thermalbad. „Wir haben das intensiv geprüft, aber wir fallen durch das Raster“, bedauert Schwester Raphaela. Die Antragsvoraussetzungen könnten nicht erfüllt werden, weil das Bad nicht kommunal betrieben ist und „weil wir mit dem Thermalbad 20 Prozent unseres Gesamtumsatzes erwirtschaften müssten“.

Eine Million Euro Minus

Ein herber Schlag für Schwester Raphaela und die 67 Thermalbad-Mitarbeiter, für die im November Kurzarbeit angemeldet werden musste. Das Minus beim Thermalbad beläuft sich „bei bestehender Schließung auf knapp eine Million Euro“, informiert Schwester Raphaela. „Das ist dramatisch.“

Unterdessen „sprudelt die Quelle unaufhörlich weiter“. Die Bereitstellung des Wassers sei teuer und aufwändig. „Die Fixkosten bleiben, aber die Erlöse fehlen. Ein zweites Jahr schaffen wir das nicht mehr. Als frei-gemeinnütziger Träger haben wir keine Kommune im Hintergrund, die uns die Defizite finanzieren hilft, und müssen alles selbst erwirtschaften.“

Therme dientz auch der Gesundheit

Schwester Raphaela hofft, dass das Thermalbad schnellstmöglich wieder öffnen darf und verweist dabei zum einen auf das erfolgreiche Hygienekonzept, das eigens ausgearbeitet wurde, und zum anderen auf die positiven Auswirkungen auf die Gesundheit, die ein Besuch in der Vinzenz-Therme unter dem Motto „Wasser, das alle Lasten trägt“ gerade in der Corona-Zeit habe. „Wir wollen das Bad für unsere Gäste erhalten“, betont sie und wirbt bei der Bevölkerung um Verständnis für die Eintrittspreise, die nicht mit denen eines herkömmlichen Hallenbads zu vergleichen sind. „Ein Thermenbesuch ist Entspannung und Gesundheitsvorsorge.“

Was die Vinzenz-Klinik anbelangt, sind bislang noch Rehabilitanden vor Ort – wie lange, wird sich zeigen. Denn bereits im Frühjahr gab es eine Kooperation mit den Alb-Fils-Kliniken, wonach die Vinzenz-Klinik als sogenanntes Reservekrankenhaus Betten für Patienten freihielt, um die örtlichen Krankenhäuser im Notfall zu entlasten. Dazu kam es zum Glück nicht. Doch angesichts der aktuellen Infektionszahlen könnte der Fall wieder eintreten, dass die Vinzenz-Klinik ihre Rehabilitanden kurzfristig abweisen muss. „Wir rechnen damit und sind in der Lage, schnell zu reagieren und Betten anzubieten.“

Der Glaube gibt ihr Kraft

Wie geht Schwester Raphaela, die nicht nur für die Finanzen zuständig ist, sondern das gesamte operative Geschäft verantwortet, mit dieser Situation um? Kraft geben ihr zum einen der Glaube, der Schwesternkonvent und das gemeinsame Gebet mit den anderen Schwestern in Bad Ditzenbach.

Zum anderen sagt sie: „In unserem Ordensgründer haben wir ein leuchtendes Vorbild. Der Heilige Vinzenz hatte großes Vertrauen in den Plan Gottes“. Die 57-Jährige ist davon überzeugt, „dass mir zuwachsen wird, was ich brauche“. Sie habe die Kraft und gute Mitarbeiter. „Gott hat mich in diese Position gestellt. Das ist für mich nicht nur ein Job, sondern Berufung. Ich glaube daran, dass alles gut wird und dass sich Lösungen finden werden.“

Sie arbeitet trotzdem gerne

So einschneidend diese Zeit momentan auch ist – Schwester Raphaela arbeitet sehr gerne und erlebt täglich viel Schönes, betont sie. Dabei lobt sie vor allem die etwa 270 „kompetenten Mitarbeiter“ und die hohe fachliche Kompetenz in den Einrichtungen. „Wir lachen auch viel bei unserer Arbeit. Mir ist es wichtig, dass man fröhlich ist.“

Dass sie die Nachfolge von Michael Skorzak übernehmen soll, kam eher überraschend für sie. „Für mich war eigentlich klar, dass jemand von außen kommt und dass ich mich nicht dafür bewerbe“, sagt Schwester Raphaela. Ihre damalige Aufgabe als Oberin sei schön gewesen und habe sie ausgefüllt. Doch dann hat Markus Mord, der Geschäftsführer der Vinzenz-von-Paul-Kliniken gGbmH, bei ihr angefragt, ob sie es sich vorstellen könnte, die kaufmännische Leitung zu übernehmen.

„Wenn etwas auf mich zukommt, dann packe ich auch zu“

„Er sagte, ich hätte genau die Fähigkeiten, die es dazu braucht. Da haben wir aber noch nichts von Corona gewusst.“ Letztlich war für Schwester Raphaela klar: „Die Stelle hat mich gefunden. Es sollte so sein“. Außerdem habe sie „Gehorsam um des Himmels Reiches Willen“ gelobt. Und es seien immer gute Voraussetzungen, wenn man sich nicht um etwas reißt. Deshalb hat Schwester Raphaela zugesagt. „Es war schon immer so: Wenn etwas auf mich zukommt, dann packe ich auch zu.“

Seit sie die kaufmännische Leitung übernommen hat, sind die Tage von Schwester Raphaela „deutlich voller geworden“. Ihrem Hobby, dem Orgelspielen, kann sie im Moment nicht nachgehen. Sie bedauert außerdem, dass die Veranstaltungen in der Vinzenz-Klinik, die sie normalerweise für die Rehabilitanden organisiert, derzeit wegen Corona ausfallen müssen. „Ich mag Geselligkeit und feiere gern ein Fest“, sagt Schwester Raphaela. Zugleich könne sie aber auch sehr gut alleine sein und benötige ihre Orte der Stille und Ruhe – auch, um einen kühlen Kopf zu bewahren, der gerade in Krisenzeiten nötig ist.

Trotz der Frage, wie es mit dem Thermalbad weitergeht, ist sie weiterhin „guter Hoffnung“ und blickt mit Zuversicht in die Zukunft. „Ich bin gehalten von Gott. Egal, was passiert: Es gibt Antworten – und die werden gut für uns.“

Zur Person

Schwester Raphaela stammt aus der Bodensee-Region. Nach dem Abitur verbrachte sie drei Monate bei ihrer Tante in Tansania, die in Afrika als Vinzentinerin tätig war. „Das war eine unglaublich prägende Zeit für mich.“ 1983 trat sie dann im Alter von 20 Jahren in den Orden ein. Zunächst absolvierte sie als Postulantin eine Ausbildung zur Krankenschwester im Marienhospital in Stuttgart, das zur Vinzenz-von-Paul-Kliniken gGbmH gehört. Nach einem BWL-Studium und diversen Stationen wurde sie im Jahr 2015 nach Bad Ditzenbach versetzt als Haus- und Konventsoberin. Dort ist sie seither zuständig für die Gästebetreuung, Veranstaltungen und das Beschwerdemanagement. Eine Weiterbildung zur systemischen Einzel-, Paar- und Familientherapeutin hat sie in diesem Jahr abgeschlossen.Z