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Abendmahl

Wie das „letzte Abendmahl“ in die Popkultur eingegangen ist

Ulm / Lesedauer: 4 min

Das Museum „Brot und Kunst“ blickt in seinem neuen Programm auf Gebräuche und Riten rund ums Gebäck – mal religiös, mal ganz weltlich. Auch das Verhältnis von Mensch, Brot und Maus wird beleuchtet.
Veröffentlicht:03.02.2020, 13:31

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Liebe geht durch den Magen, heißt es – im Ulmer Museum „Brot und Kunst“ gilt das vor allem für die Liebe zu Kunst, Kultur und Gebäck. Dieses Wissensmuseum ergründet schon seit 1955 mit kreativen Mitteln, wie Mensch sich ernährt und wie aus Nahrung Kultur wird. Museumsdirektorin Isabel Greschat hat nun das Programm für das Jahr 2020 vorgestellt. Drei große Ausstellungen erwarten die Besucher, mit wortwörtlichen Kostproben und – Vorsicht! – kleinen Nagern, die es auf das Brot abgesehen haben.

Brot, ein ernstes Thema

Die neue Saison eröffnet eine Berlinerin, die sich in Ulm mit ihren Werken wohlzufühlen scheint: Sonja Alhäuser. Im Museum Ulm sind gerade schon ihre Mischwerke aus Süßigkeiten und Kunst zu bestaunen. Ihr Baumaterial: Marzipan, Butter, Schokolade. „Cupido“ heißt die Ausstellung der Berlinerin, die dann ab 25. März im Museum Brot und Kunst zu sehen sein wird. „Die erste Ausstellung war schon ein Kennenlernen mit der Künstlerin, ein Appetitanreger“, sagt Greschat. Und was erwartet die Besucher in der Fortsetzung in Greschats Museum? „Eher nichts Süßes, dafür eine Auseinandersetzung mit Ritualen und Gebräuchen rund ums Brot. Und es wird auch etwas zu essen geben.“ Brot sei ein ernstes Thema, da es die Grundlagen unserer Ernährung betrifft, sagt Greschat – Alhäuser wird hier aber einen spielerischen Blick aufs Backwerk werfen. Essen ist in ihrem Schaffen ein Symbol für opulente Feste, barocke Ausschweifungen, Völlerei. Ergänzt und kontrastiert werden diese neuen Werke durch Stücke aus der Sammlung des Museums. Stilgetreu wird die Ausstellung mit einem kleinen Bankett und einer Sekt-Performance eröffnet, der Eintritt ist frei.

Mäuse im Brot

Die zweite Ausstellung des Jahres folgt einer Art von Naturgesetz: Wo gekrümelt wird, da kommen Mäuse. Greschat erklärt: „Mäuse sind überall seit Anbeginn der Menschheit, auf dem Feld, in der Mühle und auch in der Backstube. Das ist für uns ein reiches Thema.“ Die Ausstellung „Mäuse – Feinde, Freunde, Spiegelbilder“ beginnt am 16. Juli. Sie zeigt Werke von zeitgenössischen Künstlern, die sich die Maus zum Thema nehmen, sei es konkret, abstrakt oder symbolisch. Mit dabei: Plastiken und Bilder von Walter Schels, Katharina Fritsch und auch Günter Grass – Maler, Grafiker und nicht von ungefähr Autor der „Rättin“.

Religion, Ritual und Nahrung

Wer „unser tägliches Brot“ sagt, spricht ein christliches Glaubensbekenntnis, das Vaterunser. „Essen und Bekenntnis“ heißt nun die dritte Ausstellung im Museum, die am 22. November eröffnet wird. Leonardo da Vinci malte einst eine biblische Szene, die fast so bekannt wurde wie seine Ikone, die Mona Lisa: „Das letzte Abendmahl“ ist Kunst – und ein Symbol für die Verschmelzung von Religion, Ritual und Nahrung. Eine Reproduktion des Originals hat das Museum 2019 gekauft, es ist eine Abendmahl-Version von Egidius Mengelberg aus dem Jahr 1834. „Wir wollen betrachten, wie dieses Motiv sich immer wiederholt, neu interpretiert wird und sogar in der Popkultur auftaucht“, sagt die Direktorin. Der Blick reicht aber über den Tellerrand hinaus: Auch mit nicht-christlichen und nicht-religiösen Bekenntnisse befasst sich die Ausstellung. Zu sehen sind Werke von Dürer, Max Pechstein und Daniel Spoerri.

Das erste vollständige Programm seit dem Umbau des Gebäudes in der Salzstadelgasse kann nun bald beginnen. Greschat zeigt sich vor dem Start schon sehr zufrieden: Rund 17 000 Besucher haben das Museum im ersten Halbjahr seit der Wiedereröffnung besucht. Und mit Blick auf die Zukunft versichert die Direktorin: „Ideen haben wir noch für viele Jahre.“ Doch nicht alles wird neu, das Museum baut auf Traditionen auf: Eine Konstante im Jahr bleibt der Kunstschmaus, jeweils am ersten Mittwoch des Monats, ebenso wie die Reihe der Matineen. Die Tischgespräche bieten wiederum Gelegenheit, mit Persönlichkeiten aus Kultur, Kirche und Politik ins Gespräch zu kommen – bei einem Menü, das der Prominente selbst erstellt hat.

Über die 50er und Pumpernickel

„Brot Zeit Spiel“ heißen die Themenabende, die Epochen der Kunst und Essenskultur nachspüren. Unter dem Titel „Mit Goldrand und Pumpernickel: die 1950er-Jahre“ können Besucher am 13. Mai in Erinnerungen schwelgen oder aber eine vergangene Zeit für sich erstmals entdecken. Die Zeitreise geht weiter zurück: Im Oktober lautet das Motto „Vom Wandel in den Köpfen und Töpfen: die 1850er-Jahre.“ Seit 2019 trägt dieses Ulmer Museum auch den Titel des „Forums Welternährung“. Greschat sagt, sie sehe darin eine Verpflichtung, auch gesellschaftliche Zukunftsthemen aufzugreifen. ARD–Meteorologe Sven Plöger wird am 10. September im Museum die Frage aufwerfen: Welche Rolle spielt der Klimawandel? Und dieses dominierende Thema bewegt auch die Region. Ein Dialog mit Bürgermeister Tim von Winning zum Thema „Ein Klimapaket für Ulm?“ findet am 22. April statt