StartseiteRegionalRegion Ulm/Alb-DonauUlmVerschimmeltes Heu und lahme Kühe: Bauer verstößt gegen Tierschutzgesetz

Tierschutzgesetz

Verschimmeltes Heu und lahme Kühe: Bauer verstößt gegen Tierschutzgesetz

Ulm / Lesedauer: 3 min

Nachlässiger Landwirt muss Geldstrafe zahlen. Zeugen nennen schockierende Details
Veröffentlicht:11.11.2018, 23:26

Artikel teilen:

Auf gut 10 000 Euro summiert sich die Strafe, die ein 54-jähriger Landwirt aus dem Raum Roggenburg vom Amtsgericht Neu-Ulm aufgebrummt bekommt. Er hatte sich einer Straftat und mehrerer schwerer Ordnungswidrigkeiten nach dem Tierschutzgesetz und ähnlichen Bestimmungen schuldig gemacht. Dies alles legte in der Verhandlung zunächst ein Amtstierarzt des Landratsamtes Neu-Ulm ausführlich dar, zwei Sachverständige des bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit aus Oberschleißheim untermauerten dies.

Der schwerwiegendste Vorwurf: Der Landwirt habe bei mehreren Milchkühen – er hält nach eigener Aussage 89 davon, dazu etwa 20 Kälber und einen Deckbullen – eine teilweise hochgradige Lahmheit nicht behandeln lassen. Dazu soll er die Tiere nicht von anderen getrennt haben, sodass der Deckbulle und andere Kühe im Rahmen von Rangstreitigkeiten bei den leidenden Tieren aufreiten konnten. Das habe ihnen zusätzlich große Schmerzen verursacht.

Strick wächst Kalb im Hals ein

Doch der Veterinär und seine Kollegen zählten noch eine ganze Reihe weiterer Verstöße auf: So sei bei einem Kalb, das regelwidrig angebunden war, der Strick wohl mehrere Wochen lang im Hals eingewachsen gewesen. Ein anderes Kalb, das in einem abgesonderten, provisorischen Gehege ohne Futter und Wasser gehalten wurde, sei auch mindestens sieben Tage nach der Geburt noch nicht angemeldet worden und habe nur Zugang zu verschimmeltem Heu gehabt.

Damit nicht genug: Der Kadaver eines vermutlich schon tot geborenen Kälbchens sei verwest in einer Schubkarre gelagert und nicht der Tierkörperbeseitigung zugeführt worden, berichteten die Zeugen. Als die Veterinäre das tote Tier zum Abtransport verpacken wollten, sei es zerfallen.

Dreck und Unrat

Darüber hinaus seien mehrere Kälber ohne Ohrmarke gefunden worden, die verspätet mit offensichtlich falschem Geburtsdatum angemeldet worden seien. Bei der Milchkammer seien die Tür ins Freie und die zum Stall offen gestanden, sodass „Insekten und Schadnager“ freien Zugang gehabt hätten, wobei auch die Abfülleinrichtung und das Waschbecken „mit käsigen Ablagerungen“ verschmutzt waren. Auch das Waschbecken sei „voller Unrat“ und die Temperaturanzeige der Kühlung defekt gewesen.

Doch diese Punkte, die der Amtstierarzt wiederholt festgestellt hatte, fielen nicht mehr ins Gewicht. Die Anklage beschränkte sich auf die krassesten Fälle. Die Verteidigerin Sabine Bieber bot zwei Entlastungszeugen auf: Der Hoftierarzt interpretierte die vorgeworfene Lahmheit der Kühe als plötzlich aufgetretene Klaueninfektion. Ein Viehhändler bestätigte aber, dass die beanstandeten Kälber zum Hof des Angeklagten gehörten.

Die Staatsanwältin plädierte auf zehn Monate Haft ohne Bewährung für die Straftaten und mehrere tausend Euro Geldbuße für die Ordnungswidrigkeiten. Die Verteidigerin widersprach und beantragte Freispruch in allen Punkten, da diese nicht ausreichend nachgewiesen seien. Richter Stefan Nielsen urteilte schließlich auf 150 Tagessätze zu je 35 Euro, also 5250 Euro Geldstrafe, und dazu 4800 Euro Geldbuße für die diversen Ordnungswidrigkeiten, insgesamt somit 10 050 Euro.

Tierhaltungsverbot ist nicht möglich

Zur Frage, ob der 54-Jährige mit einem Tierhaltungsverbot belegt werden könnte, führte Nielsen aus, dass der Landwirt bisher nicht strafrechtlich vorbelastet gewesen sei, sondern dass in früheren Verfahren nur Ordnungswidrigkeiten zur Debatte gestanden hätten. Bei einer erstmaligen Straftat wie es nun der Fall sei, könne kein Verbot der Tierhaltung ausgesprochen werden.

Die Verteidigerin nahm die vorgeschriebene Woche Bedenkzeit in Anspruch, um eventuell Berufung oder Revision einlegen zu können. Der Landwirt jedenfalls dürfte künftig mit noch mehr Kontrollen als bisher zu rechnen haben.