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Polizeieinsatz in Rockerszene: Ziel war ein Motorrad

Ulm / Lesedauer: 4 min

In einer Kneipe in Ulm hat es am Mittwochnachmittag einen Polizeieinsatz gegeben. Hintergrund sind Ermittlungen in einem Betrugsfall im Rotlichtmilieu.
Veröffentlicht:14.11.2018, 15:41

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Polizei und Staatsanwaltschaft haben am Mittwochnachmittag mit einem Dutzend Beamten eine Shisha-Kneipe in der Ulmer Innenstadt durchsucht und ein hochwertiges Motorrad beschlagnahmt. Hintergrund dieses Einsatzes sind nach Angaben der Staatsanwaltschaft Ulm Ermittlungen in wenigstens 30 Betrugsfällen im Ulmer und Neu-Ulmer Rotlichtmilieu, bei dem drei Männer seit Anfang 2015 mehr als 30 Gäste ihrer Etablissements in Ulm um mehr als 62000 Euro betrogen haben sollen. Betreiber der Bar sind zwei stadtbekannte Brüder, die in der Rotlicht- und Rockerszene aktiv sind.

„Allez hopp!“ Unmittelbar nach dem Polizeieinsatz will einer der Brüder kein Wort mit dem Reporter der „Schwäbischen Zeitung“ reden. Während des Einsatzes hat er bei Instagram Fotos gepostet. Unter einem der Bilder, die Polizisten von hinten zeigen, steht „Neue Türsteher“. Jetzt will der Mann, der nach eigenen Angaben auf Facebook zwei Eroscenter, eine Autowerkstatt, einen Club und eben die Kneipe betreibt, nur noch seine Ruhe.

Gerade eben haben die Beamten der Beweis- und Festnahmeeinheit des Polizeipräsidiums Einsatz die Shisha-Kneipe verlassen, gefolgt von den Rechtsanwälten der Betreiber. Und auf einem Tieflader transportiert ein Abschleppunternehmer ein Motorrad der Marke Harley Davidson ab. Auf dem Tank prangt ein Schriftzug: „Life is a bitch“. Die harmlose Übersetzung lautet: „Das Leben ist ungerecht.“ Oder: „Das Leben ist kein Wunschkonzert.“

Bei dem Polizeieinsatz in der "Shibar" in Ulm wird auch ein Motorrad beschlagnahmt.

„Das Leben ist ungerecht“: Das mögen sich auch die Gäste der Rotlicht-Etablissements gedacht haben, die nach dem Besuch in Laufhäusern oder Bordellen ihre Kreditkarten-Abrechnungen prüften und auf massive Betrügereien stießen. So sollen seit Anfang 2015 mehr als 30 Männer um mehr als 62.000 Euro betrogen worden sein. Diese Fälle verfolgt die Staatsanwaltschaft Ulm . Zum Teil waren bei den Behörden Anzeigen Betroffener eingegangen, zum Teil waren die Ermittler selbst nach Hinweisen auf Betrügereien tätig geworden. Der Vorwurf: Die Täter sollen bei Zahlungen mit Kredit- und EC-Karten entweder einen höheren Geldbetrag als vereinbart vom Konto ihrer Besucher abgebucht oder mehrere Abbuchungen hintereinander getätigt haben. Seit Ende 2015 ermitteln Polizei und Staatsanwaltschaft gegen drei Männer.

Gewalttaten in den vergangenen Jahren

Polizei und Staatsanwaltschaft hatten wegen der Kreditkarten-Betrügereien Ende April 2018 mit über 100 Beamten mehrere Wohnungen und Lokale in Ulm und Neu-Ulm durchsucht. Die Spur der Tatverdächtigen führte ins Rockermilieu in der Region Ulm/Neu-Ulm, das in den vergangenen Jahren immer wieder durch Gewalttaten Schlagzeilen produzierte. Blutiger Höhepunkt waren tödliche Schüsse auf einen Rockerboss in Heidenheim im April 2016.

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Die Tatverdächtigen bei den Kreditkarten-Betrügereien sind zwischen Mitte 20 und Mitte 30 Jahre alt und stammen aus Deutschland, Serbien und dem Kosovo. Sie sollen Mitglieder einer rockerähnlichen Gruppierung, der „Rock Machine“ sein. Wenigstens einer von ihnen muss sich außerdem in einem derzeit vorm Landgericht Ulm laufenden Prozess verantworten, bei dem ebenfalls Rocker wegen angeblicher schwerer Körperverletzung angeklagt sind.

Geschädigte sollen Geld zurückbekommen

Der entscheidende Schlag gegen die mutmaßlichen Kreditkarten-Betrüger folgte dann am Mittwoch. Das Ziel des Einsatzes war laut Oberstaatsanwalt Michael Bischofberger jenes Motorrad der Marke Harley Davidson. Diese wurde beschlagnahmt für den Fall, dass es in dem genannten Betrugsfall zu einem Verfahren und später zu einem Urteil kommt. „Es gibt Geschädigte, und sollte es zu einem Urteil kommen, wollen wir denen auch deren Geld wieder zurückgeben“, so Bischofberger auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“.

Demnach soll das Konto eines der Tatverdächtigen bereits gepfändet worden sein. „Das hat aber nicht ausgereicht“, so der Oberstaatsanwalt. Deshalb seien jetzt weitere Wertgegenstände sichergestellt worden.

Ist das rechtens? „Ja“, sagt Bischofberger: „Der Gesetzgeber sieht das vor.“ Denn möglich sei auch, dass der Verdächtige im Laufe der Ermittlungen all sein Vermögen beiseite schafft. Sollte es dann zu einem Urteil kommen „und wir erst danach vollstrecken, dann ist nichts mehr da“, so Bischofberger. Sollte es umgekehrt zu einem Freispruch kommen, bekommt der Beschuldigte seine Vermögenswerte wieder zurück.