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Adenauerbrücke

Neubau der Adenauerbrücke: Gegenwind für große Lösung

Ulm / Lesedauer: 5 min

S21 lässt grüßen. Gruppen protestieren gegen Ulmer Infrastrukturprojekt. Petition wurde gestartet.
Veröffentlicht:24.11.2020, 05:00

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S21 lässt grüßen. Nachdem sich die lokale Politik für einen achtspurigen Neubau der Adenauerbrücke, der wichtigsten Verbindung zwischen Ulm und Neu-Ulm , ausgesprochen hat, hagelt es Protest. Mehrere Gruppen haben am Montag Einspruch erhoben.

„Vorteile der Achtstreifigkeit überwiegen“

Nicht nur die Stadtspitzen in den Rathäusern in Ulm und Neu-Ulm, auch Fachleute haben sich unlängst klar für eine Verbreiterung der Brücke ausgesprochen. Im Moment hat sie sechs Spuren, nun sollen es acht werden. „Wir sind überzeugt, dass die Vorteile der Achtstreifigkeit überwiegen“, sagt Jürgen Gleixner vom Staatlichen Bauamt Krumbach, das als Bauherr fungiert.

Die neue Brücke würde dann 42,50 Meter breit werden. Ein sechsspuriger Neubau käme auf 36 Meter.

Als „fatales Signal“ haben am Montag mehrere Ulmer Verbände und Gruppen einen achtspurigen Ausbau bezeichnet. Eine solch’ breite Brücke würde die anstehende Verkehrswende „massiv blockieren“.

Die beleuchtete Adenauerbrücke (im Vordergrund), im Hintergrund das Münster.

Befürchtung: Breite Brücke lockt mehr Verkehr an

Die Unterzeichner des Briefs an den Ulmer Gemeinderat, den federführend der regionale Ableger des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) verschickt hat, befürchten, dass durch eine breitere Brücke noch mehr Verkehr erzeugt würde. Weiterer Kfz-Verkehr würde in die Innenstadt gezogen „und die hohe Verkehrsbelastung im Bereich der B10 und des Ehinger Tors für Jahrzehnte zementiert“.

Die Befürworter der großen Lösung sehen das anders. „Man muss ganz deutlich sagen, dass wir hier keine neue Straße säen, um mehr Verkehr zu ernten oder zu erzeugen, sondern wir bemühen uns darum, vorhandene beziehungsweise zu erwartende Verkehre an einer lokal sehr begrenzten Stelle sicher und verträglich abzuwickeln“, so Roswitha Schömig vom Staatlichen Bauamt Krumbach, das den Bau plant. Dieses lieferte auch Zahlen.

Bauamt: Nur 4000 Fahrzeuge mehr bei acht Spuren

Täglich rollen 94 000 Fahrzeuge über die Adenauerbrücke, acht Prozent davon seien Lastwagen. Bei einem sechsspurigen Neubau geht die Prognose des Bauamts von knapp 100 000 Fahrzeugen bis 2030/35 aus, bei acht Spuren von etwa lediglich 4000 Fahrzeugen mehr.

Den Protestbrief haben neben dem BUND auch der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (adfc) Ulm/Alb-Donau & Neu-Ulm, Extinction Rebellion Ulm, Fridays for Future Ulm/Neu-Ulm, Greenpeace Ulm/Neu-Ulm, der hiesige Nabu aber auch der Schwäbische Albverein (Donau-Blau-Gau) unterzeichnet. Sie kritisieren weiter: Dass bei den vorab durchgeführten Verkehrszählungen nur der Autoverkehr betrachtet worden sei. „Der Rad- und Fußgängerverkehr spielte dabei keine große Rolle.“

Forderung der Gegner eines achtspurigen Ausbaus: „Die Belange der Radfahrenden sollten an dieser strategisch bedeutenden Stelle priorisiert und für künftige Anforderungen angemessene Infrastruktur geschaffen werden.“

Widerspruch zur Landesgartenschau?

Außerdem gehen sie auf die Landesgartenschau ein, die 2030 in Ulm stattfinden soll. Eine breitere Brücke „konterkariere“ alle Bestrebungen der Stadt Ulm, für die Landesgartenschau die Verkehrsachse B10 zurückzubauen und das Verkehrsaufkommen in diesem Bereich deutlich zu reduzieren. Auch würde dies einen massiven Eingriff in die Ehinger Anlagen bedeuten, denen bei der Landesgartenschau eine Schlüsselrolle zukommen soll.

Die neue Adenauerbrücke werde bei einem achtspurigen Bau „beinahe doppelt so breit wie jetzt“. Dies stelle einen erheblichen Eingriff ins Ulmer Stadtbild dar und würde dieses „maßgeblich zum Negativen“ verändern.

Die Adenauerbrücke (hier der Blick nach Neu-Ulm) muss neu gebaut werden. Der Umfang ist allerdings umstritten.

Deshalb der Appell an den Ulmer Gemeinderat, der sich bald mit der Brücke auseinandersetzen wird: „Bitte bedenken Sie die Grundsätzlichkeit der Entscheidung.“

Große Lösung billiger?

Die Städte Ulm und Neu-Ulm argumentieren auch mit den Kosten, die bei einem achtspurigen Ausbau günstiger wären. Denn in diesem Fall würde der Bund die Gesamtkosten inklusive Lärmschutz übernehmen. Bei sechs Spuren wäre der Bund hingegen nicht dazu verpflichtet, für die Schutzwände aufzukommen. Die Städte müssten dann etwa fünf bis sechs Millionen Euro aus eigener Tasche bezahlen.

Am Ende entscheidet auch der Bund, wie die Brücke gebaut wird.

Die Gegner der großen Lösung nehmen auch die Kosten in den Blick. Zwar stimme das es, dass der Lärmschutz dann komplett vom Bund bezahlt würde, eine kleinere Adenauerbrücke wäre aber insgesamt „deutlich günstiger“. Und es sei letztlich auch egal, wer die Brücke bezahlt. So oder so würden die Bürger als Steuerzahlende die Kosten tragen.

Baubürgermeister sieht „Diskrepanz“

Dass es Widerstand geben würde, ist den Stadtverwaltungen schon länger klar. Bei einer offenen Diskussion zuletzt über das Vorhaben hatte Ulms Baubürgermeister Tim von Winning eingeräumt, dass er durchaus eine „Diskrepanz“ sehe „zwischen dem Brücken-Neubau und den Zielen, über die in Ulm jahrelang diskutiert worden ist“.

Mittlerweile werden Unterschriften gegen die acht Spuren gesammelt. Mittels Petition versuchen Gegner, den großen Ausbau der Brücke zu verhindern (https://www.openpetition.de/petition/online/8-spurigen-ausbau-der-adenauerbruecke-in-ulm-neu-ulm-stoppen). 711 Unterstützer waren es am Montagabend.

Immerhin in diesem Punkt unterscheidet sich der Protest in Ulm von jenem in Stuttgart (gegen S21 ). Während die Gegner in der Landeshauptstadt gänzlich gegen die Verlegung des Hauptbahnhofs unter die Erde waren und sind, protestieren sie in Ulm lediglich gegen die große Ausbauvariante. Dass die Brücke, weil sie marode ist, komplett neu gebaut werden muss (und nicht ertüchtigt werden kann), wird an der Donau nicht in Frage gestellt.