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Hofmolkerei

Mäckles Milch mischt den Markt auf

Ulm / Lesedauer: 4 min

Mit Qualität und Service die Nische besetzen – Hoher Arbeitseinsatz
Veröffentlicht:27.05.2016, 20:53

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1,25 Euro kostet der Liter Milch bei der Hofmolkerei Mäckle. Fast das Dreifache der 45 Cent, für die mancher Discounter den Tetrapack Milch anbietet und damit viele Milchbauern an den Rand des Ruins treibt. 1,25 Euro: So findet der Familienbetrieb Mäckle in Blaustein mit seinen Produkten sein Auskommen. „Aber nur durch Qualität und Service lässt sich der Preis erklären“, bringt Christian Mäckle das Erfolgsgeheimnis auf den Punkt.

Denn Mäckles 150 Kühe bekommen selbst angebautes Futter und sind mit 30 Litern pro Tag weit von der Leistung entfernt, die „Turbokühe“ mit 50 Litern täglich bringen müssen. Den Kunden der Hofmolkerei bringen die Fahrer Milch, Joghurt und Frischkäse direkt nach Hause. In einigen Supermärkten, beispielsweise den Rewe-Märkten in Erbach und der Ulmer Oststadt, sind die Produkte ebenfalls erhältlich.

Tatsächlich ist der Milchpreis seit Monaten auf Talfahrt: Landwirte erhalten von ihren Vertragsmolkereien derzeit rund 29 Cent für den Liter Milch – im Durchschnitt. „Zum Teil bekommen sie nur 20“, sagt die Göttinger Agrarsoziologin Karin Jürgens. Sie errechnet, was die Milchproduktion die Landwirte aktuell kostet: Es sind durchschnittlich fast 45 Cent.

Während Christian Mäckle und sein Bruder Manfred mit ihren Familien eigene, erfolgreiche Wege gehen, gleicht die Diskussion über die Gründe für den Absturz der Milchpreise einem Schwarzen-Peter-Spiel: Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied tadelt Molkereien und Einzelhandel für „unverantwortlich“ geführte Preisverhandlungen. Molkereien sehen sich von den Discountern unter Druck gesetzt. Peter Bleser ( CDU ), Staatssekretär im Berliner Landwirtschaftsministerium, konstatiert eine „Ohnmacht der Molkereien gegenüber fünf großen Lebensmittelhändlern“ – darunter Lidl, Aldi und Edeka. Er spricht sich aber gegen eine staatlich festgelegte Mengenreduzierung aus. Er sieht den Staat hingegen in einer zurückhaltenden Rolle. „Die Marktverantwortung wird nicht von Ihnen genommen“, ruft er Bauern und Molkereivertretern zu.

Karl Laible , Geschäftsführer der Ulmer Milchwerke Schwaben, sieht die bundesweit 140 Molkereien gegenüber dem Handel in der Defensive. Selbst wenn sie die Milchabgabe verweigerten, würden Billigimporte aus Neuseeland, Irland und USA die Lücke füllen. Dann stünde das Produkt auf deutschen Höfen herum und müsse als „Spottmilch“ für 15 Cent pro Liter verscherbelt werden. Da sei es besser, die Ware zähneknirschend für 10 Cent mehr zu verkaufen.

Laible hat wie Rukwied die internationale Dimension des Problems im Blick. Beide verlangen das Ende des Russland-Embargos. Nach Auskunft Laibles wurden zuvor jährlich allein rund 240000 Tonnen in Deutschland produzierter Käse nach Russland eingeführt. „Man muss auf andere Märkte ausweichen, die aber schon belegt sind, so dass der Verkauf nur zu reduzierten Preisen möglich ist.“

Lösung nur mit allen Beteiligten

Und wo positionieren sich die Produzenten selbst? Christian Mäckle kritisiert, dass die EU-Milchquote ist seit 2015 aufgehoben ist. Seitdem dürfe unbegrenzt Milch produziert werden. Eine Lösung könne nur am Markt und durch die Beteiligten gefunden werden.

Die eigene Lösung haben die Mäckles vor 15 Jahren gefunden: „Wir haben einen alten Schweinestall umgebaut, in dem jetzt die Milch verarbeitet wird“, berichtet Christian Mäckle. Die Arbeitsteilung ist klar: Sein Bruder Manfred kümmert sich um die Tiere, er, Christian, verarbeitet die Milch: pasteurisieren, homogenisieren, verpacken. „Brutal unterschätzt haben wir die Büroarbeit“, sagt Christian Mäckle, „die Bestellungen aufzunehmen, die Fahrer einzuteilen, die Logistik vorzubereiten, die aufgezwungene Bürokratie durch Behörden: Das kann man nur als Familie schaffen, mit angestellten Mitarbeitern ginge das alles nicht.“

Angestellte bringen in Lieferwagen die Milchprodukte in die Haushalte, die quasi ein Abonnement abgeschlossen haben. Beispielsweise an zwei Tagen pro Woche jeweils drei Liter Milch plus Joghurt fürs Wochenendfrühstück.

Während des Interviews klingelt das Telefon mehrere Male: Kunden ordern ihre Menge, bestellen dazu, ändern ihr Abonnement. 120 Kunden beliefert ein Fahrer pro Tag, im Umkreis von 35 Kilometern rund um Blaustein ist die Kundschaft zu finden: „Durch Mund-zu-Mund-Propaganda haben wir alles aufgebaut.“

Die Selbstständigkeit hat ihre Schattenseiten: Jeden Morgen stehen die Familien Mäckle um 4.30 Uhr auf, arbeiten bis in den Abend. Vor einigen Jahren ist ein Laufstall für Kühe und Kälber gebaut worden, jetzt müssen Kredite bedient werden. Und: Auch von ihrem Hof gehen 60 Prozent der Milch in die Großmolkereien und schaffen somit Abhängigkeiten von nicht zu kalkulierenden Risiken. Würden die Mäckles nochmals den Schritt in die Selbstständigkeit heute, mit Rückblick auf die vergangenen 15 Jahre, nochmals wagen? Christian Mäckle überlegt, wägt ab: „Nein, aus heutiger Sicht würden wir das Risiko wohl nicht nochmals eingehen.“