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„Leben, Wohnen, Freizeit“ stirbt – wie es am Messe-Standort in Ulm weitergeht

Ulm / Lesedauer: 4 min

Während das Insolvenzverfahren des früheren Veranstalters der „Leben, Wohnen, Freizeit“ noch nicht einmal eröffnet ist, laufen die Planungen des Nachfolgers am Messe-Standort Ulm.
Veröffentlicht:01.10.2019, 06:00

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56 Jahre nach der Premiere ist sie tot: Die Messe „Leben, Wohnen, Freizeit“ (LWF) wird es in Zukunft in Ulm nicht mehr geben.

Wie Jürgen Eilts , der Geschäftsführer der städtischen Messegesellschaft Ulm-Messe auf Anfrage, sagt werde aber derzeit an einem Konzept für eine Nachfolgeveranstaltung gefeilt, die womöglich im kommenden Frühjahr Premiere feiert.

Das Kürzel LWF wird sie nicht tragen. Zum einen, so Eilts, um einen Neuanfang zu symbolisieren. Zum anderen, um möglichen Forderungen im Zusammenhang mit den Markenrechten aus dem Weg zu gehen.

Eilts sieht große Chancen für die Messe durch einen städtischen Veranstalter. Denn während ein privatrechtliches Unternehmern wie die zahlungsunfähige Ulmer Ausstellungs GmbH (UAG) naturgemäß die Gewinnmaximierung als primäres Ziel im Auge hat, könne die Ulm-Messe über den Tellerrand hinausschauen.

Die städtische Tochter muss satzungsgemäß zwar auch auf volle Kostendeckung achten, aber nicht auf Teufel komm raus den Profit pro Quadratmeter erhöhen.

Auch Anbieter aus dem öffentlichen Bereich einladen

Diese komfortable Situation als städtische Tochtergesellschaft lasse zu, dass die Messe das große Ganze in den Fokus nehmen könne. Also auch auf Stände setzt, die keinen unmittelbaren Gewinn erzielen. So könnten künftig verstärkt Anbieter aus dem öffentlichen Bereich eingeladen werden.

Beispielsweise kann sich Eilts vorstellen, dass die Stadt über das Thema Digitalisierung oder Müllentsorgung informiert. Auch in der Vergangenheit gab es schon zugkräftige Aussteller, die nichts zu verkaufen hatten: Die Bundeszentrale für politische Bildung etwa, verschenkte bei vielen LWFs ihre Publikationen.

Die Qualität muss stimmen

Jürgen Eilts, Geschäftsführer Ulm-Messe

„Die Mischung macht’s“, sagt Eilts. Weiterhin brauche es auf Verbrauchermessen Angebote für Liebhaber von Wurst im Semmel, Thermomix, Gurkenhobel und Co. Doch vielleicht dosierter und auch hochwertiger: „Die Qualität muss stimmen.“

Diese könne sich auch in Äußerlichkeiten zeigen. Ähnlich wie der Ulmer Weihnachtsmarkt, den auch die Ulm-Messe veranstalte, durch einen einheitlichen Look Qualität vermittle, solle dies möglichst auch die Frühjahrsmesse. „Andere Verbrauchermessen, die erfolgreich sind, sind eher kurz, qualitativ hochwertig und ehr regional“, sagt Eilts. Da wolle die Ulm-Messe auch hin.

Außenfläche besser bespielen

Eilts schwebt ein Termin im Mai vor, dann könne die Außenfläche auch besser bespielt worden. Dies sei unter UAG-Regie vernachlässigt worden. Zum Thema Regionalität gehörten durchaus auch Klassiker-Themen für Hausbesitzer: „Wann hat man schon die Gelegenheit alle Fensterbauer aus der Region an einem Vormittag zu besuchen?“ Doch die Handwerker müssten sich den Messeauftritt auch leisten können – sowohl was Standmiete als auch personellen Aufwand angehe.

Die traditionelle Herbstmesse in Ulm fällt dieses Jahr aus. Doch auch sie gibt Eilts nicht auf. Ihm schwebt eine eine starke Verflechtung mit dem Nachfolger der LFW vor. Das Ziel: Mehr mit den Jahreszeiten spielen. Der Herbst etwa, sei die Zeit, in der die meisten Menschen den Sommerurlaub für das kommenden Jahr planen.

Chancen sieht Eilts auch im Weihnachtsmarkt: Den einen oder anderen Beschicker des winterlichen Budenzaubers kann sich der Messechef auch gut auf einer Messe vorstellen. An der Jagdmesse will Eilts grundsätzlich festhalten. Ob sich die Ulm-Messe einen Partner ins Boot holt, sei aber noch offen.

Musterhausdauerausstellung geht weiter

Weiter gehe es auch mit dem „Hausbau Center Ulm“, das wie die LWF, 1962 ins Leben gerufen wurde. Das Gelände der Musterhausdauerausstellung ist ohnehin im Besitz der Stadt und nun übernehme die Ulm-Messe von der UAG die Verwaltung.

Die UAG kam wie berichtet in Zahlungsschwierigkeiten, weil die Ulm-Messe bestehende Verträge nicht verlängerte. Damit entfiel quasi die Geschäftsgrundlage. Immer wieder hatte die Stadt Ulm Aufschub für Zahlungen gewähren müssen, nachdem vor rund drei Jahren das Unternehmerehepaar Kinold die UAG vom Ehepaar Vogel übernommen hatte.

Noch bis zum 31. Oktober kann der vorläufige Insolvenzverwalter Oliver Bauer, Partner bei der auf Insolvenzen spezialisierten Ulmer Kanzlei Eisenbeis, Insolvenzgeld an die drei verbliebenen Mitarbeiter der zahlungsunfähigen UAG zahlen. Dann wird wohl am 1. November das Insolvenzverfahren eröffnet.

Viel zu holen für die Gläubiger, von denen die Ulmer Messegesellschaft Ulm-Messe der wohl größte ist, gibt es kaum. Höchstens vielleicht neue Mitarbeiter. Denn die Aufgabenstellung an die Ulm-Messe, die mit ihren 14 Mitarbeitern vom Flächenvermieter immer mehr zum Messeveranstalter wird, beschreibt Eilts als „sehr sportlich“.