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Starkfeld

Hier entsteht eine der größten Flüchtlingsunterkünfte der Region

Ulm / Lesedauer: 5 min

250 Asylbewerber ziehen bald in das Gebäude in Neu-Ulm ein. Dort wird eine Außenstelle des Ankerzentrums Donauwörth eingerichtet – die Stadt sieht das kritisch.
Veröffentlicht:03.03.2019, 18:28

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Das seit Jahren leer stehende Speichergebäude im Starkfeld soll bald von Flüchtlingen bewohnt werden. Die Regierung von Schwaben will im Neu-Ulmer Gewerbegebiet voraussichtlich im zweiten Quartal dieses Jahres eine Dependance des Ankerzentrums Donauwörth in Betrieb nehmen. Das erklärte die Behörde auf Nachfrage unserer Redaktion. „Es ist geplant, das Gebäude mit 250 Asylbewerbern zu belegen“, erläuterte Pressesprecher Karl-Heinz Meyer. Vorher müssten noch kleinere Umbaumaßnahmen erledigt werden. Das Haus wird eingezäunt, außerdem müssen noch die Essensausgabe und mehrere Büroräume hergerichtet werden. Ansonsten ist es bezugsfertig.

Das Speichergebäude ist eines von ursprünglich sechs Magazinbauten, die in den 1930er-Jahren im Starkfeld für das Heereszeugamt errichtet wurden. Dort wurde Kriegsmaterial gelagert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Gebäude gewerblich genutzt. In den 90er-Jahren wurden fünf der Häuser abgerissen. Übrig blieb das markante siebenstöckige Haus mit der weißen Fassade und dem Satteldach, das zwischen Bahnlinie, Lidl und dem Autovermieter Sixt steht. Der Landkreis hatte es bereits im Jahr 2016 als dezentrale Unterkunft für Asylbewerber angemietet, doch weil die Zugangszahlen zurückgingen, wurde es nicht benötigt und blieb leer.

Vor drei Jahren lebten noch 1800 Asylbewerber im Landkreis

Vor drei Jahren lebten im Landkreis Neu-Ulm noch 1800 Asylbewerber, heute sind es (Stand Januar 2019) 879, davon 190 in Neu-Ulm, 156 in Senden und 149 in Illertissen. Mit der Anker-Außenstelle im Starkfeld entsteht die mit Abstand größte Asylbewerberunterkunft im Landkreis. Momentan sind die meisten Menschen in Einrichtungen in Neu-Ulm (78) und Illertissen (73) untergebracht. Diese beiden Unterkünfte haben zusammengenommen eine Kapazität von maximal 229 Plätzen.

Großeinsatz der Polizei in Neu-Ulm.

Mit der Eröffnung der Dependance in Neu-Ulm solle die Anker-Einrichtung in Donauwörth, in der aktuell mehr als 800 Asylbewerber untergebracht sind, entlastet werden, so das Regierungspräsidium. Die Eröffnung einer dritten Außenstelle in Schwaben – zwei gibt es bereits in Augsburg – sei aufgrund der allgemeinen Zugangsentwicklung und der seit Anfang 2018 gesetzlich vorgegebenen längeren Verweildauer erforderlich. „Anker“ steht für „Ankunft, Entscheidung, Rückführung“. In jedem Regierungsbezirk in Bayern wurde eine solche Einrichtung geschaffen. Die umstrittenen Aufnahmestellen sollen für schnellere Entscheidungen in Asylverfahren sorgen.

Die Regierung beabsichtigt, in dem Gebäude Schutzsuchende aus der Türkei, Gambia und Nigeria – darunter auch Familien mit kleinen Kindern – unterzubringen, wobei auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Asylbewerbern mit guter und schlechter Bleibeperspektive geachtet werden soll.

Karl-Heinz Meyer, Sprecher des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf)

In Neu-Ulm werden Menschen wohnen, die das Asylverfahren im Wesentlichen durchlaufen haben und auf die Entscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) warten, die also „in der Warteschleife“ sind, so Sprecher Karl-Heinz Meyer. „Die Regierung beabsichtigt, in dem Gebäude Schutzsuchende aus der Türkei, Gambia und Nigeria – darunter auch Familien mit kleinen Kindern – unterzubringen, wobei auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Asylbewerbern mit guter und schlechter Bleibeperspektive geachtet werden soll“, teilte die Behörde mit.

 In einer Asylunterkunft in Neu-Ulm hat es eine blutige Auseinandersetzung gegeben.

„Ein Konfliktpotenzial soll auf diese Weise so gering wie möglich gehalten werden.“ In Donauwörth gab es etliche Polizeieinsätze, weil es zwischen den Bewohnern krachte oder Ärger mit Sicherheitskräften gab. Auch in anderen Ankerzentren kam es zu Gewalt. In den Dependancen in Augsburg läuft es laut Meyer dagegen bislang gut. „Es wird vieles getan, um diese Einrichtungen zu befrieden und die Menschen zu beschäftigen.“

Rund um die Uhr von Sicherheitsdienst betreut

Das soll auch in Neu-Ulm der Fall sein. Mitarbeiter der Regierung von Schwaben übernähmen die Betreuung der Bewohner. Eng eingebunden seien unter anderem der Landkreis, die Stadt Neu-Ulm, die Polizei und die Kreisbrandinspektion. Die Unterkunft werde künftig rund um die Uhr von einem Sicherheitsdienst betreut. Das Gebäude gehört einem Privatmann, der Freistaat ist Mieter. Betrieben wird die Einrichtung von der Regierung von Schwaben. Die Asylbewerber bleiben maximal zwei Jahre, in der Regel wohl mehrere Monate.

Wir haben schon immer gesagt, dass sich das Speichergebäude aus städtischer Sicht aufgrund seiner örtlichen Lage nur bedingt zur Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern eignet.

Oberbürgermeister Gerold Noerenberg

Die Stadt Neu-Ulm sieht die Anker-Außenstelle kritisch. „Wir haben schon immer gesagt, dass sich das Speichergebäude aus städtischer Sicht aufgrund seiner örtlichen Lage nur bedingt zur Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern eignet“, hatte Oberbürgermeister Gerold Noerenberg im Dezember erklärt, als die Entscheidung der Regierung von Schwaben bekannt gegeben wurde. „Das Gebäude befindet sich in einem Gewerbegebiet, in dem es weder soziale Kontrolle noch Möglichkeiten für sinnvolle Freizeitgestaltung gibt. Der Umstand, dass das Gebäude nun als Außenstelle der Donauwörther Anker-Einrichtung fungieren soll, hat uns ehrlich gesagt überrascht.“ Eine soziale Betreuung der Menschen müsse gewährleistet sein, forderte Noerenberg. Die zuständigen Stellen sollten sich an einem runden Tisch zusammensetzen. Der OB regte außerdem eine Informationsveranstaltung für die Bürger an.

An der grundsätzlichen Entscheidung der Regierung gibt es nichts mehr zu rütteln. Der Mietvertrag für den ehemaligen Speicher läuft bis 2026. Das Haus wurde hergerichtet und bietet mit seinen 130 Zimmern reichlich Platz. Auf die Kritik der Stadt entgegnet Pressesprecher Karl-Heinz Meyer: „Es liegen alle Voraussetzungen vor, um dieses Gebäude zu nutzen.“