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Emotionen kochen hoch: Kommt ein Atommüll-Endlager in die Region?

Ulm / Lesedauer: 4 min

BUND fordert mehr Dialog – Panne bei Einladungen zu Infotag für Kommunen im Süden
Veröffentlicht:16.01.2019, 15:34

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Die Suche nach einem Endlager für hoch radioaktiven Atommüll verspricht emotionale Auseinandersetzungen: Während das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE) bei einer Dialogveranstaltung in Ulm für 70 Kommunalvertreter aus Bayern und Baden-Württemberg am Mittwoch Dialog, Transparenz und Information in Aussicht stellte, kritisierten der Bund für Umwelt und Naturschutz ( BUND ) wie auch einzelne Bürgermeister, dass die Öffentlichkeit und viele Vertreter von Städten und Gemeinden nicht eingeladen waren. Auch Journalisten waren nicht zugelassen. Das BfE will Abhilfe schaffen.

„Dass die Emotionen gerade hier in Ulm so hoch kochen, wundert mich“, sagt BfE-Präsident Wolfram König der „Schwäbischen Zeitung“ an diesem kalten Mittwochmorgen, „bei den anderen drei Dialogveranstaltungen in Hamburg, Frankfurt und Bremen haben wir das so nicht erlebt.“

Seit Anfang Januar ist König mit seinem Team unterwegs, um Bürgermeister, Landräte und Beamte der Fachdezernate über das Verfahren zu informieren, wie der Standort für ein atomares Endlager bestimmt werden soll. „Es geht heute nur um das Verfahren, nicht um einen Standort“, sagt König.

Gegenwärtig befinden sich fast alle hoch radioaktiven Abfälle in Zwischenlagern, deren Nutzung mittelfristig ausläuft. Nach jahrzehntelangem Streit um den Salzstock Gorleben in Niedersachsen hatte der Bund das Verfahren zur Endlagersuche neu gestartet. Bis 2020 sollen erste Ergebnisse vorliegen, bis 2031 sollen Wissenschaftler und Politiker einen Ort aussuchen, an dem Atommüll eine Million Jahre lang sicher lagern kann. Salz, Ton und kristallines Gestein kommen dafür infrage. Auch das Tongestein der Schwäbischen Alb gilt als ein möglicher Endlagerstandort. Für die Suche gilt aber zunächst das Prinzip der „weißen Landkarte“: Kein Ort wird von vornherein ausgeschlossen oder bevorzugt.

Im ersten Schritt sortieren Experten mithilfe schon vorliegender Daten Regionen aus, die nicht infrage kommen – etwa, weil Erdbebengefahr besteht. Im nächsten Schritt werden Gebiete ausgewählt, die bestimmten Mindestanforderungen entsprechen. Dann folgt eine Erkundung über Tage, dann unter Tage. In dieser Phase ist eine gerichtliche Überprüfung des Auswahlverfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht möglich. Am Ende entscheiden Bundestag und Bundesrat. Mitte des Jahrhunderts soll das Endlager in Betrieb gehen.

 BfE-Präsident Wolfram König (Mitte, im schwarzen Mantel) im Gespräch mit Demonstranten, denen das Verfahren für die Suche eines Endlagers für Atommüll nicht transparent genug ist.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte eindringlich für eine ergebnisoffene und transparente Suche nach einem Atommüll-Endlager in Deutschland geworben. Dies sei nun nicht mehr Sache einzelner, möglicherweise betroffener Bundesländer, sondern „eine nationale Aufgabe“. Das Gesetz halte sich streng an wissenschaftliche Kriterien und setze damit neue Maßstäbe. Kretschmann betonte: „Entscheidend ist die Geologie und nicht die politische Geografie.“

Doch dem BUND ist das Verfahren nicht transparent genug. In Ulm , vor der Messe, protestieren am Mittwoch 40 BUND-Aktive mit Schildern und Sprechchören. Sie rufen und halten Schilder in die Luft: „Genug gemauschelt – volle Transparenz bei der Endlagersuche“ und „Keine Endlagersuche in Hinterzimmern“, steht darauf.

„Die Suche nach einem Atommüll-Endlager ist ein extrem heikles Thema. Der BUND fordert deshalb maximale Transparenz und Beteiligung der Öffentlichkeit. Die Bundesregierung muss die Öffentlichkeit kontinuierlich informieren und das von Anfang an“, erklärt Brigitte Dahlbender, Landesvorsitzende des BUND Baden-Württemberg . Ihre Behauptung, das BfE weigere sich, Zwischenergebnisse zu veröffentlichen, kontert ein BfE-Sprecher: „Das BfE verfügt über keine Zwischenergebnisse zum Suchverfahren und kann diese somit auch nicht zurückhalten.“ Die Suche und Ausweisung von so genannten Teilgebieten obliege allein der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE).

Wenig glücklich ist am Mittwoch der Bürgermeister von Blaubeuren (Alb-Donau-Kreis), Jörg Seibold (Freie Wähler). Er habe als Vertreter einer möglicherweise betroffenen Kommune keine Einladung erhalten, hatte er am Dienstag im Gemeinderat der 12000-Einwohner-Stadt gesagt: „Dabei erachte ich das Thema als sehr relevant und bin auch daran interessiert, an einem Dialog teilzunehmen. Dann möchte ich aber auch eingeladen werden.“ Keine Einladung zu bekommen, sei eine „unglückliche Dialogvoraussetzung“.

Wie ein BfE-Sprecher betonte, liefen die Einladungen zu den Dialog-Veranstaltungen über die Verteiler der kommunalen Spitzenverbände und nicht über das BfE. Dort habe es Probleme bei der Verteilung gegeben, wie ein Vertreter der kommunalen Spitzenverbände entschuldigend am Rande der Veranstaltung erklärte.

BfE-Präsident Wolfram König verspricht jedenfalls mehr Transparenz: Schon bald werde es eine öffentliche Informationsveranstaltung geben.