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Rockergruppierung

Dealer bunkerten kiloweise Drogen

Ulm / Lesedauer: 4 min

Sie verkauften Rauschgift im Landkreis Neu-Ulm, drohten mit Schusswaffen und benutzten abhörsichere Handys. Ein Angeklagter kommt aus dem Alb-Donau-Kreis.
Veröffentlicht:29.07.2020, 17:57

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17 Verhandlungstage, kiloweise Rauschgift, mehrere scharfe Schusswaffen, Bezüge zur Rockergruppierung „Outlaws“: Mit hohen Haftstrafen für drei der vier Angeklagten endete ein aufwendiges Strafverfahren vor der Ersten Strafkammer des Landgerichts Memmingen unter Vorsitz von Richter Christian Liebhart. Rund ein Jahr lang hatten Beamte der Kriminalpolizei Neu-Ulm mit Unterstützung von Kollegen aus Ulm und Friedrichshafen aufgrund eines vertraulichen Hinweises gegen etwa ein Dutzend Personen aus der Drogenszene ermittelt.

Verfahren wurden abgetrennt

Jetzt standen die drei Haupttäter und einer ihrer Gehilfen vor Gericht. Die Verfahren gegen weitere Täter waren abgetrennt und separat verhandelt worden. Bereits im Januar dieses Jahres war ein 27-jähriger Unterallgäuer zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten verurteilt worden.

Über Monate hinweg hatten die Beamten verdeckt ermittelt, Telefone abgehört, Verdächtige observiert und in ihren Fahrzeugen belauscht. Leicht machten es ihnen die Angeklagten dabei nicht. Der „harte Kern“ der Gruppierung verwendete abhörsichere Krypto-Handys. Die Gesprächsdaten werden bei derartigen Mobiltelefonen, die auch als „Kanzler-Handy“ oder „Merkel-Phone“ bezeichnet werden, verschlüsselt.

Durchsuchungen auch in Ulm

Mitte Februar 2019 hatten die Ermittler gleichzeitig zahlreiche Objekte in Neu-Ulm, Ludwigsfeld, Ottobeuren und Bad Grönenbach, aber auch in Ulm , Blaustein und Wiesloch sowie in Stolberg (Nordrhein-Westfalen) durchsucht und Haftbefehle gegen sieben Personen vollzogen. Dabei fanden die Beamten rund sieben Kilogramm Marihuana, etwa vier Kilo Haschisch, 6,5 Kilo Amphetamin, 320 Gramm MDMA und 850 Gramm Kokain.

Die drei Haupttäter im Alter von 27, 28 und 29 Jahren, die sich seitdem in Untersuchungshaft befinden, wurden jetzt wegen bewaffneten Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Der 28-Jährige soll die Drogen überwiegend in den Niederlanden beschafft und in den Landkreis Neu-Ulm gebracht haben. Er ist einschlägig vorbestraft und wurde zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Bei ihm stand die Frage der Sicherungsverwahrung im Raum. „Wir haben die Unterbringung geprüft“, führte Richter Liebhart in der Urteilsbegründung aus, „hielten sie aber nicht für unerlässlich.“ Das Gericht äußerte die Erwartung, dass bei dem Angeklagten „eine Haltungsänderung möglich“ sei.

Geständnis verringerte die Strafe

Ebenfalls für acht Jahre in Haft muss ein 29-Jähriger, der die Drogen gebunkert und überwiegend im Kreis Neu-Ulm weiterverkauft hat. Ein klein wenig günstiger fiel das Urteil für einen 27-Jährigen aus. Bei ihm hielt die Strafkammer sechs Jahre für tat- und schuldangemessen. Dabei habe die drei Männer eine Verständigung mit dem Gericht und „ein glaubhaftes Geständnis“ vor einer noch höheren Haftstrafe bewahrt.

Alle drei hätten eine erhebliche kriminelle Energie an den Tag gelegt. So sei der 29-Jährige in die Wohnung eines Bekannten eingedrungen und habe ihn mit einer Schusswaffe eingeschüchtert. Der Bekannte „sollte nicht weiter herumerzählen, dass er mit Drogen handeln würde“.

Erst Knast, dann Drogentherapie

Weil alle drei selbst drogensüchtig sind, wurde ihre Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Der 28- und der 29-Jährige müssen zuvor allerdings erst einmal zwei Jahre ihrer Haftstrafe absitzen, bevor sie ihre Drogentherapie beginnen können.

Während die drei Haupttäter die Urteilsverkündung scheinbar gelassen über sich ergehen ließen, wirkte der jüngste der vier Angeklagten, ein 26-Jähriger aus dem Alb-Donau-Kreis, sichtlich geschockt. Unruhig rutschte er auf seinem Stuhl hin und her, nachdem er gehört hatte, dass er wegen Beihilfe zum Drogenhandel für zwei Jahre und sechs Monate ins Gefängnis muss. Ab und zu schüttelte er verzweifelt den Kopf.

Tasche voller Rauschgift

Hilfesuchend blickte er immer wieder zu seinen Anwälten Jürgen Lubojanski und Ulrike Mangold oder auf die Zuschauerplätze, wo seine Angehörigen saßen. Er hatte in seiner Wohnung für den 29-jährigen Angeklagten, den er laut Gericht als „Big Boss“ bezeichnete, eine Tasche verwahrt und ihm auch seinen Kellerschlüssel überlassen. Dass er nicht gewusst habe, dass die Tasche mit Rauschgift gefüllt war, nahm ihm das Gericht nicht ab.

Sehr zufrieden mit dem Urteil zeigte sich der ermittlungsführende Staatsanwalt Thorsten Thamm. Er habe „ein klein wenig mehr beantragt“, die Entscheidung des Gerichts gehe aber absolut in Ordnung, sagte er.