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Bundeswehrkrankenhaus

Das ist der neue Militär-Pfarrer am Bundeswehrkrankenhaus

Ulm / Lesedauer: 4 min

Militärpfarrer tritt seinen Dienst in Dornstadt und am Bundeswehr-Krankenhaus an.
Veröffentlicht:25.07.2018, 22:01

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Jürgen Stahl ist neuer katholischer Militärpfarrer am Ulmer Bundeswehrkrankenhaus und in der Rommel-Kaserne Dornstadt. Am Mittwoch übernahm Stahl die Aufgabe von Militärpfarrer Max Ziegler, der als Krankenhausseelsorger nach Günzburg wechselt. Neben der Seelsorgearbeit für und mit Soldaten wird Stahl am Bundeswehr-Krankenhaus auch für die zivilen Patienten als geistlicher Ansprechpartner zur Verfügung stehen: „Das macht diesen Dienstposten so besonders“, sagt Stahl.

Das Thermometer steigt an diesem Mittwoch schon am Vormittag auf über 30 Grad. Der Feldgottesdienst zum Abschied von Pfarrer Ziegler und Begrüßung von Pfarrer Stahl in der Rommel-Kaserne findet – es ist eben ein Feldgottesdienst im Wortsinn – schattenlos und unter freiem Himmel statt. Wenige Meter vom Altar entfernt zieht die Fahrschule ihren Auftrag durch: Heute steht „Rückwärtsfahren mit Anhänger“ auf dem Ausbildungsprogramm. Das Motorengeräusch der schweren Lkw übertönt zuweilen die Ansprachen. Kasernenalltag. Militärseelsorge versteht sich als Kirche in der Bundeswehr . Und in der Truppe ist es heiß wie laut.

Vom Zeitsoldaten zum Pfarrer

Für den neuen Ulmer Militärpfarrer sind diese Rahmenbedingungen nicht neu, seit drei Jahren ist Jürgen Stahl mit Soldaten unterwegs: 2015 nahm er seinen Dienst in Stetten am kalten Markt auf. Doch die Bundeswehr kennt der heute 50-jährige Augsburger Diözesanpriester schon viel länger: „Von 1987 bis 1991 war ich Zeitsoldat, in dieser Zeit wuchs in mir der Wunsch, Priester zu werden“, erinnert er sich. Nach Abitur und Studienjahren in Augsburg sowie Rom folgte 2000 die Priesterweihe, danach war Stahl als Kaplan und Pfarrer, zuletzt in Zusmarshausen, eingesetzt. Der Bruch kam 2010: „Burnout“, sagt Stahl, „ich fiel lange aus, lernte Leid und Krankheit auch ganz persönlich kennen.“

Als Stahl sich 2015, wieder gesund, nach einem neuen Aufgabenfeld umsehen konnte, stieß er auf die Militärseelsorge: „Ich hatte ja sehr gute, positiv besetzte Erinnerungen an die eigene Bundeswehrzeit als Flugabfertiger beim Jagdbombergeschwader 32 auf dem Fliegerhorst Lechfeld “, berichtet er. Der Bischof von Augsburg stellte Stahl für die Militärseelsorge frei, Stahl ging nach Stetten am kalten Markt.

Über Geistliche, die wie Stahl die beiden Welten – die Bundeswehr und die Kirche – kennen, freut sich der Leitende Militärdekan Artur Wagner , der für die katholische Militärseelsorge in Bayern und Baden-Württemberg verantwortlich ist, besonders: „Die Militärpfarrer sind viel weniger Pfarr-Herren als ihre zivilen Mitbrüder“, sagt Wagner, „sie zeichnen sich besonders durch Augenhöhe und Präsenz aus.“

Nur etwa die Hälfte der Soldaten sind getauft

In der Bundeswehr sei nur etwa die Hälfte der Soldaten getauft – weniger als im Bundesdurchschnitt: 57,6 Prozent der Menschen in Deutschland gehören einer christlichen Kirche an. Wagner sieht darin eine Chance: „Wir erreichen die vom Glauben entfernten Ränder der Gesellschaft, die wir in der Seelsorge in den Ortspfarreien nicht mehr erreichen.“

Weniger Verwaltung, weniger Tradition, mehr persönliche Begegnung, mehr Gespräch: Auch Jürgen Stahl hat in den mittlerweile drei Jahren als Militärpfarrer zu schätzen gelernt, „dass ich näher am Menschen bin als in der Zivilpfarrei.“ Seelsorge beim Bund sei weitaus persönlicher als sonst: „Einfach, weil die Soldaten jemanden zum Reden brauchen.“

Über ihre Ängste und Sorgen wollen viele in der Kaserne nicht offen sprechen. „Es wird viel verdrängt“, sagt ein einsatz-erfahrener Soldat. Auch zu Hause erzählen die Soldaten wenig, um ihre Familie nicht zu belasten.

Andere fürchten wiederum, als Schwächlinge dazustehen. „Sie meinen, sie müssen den coolen Macho raushängen lassen.“ Mit Stahl und seinem evangelischen Kollegen können die Männer und Frauen dagegen über alles reden, ohne dass etwas nach außen dringt.

Bilder aus dem Einsatz bleiben im Kopf

Auch wegen Beziehungsproblemen, bevorstehenden Versetzungen oder Streitigkeiten mit den Kameraden kommen seine Schützlinge zum Militärpfarrer. Immer mehr wenden sich nach einem Auslandseinsatz an ihn – weil sie die Bilder einfach nicht vergessen können. „Die Dinge, die die Soldaten sehen, werden schlimmer. Und auch die Dauerängste traumatisieren“, erläutert ein Truppenpsychologe.

Wann aber kommt der christliche Glaube zur Sprache, wann wird Gott zum Thema? Militärpfarrer Jürgen Stahl sieht sich nicht als Missionar und erklärt: „Wenn ich gefragt werde, von mir und meinen Überzeugungen berichte, dann kommt auch Gott ins Spiel.“ Dann gebe es tiefe Glaubensgespräche – „und ab und zu einen Kameraden, der sich sogar taufen lässt oder wieder in die Kirche eintritt.“