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Spezialausbildungskompanie

Bundeswehr erhebt schwere Vorwürfe nach Gewaltmarsch

Ulm / Lesedauer: 2 min

Ausbilder sollen junge Rekruten in der Spezialausbildungskompanie Pfullendorf absichtlich überfordert haben.
Veröffentlicht:21.03.2018, 20:38

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Schwere Vorwürfe gegen Ausbilder der Pfullendorfer Spezialausbildungskompanie 209 erhebt die Bundeswehr zehn Wochen nach dem Zusammenbruch mehrerer junger Soldaten bei einem Trainingslauf.

Bei dem auf 15 Kilometer angelegten Lauf hatten sechs Feldwebelanwärter, die erst eine Woche zuvor ihren Dienst begonnen hatten, Verletzungen erlitten oder brachen erschöpft zusammen. Einer von ihnen kam ins Krankenhaus und musste dort zwei Wochen bleiben.

Der Trainingslauf am 9. Januar sei von den Ausbildern „überfordernd“ und „nicht angemessen durchgeführt“ worden, heißt es in einem Bericht des Verteidigungsministeriums. Der verantwortliche Hauptfeldwebel wurde versetzt, der Zugführer muss wegen des Verstoßes gegen die Fürsorgepflicht eine Strafe von 2000 Euro akzeptieren. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Der Bericht ist schonungslos und legt die Defizite bei der Ausbildung in der Pfullendorfer Spezialausbildungskompanie 209, die zum Ausbildungszentrum Spezielle Operationen gehört, offen: „Der Geländelauf wurde in diesem Fall überfordernd und dem Ausbildungs- und Trainingsstand der Feldwebelanwärter zu Beginn der Ausbildung nicht angemessen durchgeführt. Es besteht darüber hinaus der Verdacht, dass der Geländelauf als ,Selektionslauf’ angelegt und zumindest die Überforderung eines Rekruten beabsichtigt gewesen sein könnte.“ Es habe sich der Verdacht erhärtet, „dass im vorliegenden Fall nicht nur die Methodik der Sportausbildung falsch war, sondern auch gegen Grundsätze einer zeitgemäßen Menschenführung und weitere soldatische Pflichten verstoßen worden sein könnte.“

Anonymer Brief ans Ministerium

Das Ministerium erfuhr dem Papier zufolge erst durch einen anonymen Brief von dem Vorfall. Erst Tage später machten die Verantwortlichen Meldung. Wegen „Versäumnissen in der Dienstaufsicht und Meldekette“ würden nun organisatorische Maßnahmen geprüft, heißt es in dem Bericht. Die Vorfälle reihen sich ein in Berichte über angebliche sexuell-sadistische Praktiken in der Pfullendorfer Staufer-Kaserne, die vor einem Jahr die Öffentlichkeit schockiert hatten. Darüber hinaus ging es um qualvolle Aufnahmerituale. Im Februar dieses Jahres hatten Soldaten eine 36-Stunden-Durchschlage-Übung bei Temperaturen um minus 13 Grad abgebrochen.

Hans-Peter Bartels (SPD), der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, kritisierte im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“ die Ausbildung in Pfullendorf: „Die Leistungsfähigkeit, die man erreichen will, darf aber nicht von vornherein vorausgesetzt werden.“ Bartels fordert: „Diejenigen, die untrainiert zur Bundeswehr kommen, sollten sukzessive an den gemeinsamen sportlichen Abholpunkt herangeführt werden, durch Training.“

Im Internet-Blog „Augen geradeaus“, einem Diskussionsforum für Verteidigungsfragen, ist die Empörung ebenso groß: „Einen untrainierten Rekruten so runterzurocken, da fehlen mir die Worte.“