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Bald keine Ärzte mehr nötig? Künstliche Intelligenz soll Corona erkennen

Ulm / Lesedauer: 3 min

Ulmer Forscher wollen Künstliche Intelligenz darauf trainieren, auf Röntgenaufnahmen eine Corona-Infektion zu erkennen. Uni und Klinik kooperieren. Das ist der Plan.
Veröffentlicht:09.07.2020, 14:46

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Ein Notfallpatient mit Verdacht auf eine Coronavirus-Infektion trifft in einer Klinik ein. Für den weiteren Behandlungsverlauf ist die Einschätzung, ob es sich tatsächlich um eine Covid-19-Infektion handelt, essentiell. Dabei könnte in Zukunft Künstlicher Intelligenz (KI) eine wesentliche Rolle zukommen: Ulmer Forscher wollen Künstliche Intelligenz (KI) dafür einsetzen, um auf Röntgenaufnahmen eine Corona-Infektion zu erkennen.

Wie schwer ist die Infektion?

„Die KI soll feststellen können, ob der Patient an einer Lungeninfektion leidet, ob es sich dabei um Covid-19 handelt und falls ja, wie schwer die Infektion ist und welcher Teil der Lunge befallen ist“, teilt Dr. Meinrad Beer , Ärztlicher Direktor der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Universitätsklinikum Ulm, mit.

Für das Training der KI werden anonymisierte Lungen-Röntgenaufnahmen von 1500 Patienten analysiert. Erste Ergebnisse könnten in ein paar Monaten vorliegen.

Vorteil: Es geht schneller

Ein großer Vorteil wäre, dass Röntgenaufnahmen schneller als die meisten anderen Verfahren seien, heißt es in der Mitteilung. Das Projekt wird von der Uniklinik Ulm und der Technischen Hochschule Ulm geleitet.

 Die Ulmer Uniklinik will Corona durch KI erkennen lassen.

„Röntgenaufnahmen bieten bei der Versorgung von Lungeninfektionen wie Covid-19 große Vorteile. Sie sind flexibel einsetzbar und nur mit einer geringen Strahlenexposition verbunden. Die Bildanalyse mittels Künstlicher Intelligenz wird diese Vorteile noch weiter verstärken zum Wohl unserer Patienten“, so Professor Beer weiter, der die Studie leitet.

Forscher trainieren mittels Deep Learning-Verfahrens

Für die Auswertung der Röntgenaufnahmen trainieren Professor Dr. Reinhold von Schwerin und Doktorand Daniel Schaudt von der THU eine Künstliche Intelligenz, die mithilfe eines besonderen Deep Learning-Verfahrens, dem sogenannten Transfer Learning, bereits mit wenigen Trainingsdaten vielversprechende Ergebnisse liefern kann.

 Die Ulmer Uniklinik will Corona durch KI erkennen lassen.

Bei dieser Technik werden vortrainierte vielschichtige (auch: tiefe) Netze, die bereits gelernt haben, welche Merkmale in einem Bild wichtig sind, auf ein spezielles Problem adaptiert. „Die stetig steigenden Möglichkeiten der durch Künstliche Intelligenz gestützten Bildanalyse sind auch auf Röntgenbilder anwendbar. Erste Versuche haben gezeigt, dass Künstliche Intelligenz eine erste Einschätzung über das Vorliegen einer Coronavirus-Erkrankung geben kann“, sagt Professor von Schwerin.

Entzündliche Veränderungen werden zunächst eingezeichnet

Die klinischen Informationen zu den Röntgenbildern sollen von Doktorand Andreas Hinteregger und Facharzt Dr. Christopher Kloth aus der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie zusammengetragen werden. „Wir werden die Lungenkonturen und die Infiltrate, also die entzündlichen Veränderungen des Lungengewebes, durch Covid-19 auf den Röntgenbildern einzeichnen, damit die Software daraus lernt und anschließend diese jeweils selbstständig erkennen kann“, erläutert Dr. Kloth.

Doktorand Daniel Schaudt beschäftigt sich bereits seit Ende 2019 mit dem Netzwerk, das nun zum Einsatz kommt. „Momentan prüfen wir, welche Möglichkeiten zur Strukturierung der Röntgenaufnahmen für das Training zielführend sind. Dazu zählt beispielsweise eine Strukturierung nach bestimmten Sektoren der Lunge. Wir hoffen so, den Infektionsherd einer Covid-19-bedingten Lungenentzündung genauer lokalisieren zu können“, erklärt der Informatiker.

Mit ersten Ergebnissen rechnen die Wissenschaftler in den nächsten Monaten.

Doktorand Daniel Schaudt und Facharzt Dr. Christopher Kloth analysieren eine Röntgenaufnahme einer Lunge.