StartseiteRegionalRegion Ulm/Alb-DonauObermarchtalZwischen Sehnsuchtsbriefen und Abstandskonfetti

Sehnsuchtsbrief

Zwischen Sehnsuchtsbriefen und Abstandskonfetti

Obermarchtal / Lesedauer: 5 min

Die Schüler der Sixtus-Bachmann-Grundschule halten Kontakt und doch Abstand
Veröffentlicht:05.06.2020, 05:00

Von:
Artikel teilen:

Seit der Coronakrise lassen sich die Schüler und Lehrer der Sixtus-Bachmann-Grundschule in Obermarchtal einiges einfallen, um einerseits Kontakt, andererseits auch Abstand zu halten. In der dritten Klasse wird der Kontakt im Wege von Sehnsuchtsbriefen gepflegt. Die vierte Klasse hat seit 18. Mai wieder teilweise Unterricht. Damit stets die Abstände eingehalten werden, finden sich vor der Schule und auf dem hinteren Pausenhof viele bunte runde Markierungen, die eine Schülerin aus der vierten Klasse spontan als Abstandskonfetti bezeichnet hat.

Zwischenlösung hat noch immer Bestand

Am 16. März sind die Schülerinnen und Schüler der Sixtus-Bachmann-Grundschule erstmals von ihren Klassenlehrern mit Wochenplänen versorgt worden. An diesem bis heute letzten „regulären Schultag“ haben sich die Kinder nach Hause verabschiedet. Anhand der Wochenpläne sind sie für die Zeit der Schließung der Schulen mit Hausaufgaben versorgt. Was zunächst bis zum Beginn der Osterferien andauern sollte, also drei Wochen, hat für die Kinder der Klassen 1 bis 3 bis heute Bestand.

Ein Brief an die Klasse

Martina Zinser , Klassenlehrerin der Klasse 3, hat in einem ihrer Wochenpläne angeregt, die Kinder mögen sich Briefe schreiben. „Kurz vor der Schulschließung haben wir in Klasse 3 besprochen, wie ein Brief geschrieben wird. Geübt haben wir es mit einem Brief an eine Töpferin, die mit den Schülern schon getöpfert hat. Dann kam die Schulschließung. Da lag es nahe, das behandelte Thema mit in den Fernunterricht einzubauen und diese Chance zu nutzen, mit den Schülern in Kontakt zu bleiben. Deshalb erhielten die Drittklässler von mir den Auftrag in der Zeit des Fernunterrichts einen Brief an die Klasse zu schreiben“, erklärt sie.

Offensichtlich haben die Kinder diese Aufgabe als eine ihrer Lieblingsaufgaben betrachtet, denn die Ergebnisse waren für alle Schüler und die Lehrerin höchst erfreulich. „Die Briefe kamen im Original oder als Anhang zu einer Mail bei mir an und wurden von mir dann per Mail an alle Mitschüler verteilt. Kyryll war der erste, der mir seinen Brief geschickt hat. Sein Brief war deshalb auch der erste, den ich an alle Drittklässler weiterversendet habe“, so die Klassenlehrerin.

Kontakt trotz Abstand halten

Der Wochenplan enthielt auch die Bitte, mitzuteilen, ob die Briefe veröffentlicht werden dürfen. Seither verschickt Martina Zinser jeden Tag einen der Briefe an alle Mitschüler. „So wurde der Kontakt gehalten und das Gelernte konnte geübt werden“, sagt sie.

Für die Viertklässler hat der Unterricht in den Fächern Deutsch, Mathematik und Sachunterricht am 18. Mai wieder angefangen. Von 8.30 Uhr bis 12 Uhr sind die 18 Schülerinnen und Schüler seither zurück in der Schule. Klar, dass sie die Abstandsregeln einhalten müssen, dazu hat jedes Kind im Klassenzimmer einen namentlich gekennzeichneten Sitzplatz. Aber wie geht das vor der Schule, in den Gängen und im nördlichen Pausenhof?

Malermeister spendet Farben

Dazu hat Schulleiterin Margot Frankenhauser gemeinsam mit ihrem Kollegium Abstandspunkte erfunden, abgeleitet von den ihr aus dem Konvikt bekannten Sammelpunkten. „Ich habe mit zwei Mädchen aus der Notbetreuung die Punkte selbst gemalt“, sagt Margot Frankenhauser und ergänzt: „Die Farben hat der Obermarchtaler Malermeister Hans-Peter Striegel gespendet, mein Kollegium hat sich ebenfalls malerisch betätigt und ein Mädchen aus der Notbetreuung hat den Abstandspunkten spontan den Namen Abstandskonfetti verpasst.“

Konfettipunkte ziehen an

Margot Frankenhauser freut sich, dass sich die Kinder in den Pausen ganz automatisch auf die Punkte stellen. „Die Punkte motivieren zum Draufstehen. Da wissen die Kinder, dass sie sicher sind“, sagt die engagierte Pädagogin. Bereits jetzt gibt es insgesamt mehr als 20 Abstandskonfetti in allen bunten Farben. „Wenn am 15. Juni die Klassen 1 bis 3 hinzukommen, wollen wir noch mehr Abstandspunkte malen“, sagt die Schulleiterin. „Dann werden wir die Schüler in sieben Kleingruppen aufteilen, und in unseren fünf Klassenzimmern zeitversetzt unterrichten.“ Nebenbei erwähnt Margot Frankenhauser auch, dass Tische, Stühle oder Türklinken regelmäßig gereinigt werden. „Am 18. Mai haben wir den Viertklässlern die Hygieneregeln gezeigt und erklärt, weshalb sie notwendig sind. Hierzu gehört auch das häufige Lüften. Ob die Erstklässler das auch so gut umsetzen, oder sich auch mal vergessen, werden wir sehen.“

Erster Tag war besonders ruhig

Der Unterricht in den Kleingruppen bringt auf jeden Fall Zeit zur individuellen Betreuung. „Corona will, dass wir Lehrkräfte an der Schule präsent sind“, macht Frankenhauser deutlich, „die allgemeine Aufmerksamkeit steigt. Auch Georg Mak, der Klassenlehrer der vierten Klasse, der unmittelbar vor seiner Pensionierung steht, bringt sich voll ein“.

Über den ersten Schultag am 18. Mai sagt Margot Frankenhauser: „Der Tag war geprägt von anfänglicher Anspannung, alle Schüler waren viel ruhiger als sonst.“ Christine Neubrand, Klassenlehrerin der ersten Klasse ergänzt: „Das Lernen zuhause und mit der Cloud hat gut geklappt. Dennoch haben uns alle Viertklässler vermittelt, dass sie froh sind, wieder im Klassenverband zu sein.“ Das entspricht auch den Gedanken von Kyryll in seinem Brief.

Das Lehrerkollegium freut sich, dass mit dem Wiederbeginn des Schulbetriebs die Kinder auch wieder zur Nachmittagsbetreuung kommen dürfen, wenngleich zunächst nur an den Tagen, an denen sie am Vormittag Unterricht haben.