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Spiegelsaal

Sinti-Klänge im historischen Spiegelsaal

Obermarchtal / Lesedauer: 2 min

Im Obermarchtaler Spiegelsaal offenbart in Ravensburg geborene Berliner Künstlerin das Wesen der Sinti-Kultur
Veröffentlicht:06.06.2018, 19:30

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Im Spiegelsaal des Obermarchtaler Klosters hat am Dienstag die 1975 in Ravensburg geborene Musikerin, Autorin und Menschenrechtlerin Dotschy Reinhardt gesungen. Das Konzert mit dem Jazztrio „Die Drahtzieher“ rundete den diesjährigen Interkulturellen Studien- und Begegnungstag des Studienkollegs Obermarchtal ab.

Das Sinti- Jazz-Trio „Die Drahtzieher" spielt Jazz nach Art des legendären Django Reinhardt . Bobby Guttenberger an der Rhythmusgitarre, Kolja Legde am Kontrabass und David Klüttig an der Sologitarre spielen Gypsystücke von Django Reinhardt, Jazz-Standards, Bossa Nova, Musette-Walzer, Boleros, Funk, Weltmusik und Eigenkompositionen. Damit füllten die drei Könner vom Fach zur Begeisterung des aus 100 Besuchern bestehenden Publikums den ersten Teil des Abends. Den zweiten krönte die seit 2003 mit ihrem Mann, dem Sänger David Rose, in Berlin lebende und die dortige Kulturlandschaft mitgestaltende Künstlerin Dotschy Reinhardt.

In der Dorfschule wurde sie Michaela genannt und hatte beleidigende Äußerungen von Mitschülern zu ertragen. Seit 2016 ist Dotschy Reinhardt Vorsitzende des Landesrats der Sinti und Roma, RomnoKher Berlin-Brandenburg e.V., und aktives SPD-Mitglied. Ihre Herkunft sieht sie als große Bereicherung für ihre Musik. „Meine Karriere als Sinteza scheint mir älter als die Karriere als Sängerin und Autorin“, setzt sie in ihrem vor vier Jahren erschienenen zweiten Buch des Titels „Everybody’s Gypsy“ eine gewisse Priorität. Diese bestimmt beim Konzert im Spiegelsaal das Repertoire. Mit klarer und kraftvoller Stimme singt sie zuerst auf Romanes, dann auf Englisch. Querverbindungen stellt sie her, als sie dem „Boy from Ipanema“ ihre muttersprachliche Ausdeutung des bekannten Songs folgen lässt. Die war ihr eingefallen, als sie während einer Ferienreise unter dem Vordach des Wohnwagens der Familie hundertmal die Version von Ella Fitzgerald gesungen hatte. Aus dem Boy am Strand wurde der Junge im nächsten Wohnwagen. „Negschdun Wagun“ sind zwei deutsche Lehnwörter, die man beim stilreinen Gesang versteht. Das vom Publikum bejubelte Konzert geht mit einem Stück von Django Reinhardt zu Ende. Das Besondere seiner Musik ist die als Gypsy Swing bekannte Mischung aus New-Orleans-Jazz, den französischen Valse musettes und der traditionellen Spielweise der Sinti. Mit Django Reinhardt ist Dotschy Reinhardt ganz fern verwandt. Zipflo Reinhardt, einer der besten Jazzgeiger der Welt, ist ihr Cousin. In Ehingen ist er schon bei den Jazztagen aufgetreten.