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Kanzleibau

Oberdischingen feiert seinen Kanzleibau

Oberdischingen / Lesedauer: 4 min

Organisatoren lassen Historisches wieder aufleben – Zahlreiche Besucher strömen in die Ausstellung im Rathaus
Veröffentlicht:11.09.2017, 17:55

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Der 250. Geburtstag des Oberdischinger Kanzleibaus ist in diesem Jahr bereits mit einigen Veranstaltungen begangen worden. Am vergangenen Wochenende stand nun der Höhepunkt der Geburtstagsfeierlichkeiten an. Viel historisch Wissenswertes hatte der Museumsverein unter Leitung von Werner Kreitmeier im Rathaus vorbereitet und draußen im Hof wurde die Geschichte von „Klein Paris“ mit einer großen Aufführung der Henkerszene um die „Schwarze Lies“ wieder richtig lebendig.

Der Wettergott hatte für die Organisatoren der Kanzleibaujubiläumsfeier ein Herz. Je weiter die Veranstaltung ihrem Höhepunkt entgegen ging, desto besser wurde das Wetter und die zahlreichen Besucher konnten die zur Sicherheit mitgebrachten Regenschirme eingerollt lassen. Wie in alten Zeiten setzte sich der Hinrichtungstrupp, bestehend aus dem Malefiz Schenk mit Gefolge, den Oberdischinger Henkerstrommlern und den Verurteilten Gaunern, untermalt vom Klang der Sünderglocke, in Bewegung. Nach kurzem Weg durch die Herrengasse erreichten die rund 90 Mitglieder der Narrengesellschaft den Innenhof des Kanzleibaus. Dort wurde der Tross mit Beifall von den zahlreich erschienenen Zuschauern empfangen. Ähnlich hatte sich die Szene wohl auch anno dazumal zugetragen, wie später auch Räuber-Experte Bernhard Bitterwolf erklärte, der die ganze Veranstaltung gekonnt moderierte und auch später im Gespräch mit Werner Kreitmeier nochmals genauer auf die Historie der Oberschwäbischen Räuber und der Bedeutung des adligen Oberdischinger Richters Franz Ludwig von Castell für die ganze Region einging. Ganz klassisch wurden die Verbrecher wie zu den Zeiten des Malefizschenks (diesmal natürlich choreografiert) mit faulem Gemüse beworfen, bevor das Urteil mit Streng und Schwert vollstreckt wurde. Die Organisatoren zeigten sich sehr zufrieden mit der Jubiläumsfeier. Einerseits sei die Kombination von Inszenierung und historischen Fakten von den Besuchern sehr gut angenommen worden und andererseits hatte auch das Wetter mitgespielt. Den Abschluss des Jubiläumsjahres bildet der Adventsbasar, der heuer im Kanzleihof stattfindet.

Bürgermeister Friedrich Nägele eröffnet Dokumentation

Die Dokumentation zum 250-Jahr-Jubiläum des 1767 in Oberdischingen errichteten Kanzleigebäudes hat Bürgermeister Friedrich Nägele am Sonntagvormittag im Kultursaal des Rathauses eröffnet. Gemeinderat Werner Kreitmeier führte in die umfangreiche Ausstellung ein. Wolfgang Glöckler erläuterte den von ihm besorgten Schlossnachbau. Turmuhren-Restaurtor Berthold Rapp aus Granheim stellte die Funktion der von ihm instandgesetzten Kanzleibauuhr vor und ließ sie genau zur Mittagsstunde zwölf Uhr schlagen. Viel Gäste aus Nah und Fern drängten sich im Ratssaal, als der Bürgermeister an den 1993 erstmals begangenen Tag des offenen Denkmals erinnerte. Zur jetzigen Jubiläumsfeier hätten Festausschuss und Vereine viel beigetragen.

Viel Zeit und Arbeit habe vor allem Werner Kreitmeier investiert. Mehrfach wechselte der Kanzleibau den Besitzer, nachdem das Schloss 1807 abgebrannt war. 1858 kaufte der Stuttgarter Bankier Friedrich Kaulla den Kavaliersbau. Die Gemeinde übernahm das Gebäude 1927 und veräußerte es zwei Jahre später an die Gesellschaft der Steyler Missionsschwestern. Unter einem weißen Tischtuch verborgen wartete die von Wolfgang Glöckler in verkleinertem Maßstab angefertigte Rekonstruktion des vor 210 Jahren niedergebrannten stattlichen Schlossgebäudes auf die Enthüllung. Als Glökler das Tuch anhob, kam ein prächtiger barocker Schlossbau zum Vorschein. 266 Arbeitsstunden und 300 Euro Materialkosten hat der Erbauer dafür aufgewendet. „Die bringe ich wieder hin“, habe der Granheimer Turmuhrensammler Berthold Rapp zu Werner Kreitmeier gesagt, als dieser ihn fragte, ob er die sich an die Ingangsetzung der 1767 gebauten Uhr vom Zentralgiebel des Kanzleibaus traue. Zum Erstaunen aller Besucher der Dokumentationseröffnung ging das Uhrwerk von Beginn der Veranstaltung bis zum Ende problemlos.

Berthold Rapp erläuterte die komplizierte Schmiedearbeit des Uhrenbaus. Für den Aufwand einer Turmuhr konnte man einen Bauernhof erstellen, verglich Rapp die Preise von einst. Ursprünglich um 1300 nur für Stundenschläge einer Glocke konstruiert, entwickelten sich die Turmuhren immer weiter bis zum Minutenzeiger. Spontaner Applaus belohnte Berthold Rapps Werk, als die Uhr genau zur Mittagszeit zwölf Stundenschläge von sich gab.

Eine Bildergalerie mit Impressionen des Kanzleibaujubiläums finden Sie auf:

www.schwaebische.de