StartseiteRegionalRegion Ulm/Alb-DonauBerghülenAlbi wählt zum ersten Mal einen Betriebsrat

Familienunternehmen

Albi wählt zum ersten Mal einen Betriebsrat

Berghülen / Lesedauer: 3 min

Mitarbeiter schöpfen neuen Mut: Der Fruchtsafthersteller Albi stand kurz vor der Insolvenz. Warum es jetzt aufwärts geht.
Veröffentlicht:08.05.2018, 19:45

Von:
Artikel teilen:

Nach turbulenten Wochen und Monaten kehrt beim Fruchtsafthersteller Albi nach und nach wieder Normalität ein. Beim einstigen Familienunternehmen mit Sitz in Berghülen ist am Montag zum ersten Mal in der 90-jährigen Firmengeschichte ein Betriebsrat gewählt worden. Vier Männer und eine Frau sollen in Zukunft das Bindeglied zwischen Geschäftsführung und Belegschaft sein. Die Namen der Gewählten werden noch nicht verraten. Sie haben jetzt drei Tage Zeit, die Wahl anzunehmen.

Rund 80 Prozent der Beschäftigten haben nach Angaben des Vorsitzenden des Wahlvorstandes, Filippo Bavuso , ihre Stimme abgegeben: „Wir sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden“, sagt der 51 Jahre alte Schichtleiter in der Abfüllung im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Die hohe Wahlbeteiligung zeige die Bereitschaft der Albi-Mitarbeiter, dem Safthersteller, der so gut wie insolvent war, wieder auf die Beine zu helfen. „Wir haben es geschafft, ein Zeichen zu setzen“, so Bavuso. Ein weiteres Indiz dafür: Insgesamt 15 Albi-Mitarbeiter hätten sich zur Wahl gestellt. Das Engagement sei also auf jeden Fall vorhanden, meint Bavuso.

Bei Entscheidungen mitreden

Auch Karin Brugger, Geschäftsführerin der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), ist über die Wahl erfreut. „Nur so kann die Belegschaft in Zukunft bei Entscheidungen mitreden“, erklärt sie.

Deutschlands größter Lebensmittelhersteller Edeka , der Albi im Dezember 2017 übernommen hat, begrüßt die Wahl ebenfalls: „Wir haben dem neuen Betriebsrat bereits gratuliert und hoffen auf eine gute Zusammenarbeit“, teilt das Unternehmen auf Anfrage schriftlich mit. Weitere detaillierte Auskünfte zum derzeitigen Stand um das Werk in Berghülen und die internen Abläufe will Edeka nicht geben und verweist auf seine Mitteilung vom März dieses Jahres. Damals hatte Edeka auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“ bekanntgegeben, sich von „einigen befristet angestellten Mitarbeitern“ trennen zu müssen. Laut Edeka werden derzeit 80 Arbeiter am Standort in Berghülen beschäftigt. Wie aus Mitarbeiterkreisen zu hören ist, sollen mindestens zehn Angestellte freigestellt worden sein.

Filippo Bavuso, der seit August 2016 bei Albi arbeitet, sieht der Zukunft positiv entgegen – nicht nur jetzt aufgrund des Betriebsrats, sondern auch wegen Edeka. „Wir sind froh, dass es weitergeht und dass wir Planungssicherheit haben“, sagt er. Natürlich werde es Veränderungen geben, wenn ein Großkonzern wie Edeka das Ruder übernimmt. „Aber es wird aufwärts gehen“, so Bavuso.

Wieder im Dreischichtbetrieb

Seit Mitte April wird in Berghülen auch wieder durchgehend im Dreischichtbetrieb gearbeitet. Das war für kurze Zeit ausgesetzt worden, weil dem Fruchtsafthersteller die Aufträge weggebrochen waren. Zum einen natürlich, weil sich andere Lebensmittelhändler wie Rewe oder Lidl nicht mit Säften von Edeka, der direkten Konkurrenz, beliefern lassen möchten. Edeka konnte das mit Lieferungen an die eigenen Märkten, wie zum Beispiel Netto, bedingt ausgleichen. Zum anderen aber auch, weil Rechnungen nicht mehr bezahlt werden konnten. Albi stand kurz vor der Insolvenz, das hatte Edeka in seiner Stellungnahme im März mitgeteilt.

„Das war nicht einfach“, sagt Bavuso: „Aber wir haben den Kopf nicht hängen gelassen und Initiative gezeigt.“ Am 16. Mai – so der Plan – soll der Betriebsrat seine Arbeit aufnehmen und einen Vorsitzenden wählen. Erst dann kann die Belegschaft bei zukünftigen Projekten der neuen Albi-Geschäftsführung um Carsten Neumann und Markus Rammert ein Wörtchen mitreden.