StartseiteRegionalRegion Ulm/Alb-DonauLaichingenSchauspielerin im ARD-Krimi Donna Leon: So denkt Annett Renneberg über Venedig

Kriminalroman

Schauspielerin im ARD-Krimi Donna Leon: So denkt Annett Renneberg über Venedig

Laichingen / Lesedauer: 4 min

Die Schauspielerin lässt das Publikum an ihrer Liebe zur Lagunenstadt teilhaben
Veröffentlicht:27.01.2020, 06:00

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Man kennt sie aus dem Fernsehen als die reizende und pfiffige Sekretärin des Commissario Brunetti in den Verfilmungen der Kriminalromane von Donna Leon und als die Medizinerin Dr. Weber in der Ärzteserie „In aller Freundschaft“. Weniger bekannt – zu Unrecht – ist Annett Renneberg als Theaterschauspielerin, die schon auf allen großen Bühnen in Deutschland und Österreich stand, zum Beispiel unter der Regie von Peter Zadek als die unglückselige Ophelia in Shakespeares Trauerspiel „Hamlet“.

Davon aber ist am Donnerstag im bis auf den letzten Platz besetzten Bürgersaal im Alten Rathaus von Laichingen nicht die Rede. Vielmehr geht es um „Und immer wieder Venedig “. Und so gerät Annett Rennebergs Auftritt zu einer Liebeserklärung an die Lagunenstadt, in die sich neben heiteren auch ernste Töne mischen. Das „Lebensgefühl dieser wunderbaren Stadt“ wird zunächst in einer Lesung aus Thomas Manns Novelle „Der Tod in Venedig“ dem Publikum nahegebracht. Die innere Zerrissenheit des Kaufmanns Gustav von Eschenbach, der sich in einer Lebenskrise befindet, korreliert mit einem düsteren Stimmungsbild Venedigs, durch dessen verlassene Gassen der Held der Geschichte am frühen Morgen zum Bahnhof irrt, um die Stadt zu verlassen, die er gar nicht verlassen will.

Diese Gassen Venedigs ist Annett Renneberg ebenfalls zwanzig Jahre abgelaufen, weil sie sich an jedem Drehtag um 5.45 Uhr zu Fuß von ihrem Hotel im Lido auf den Weg zum Drehort gemacht hat. Bevor es aber so weit war, musste sie beim Regisseur vorsprechen, um zu beweisen, dass man ihr die Rolle der Sekretärin Elettra des Commissario anvertrauen könne. Mit von der Partie beim Vorsprechen war auch der bekannte österreichische Schauspieler Tobias Moretti. Der hatte ihr zunächst den Rücken zugewandt und probte noch an seiner Textstelle. Dann aber, als er sich umdrehte, gab es eine Enttäuschung: Er war kleiner als Annett, und zu allem Überfluss trug er noch eine schwarze Augenbinde. Aus war es mit dem Respekt vor diesem „kleinwüchsigen Piraten“.

So genoss Goethe die Stadt Venedig

Solche kleinen Anekdoten aus ihrer Arbeit streut Annett Renneberg immer wieder in ihrem Vortragsabend im Laichinger Bürgersaal ein, ehe sie sich wieder Ernsterem zuwendet, zum Beispiel Johann Wolfgang von Goethe, der in seiner „Italienischen Reise“ erzählt, wie er 1786 in Venedig ankommt und sich in die Stadt verliebt. So genießt er das „Schöne Verlaufen“ in den vielen Gässchen der Stadt, natürlich auch das gute Essen und Trinken. Ja, er lässt sich sogar im Strom der Touristen, den es bereits zu dieser Zeit gibt, treiben: über die Piazetta, den Markusplatz, die Rialtobrücke, die über den Canale Grande führt, und er notiert: „Nirgends ist man einsamer als im Gewimmel.“

Es folgen weitere Texte, etwa von Annett Rennebergs Lieblingsautor Henry James mit einer liebenswerten Hommage an die Lagunenstadt oder aus Ulrich Tukurs „Die Seerose im Speisesaal“, wo die jährlichen Überschwemmungen der Stadt geradezu romantisch und mit komisch liebenswerten Figuren beschrieben werden. Franz Grillparzer indessen findet Venedig zunächst „befremdend“ und „unangenehm“. Dann aber, als er über die Piazza San Marco gegangen ist, meint er: „Wer nicht sein Herz stärker klopfen fühlt, wenn er auf dem Markusplatz steht, der lasse sich begraben, denn er ist tot, unwiederbringlich tot.“

Und dann erzählt Annett Renneberg vom heutigen Venedig. Nur noch 52 000 Einwohner lebten ständig in der Stadt. Dafür kommen jährlich 33 Millionen Besucher. Der Tourismus sei die größte Einnahmequelle und gleichzeitig die größte Bedrohung für die Stadt. Vor dreißig Jahren habe Venedig noch gelebt mit seinen reizvollen Läden, Restaurants, Modegeschäften, Bars und anderem. Diese Authentizität sei leider verloren gegangen. Die angeblichen Muranoglasfiguren, die es in den Souvenirläden zu kaufen gibt, kommen aus China, berichtet Annett Renneberg. Die echten könne man nur noch in Murano selber erhalten.

Den Abschluss bildet die Lesung eines Abschnitts aus dem „Italienischen Bilderbuch“ der Frauenrechtlerin Fanny Lewald, die mit Sympathie und Kritik das Leben in Italien im 19. Jahrhundert beschreibt, und mit einem fröhlichen „Arrivederla“ verabschiedet sich Annett Renneberg von ihrem Laichinger Publikum, das ihr minutenlang Beifall spendet.