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Rockfestival

„Frei.Wild“-Konzert: Das sagt der Veranstalter

Laichingen / Lesedauer: 5 min

Veranstalter des geplanten Rock-Festivals in Laichingen widerspricht – Nazis kämen ihm nicht ins Haus
Veröffentlicht:07.12.2017, 20:54

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Das Echo, vor allem im Internet, auf die SZ-Berichterstattung über das in Laichingen geplante Rockfestival ist enorm. Vor allem Fans der Gruppe Frei.Wild, welche Ende Juli als bekannteste Band auftreten soll auf dem Laichinger Flugplatz, protestieren – teils wütend. Die Band sei alles andere als rechts, so der Tenor. Doch was sagt der Veranstalter zu den Diskussionen um das Festival? Wir haben mit Andy Kamm gesprochen.

Schon am Mittwoch, als die SZ in einer kurzen Meldung über die Festival-Pläne berichtete, tippten sich User im Internet die Finger wund. Die Reaktionen auf die SZ-Berichterstattung sind, bis auf ein paar Ausnahmen, eindeutig. Viele finden: Frei.Wild und die anderen Bands, die in Laichingen auftreten sollen, werden in schlechtes, rechtes Licht gerückt.

Immerhin: Ein Großteil der Schreiber versucht, sachlich zu bleiben. Ein Vorwurf kommt oft: Wie kann man über eine Band urteilen, ohne selbst auf einem Konzert gewesen zu sein? Viele User führen eigene Erfahrungen von Konzerten mit Frei.Wild ins Feld. Tenor: Rechte Vorfälle hätten sie dort keine registriert, im Gegenteil: Das ganze Miteinander in der Frei.Wild-Szene gleiche eher einer großen Familie.

Also alles nur ein Missverständnis?

Andy Kamm (41) ist einer der beiden potenziellen Veranstalter, er wohnt in Winnenden und will gemeinsam mit Kumpel Manuel Wegehaupt im Sommer das dreitägige Festival auf dem Laichinger Flugplatz stemmen. Was überrascht: Er outet sich. Seit seiner Jugend sei er bekennender Antifaschist. Alles, was rechts sei, lehne er strikt ab. Und deshalb könne er guten Gewissens ein Konzert mit Frei.Wild veranstalten.

Wie geht das zusammen?

Laut Andy Kamm sehr gut. Zwar bestreitet er nicht, dass Frei.Wild, respektive Sänger Philipp Burger, in früheren Jahren „die rote Linie“ überschritten haben. So gibt es Aufnahmen, die zeigen, wie Burger den Arm zum Hitler-Gruß reckt, damals noch als Sänger der, so gibt Burger selbst zu, rechtsextremen Band „Kaiserjäger“. Doch das sei lange her, so Andy Kamm, „16 Jahre“.

Burger habe sich seither diesbezüglich nichts mehr zu Schulden kommen lassen; ja die Band Frei.Wild trete schon seit Jahren sogar entschlossen ein gegen Rechts. Kamm nennt einige Beispiele, zeigt Videos, auf denen die Gruppe bei einem Auftritt „Nazis raus“ skandiert, nennt Interviews, in denen sich Burger klipp und klar von Nazis distanziere, diese verurteile.

Ist Frei.Wild am Ende sogar eine linke Truppe?

„Friedlich, freundlich, ausgelassen“

Kamm verortet die Band weder links noch rechts. Sagt aber, er habe schon 25 Frei.Wild-Konzerte erlebt, und niemals, kein einziges Mal, habe er dort auch nur einen augenscheinlich Rechtsradikalen angetroffen. Die Stimmung sei stets friedlich, freundlich und ausgelassen gewesen. Deshalb müsste Laichingen auch keine Angst haben, „ein brauner Mob könnte einmarschieren“.

Was Andy Kamm aber nicht ausschließen kann: Dass einige Rechte es trotzdem versuchen könnten, das Festival zu besuchen. Es gibt Berichte darüber, wie solche ein Frei.Wild-Konzert gestört hatten und als Gruppe auf einem Festivalgelände „Sieg Heil“ riefen. Die Band positionierte sich umgehend dagegen. Dass dies in Laichingen geschieht, sei ausgeschlossen, sagt Andy Kamm.

Besagter Vorfall sei überdies auch schon einige Jahre her. Schon bei kleinstem Verdacht würde heute gehandelt – etwa, wenn ein Träger mit Thor Steinar-Jacke, einer bei Rechten beliebten Bekleidungsmarke, entdeckt wird. Ein solcher müsste das Gelände sofort verlassen, oder werde gleich gar nicht rein gelassen.

Strenge Kontrollen

Andy Kamm empfindet die Frage, ob er den Besuch von Rechten in Laichingen ausschließen könne, aber auch ein wenig unfair. Denn welcher Veranstalter könne dies schon? Rechte würden sich vereinzelt auch schon Mal tummeln – „leider“, so Kamm – auf Straßenfesten oder anderen Veranstaltungen. Was er aber versprechen könne: Dass die Kontrollen beim Laichinger „Rock dein Leben“-Festival strenger sein werden als bei jedem Straßenfest. So streng, wie nur irgend möglich. Gefahren würde eine Null-Toleranz-Schiene.

Worüber er zugegebenermaßen „nicht glücklich“ ist, so Andy Kamm: ein Tattoo, das der Sänger der Band Krawall-Brüder trägt. Es zeigt einen SS-Totenkopf mit blauem Auge. Laut dessen Träger Pascal Gaspard sei dies aber als Distanzierung zu verstehen gegenüber der rechten Szene. Viele User im Netz finden: Das Tattoo ist Privatsache. Eine Userin fragt: „Was hat ein Tattoo mit Rechtsradikal zu tun?“ Neben Frei.Wild und der Gruppe Unantastbar sollen auch die Krawall-Brüder in Laichingen auftreten. Zu den Krawall-Brüdern sagt Kamm: „Die Band und die Fans distanzieren sich eindeutig und glaubhaft von jeglicher Form von Extremismus.“

Für jeden Vorfall 100 Euro

Sein Geld verdient Kamm übrigens selbst mit Frei.Wild. Seine Firma vertreibt unter anderem Fan-T-Shirts der Band. Kamm sagt, dass ihm die Integration von Flüchtlingen wichtig sei. Deshalb würde er sechs Flüchtlinge beschäftigen, zudem über 25 Menschen mit Behinderungen.

Kamm sagt von sich selbst – mit Blick auf seine persönliche politische Haltung: „Eigentlich bin ich eher eine linke Sau.“ Und zum Beweis, dass er es ernst nehme, gibt er ein Versprechen: Für jeden Vorfall auf dem Laichinger Festival, der irgendwas mit Rechts zu tun hat, werde er 100 Euro spenden. An einen gemeinnützigen Verein, der Opfer rechter Gewalt unterstützt. Er sei sich aber sicher, dass er am Ende kein Geld werde spenden müssen.

Aber Andy Kamm klingt besorgt. Durch die SZ-Berichterstattung stünde jetzt auch der Flugsportverein „zu Unrecht“ unter Druck. Denn dieser hätte den Festival-Veranstaltern „nicht blauäugig zugesagt“, sondern sich die Mühe gegeben und von staatlicher Seite Auskunft eingeholt, ob es Bedenken gäbe. Kamm rechnet mit bis zu 10 000 Gästen. Ausgesucht haben sie Laichingen als Veranstaltungsort wegen der zentralen Lage in Süddeutschland und der guten Verkehrsanbindung über die A8. Er versichert, dass es ihm das Allerwichtigste ist, dass die drei Tage friedlich und ohne rechte Besucher über die Bühne gehen. Denn: „Wir möchten uns so verhalten, dass wir im nächsten Jahr wieder willkommen sind.“

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